Digitale Souveränität: Wie handlungsfähig ist Deutschland im digitalen Raum?
Digital-Gipfel 2017: Überreichung der Studie »Kompetenzen für eine digitale Souveränität«
Auf dem Digital-Gipfel in Ludwigshafen ist am Montag die Studie »Kompetenzen für eine digitale Souveränität« an Brigitte Zypries, Bundesministerin für Wirtschaft und Energie, übergeben worden. In der Studie, die im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) entstanden ist, analysieren das FZI Forschungszentrum Informatik, Accenture und Bitkom Research den aktuellen Stand der digitalen Souveränität in Deutschland und stellen die Kompetenzen vor, über die Unternehmen und staatliche Einrichtungen bereits verfügen oder die noch ausgebaut werden müssen.
Um mit den neuen Anforderungen der Digitalisierung umzugehen und sich die Vorteile des digitalen Wandels zunutze zu machen, sind unterschiedliche Kompetenzen notwendig. Diese Voraussetzungen für digitale Souveränität von Institutionen und Unternehmen in Deutschland und ihre Fähigkeit, selbstbestimmt im digitalen Raum zu handeln, ohne sich dabei in eine zu große Abhängigkeit zu begeben, haben das FZI Forschungszentrum Informatik, Accenture und Bitkom Research im Auftrag des BMWi untersucht.
In ihrer Eröffnungsrede beim Digital-Gipfel betonte Brigitte Zypries die Relevanz der digitalen Souveränität Deutschlands: »Neben dem Netzausbau und der Plattformregulierung ist die dritte große Herausforderung die Sicherung unserer digitalen Souveränität. Das bedeutet insbesondere, dass unser Land digitale Produkte und Dienstleistungen nutzen kann ohne sich in Abhängigkeiten zu begeben oder Sicherheits- und Datenschutzinteressen zu beeinträchtigen«. Weitere Schritte seien mit der Studie »Kompetenzen für eine digitale Souveränität« vorgestellt worden, die die Grundlage für den Strategieprozess in der nächsten Legislaturperiode sein werde.
Für die Studie wurden zunächst sieben besonders relevante Technologiefelder herausgearbeitet. Dazu zählen die IT-Sicherheit, Software-Architekturen und Anwendungen, Umwelt-Technik-Interaktion, Hardware-Architekturen und Infrastrukturen, Data Analytics und Machine Learning, Methoden und Tools zur Entwicklung digitaler Technologien sowie Technologien für das Management von Daten, Anwendungen und Diensten. Entlang dieser Technologiefelder wurde der Stand der digitalen Souveränität untersucht. Abschließend wurden aus den Ergebnissen konkrete Handlungsempfehlungen abgeleitet.
Luise Kranich, FZI Forschungszentrum Informatik: »Die Aufteilung in die unterschiedlichen Technologiefelder ermöglichte es uns, einen facettenreichen Stand der digitalen Souveränität abzubilden. Im Kern geht es in der Studie darum, zu zeigen, welche Kompetenzen weiter ausgebaut werden müssen, damit Deutschland eine Vorreiterrolle einnehmen und auch die Freiheit Einzelner im digitalen Raum wahren kann. Wir konnten zum Beispiel zeigen, dass deutsche Anbieter im Bereich der IT-Sicherheit trotz hoher Marktanteile in Deutschland international praktisch keine Rolle spielen. Außerdem werden gerade KMU überdurchschnittlich häufig Opfer von Cyber-Attacken. Aufbauend auf den erarbeiteten Handlungsempfehlungen sollten nun Umsetzungspläne erarbeitet werden«.
Philip Hauth, Accenture: »Eine weitere wichtige Beobachtung haben wir bei der Entwicklung digitaler Technologien machen können. Denn es besteht ein Trend hin zu einer kollaborativen, also gemeinschaftlichen Entwicklung digitaler Technologien wie Anwendungen, Systemen oder Plattformen. Mehrere Akteure sind an einem solchen Prozess beteiligt. Allerdings erfordert dies die Einbindung heterogener Gruppen. Hier besteht noch deutliches Verbesserungspotenzial. Der dafür unter anderem notwendige Aus- und Aufbau von Kompetenzen zum Umgang mit neuen Technologien ist der zentrale Schlüssel für eine erfolgreiche Gestaltung der digitalen Transformation. Die Arbeitgeber in Deutschland sehen bei sich noch einen hohen Bedarf am weiteren Kompetenzausbau im Bereich digitaler Technologien und ihrem kooperativen Einsatz«.
Dr. Axel Pols, Bitkom Research: »Die von uns befragten Experten geben Deutschland insgesamt gute Noten mit Blick auf die hier vorhandenen Entwicklungs- und Herstellungskompetenzen. Auf der Skala von 1 »weltweit führend« bis 5 «abgeschlagen« wurden die Kompetenzen in den Technologiefeldern »Umwelt-Technik-Interaktion« und »IT-Sicherheit« mit durchschnittlich 2,4 bzw. 2,5 am besten eingeschätzt. Am schlechtesten wurden die Kompetenzen mit einer durchschnittlichen Bewertung von 3,3 im Bereich »Hardware-Architekturen und Infrastruktur« beurteilt«.
Für die Analyse wurden über 300 relevante Studien und Analysen innerhalb einer Metaanalyse ausgewertet. Im Rahmen einer Online-Befragung haben sich insgesamt 356 Experten aus relevanten Bitkom-Arbeitskreisen sowie Kontakte von FZI und Accenture beteiligt. Ergänzend dazu wurde in einem Workshop mit Expertinnen und Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik der gesellschaftliche Rahmen, das Innovationsumfeld sowie die Bildungs- und die Qualifizierungslandschaft im Hinblick auf die sieben untersuchten Technologiefelder diskutiert. Die Ergebnisse der Metaanalyse, des Workshops sowie der Umfrage sind Basis der Studie.