Wie geflüchtete Jugendliche ihre Ankunft in Deutschland wahrnehmen

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Seit dem Jahr 2015 wird anhaltend über Geflüchtete und ihre Integration in Deutschland diskutiert. Dabei geraten die betroffenen Menschen selbst häufig aus dem Blickfeld. Viele davon sind Kinder, Jugendliche oder junge Erwachsene, die teils mit ihren und teils ohne ihre Familien nach Deutschland gekommen sind. Um empirisches Wissen zu ihren Lebenslagen und Perspektiven zu gewinnen, hat das Deutsche Jugendinstitut eine Längsschnittstudie durchgeführt.

Im Jahr 2016 wurden bundesweit mehr als hundert unbegleitete (53) und begleitete (51) junge Geflüchtete kurz nach ihrer Ankunft in Deutschland befragt. Darunter waren Mädchen und Jungen im Alter zwischen 14 und 18 Jahren aus 15 verschiedenen Herkunftsländern. Der Großteil von ihnen stammt aus Syrien, Afghanistan, Irak und Somalia. Im Jahr 2017 konnten DJI-Wissenschaftlerinnen über die Hälfte der Jugendlichen erneut befragen.

Die befragten Jugendlichen unterscheiden sich nicht nur im Hinblick auf ihr Alter, Geschlecht oder Herkunftsland, sondern bringen unterschiedliche Erfahrungen, Ressourcen, Interessen und Wünsche mit. Ebenso heterogen sind auch die institutionellen Lebensbedingungen, auf die die Jugendlichen in Deutschland treffen. Unabhängig davon lassen sich für einen Großteil auch Gemeinsamkeiten identifizieren.


Die Jugendlichen sind hoch motiviert, nehmen aber viele Hürden wahr

»Bei Ankunft herrschte unter allen Geflüchteten große Motivation und der Wunsch, sich möglichst bald eine Perspektive in Deutschland zu schaffen«, berichten die DJI-Wissenschaftlerinnen Claudia Lechner und Anna Huber, die die Jugendlichen in sehr unterschiedlichen Unterkünften besuchten. Diese reichten von sicheren und geschützteren Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe bis hin zu improvisierten Unterbringungen in Turnhallen und Containersiedlungen, in denen es kaum Privatsphäre und Rückzugsmöglichkeiten gab. »Nach Jahren ohne Perspektiven in ihren Herkunftsländern freuten sich die Jugendlichen darauf, möglichst rasch Deutsch zu lernen, eine Schule zu besuchen oder eine Ausbildung zu machen«, so Fachgruppenleiter Bernd Holthusen.


Fehlende Informationen erschweren die Teilhabe

Der Entwicklung längerfristiger Perspektiven stehen jedoch zahlreiche Herausforderungen und Unsicherheiten entgegen. Beispielsweise begrenzt der eingeschränkte Zugang zur Schule die Teilhabemöglichkeiten der Jugendlichen. Informationsdefizite führten dazu, dass sie sich ausgebremst und unsicher fühlten. »Vielfach wissen die Jugendlichen nicht, welche Rechte sie haben, wie das Ausbildungssystem in Deutschland und wie das Asylverfahren funktioniert«, führen die Wissenschaftlerinnen aus. Um den Jugendlichen neue Perspektiven zu eröffnen, spielt die Unterstützung durch Fachkräfte und Ehrenamtliche eine zentrale Rolle.


Bezugspersonen und die eigene Familie sind für das Wohlergehen zentral

Die Lebensbedingungen der Jugendlichen waren von zahlreichen Brüchen geprägt: Orts- und Einrichtungswechsel führten dazu, dass der Kontakt zu Bezugspersonen verloren ging und es ihnen erschwert wurde, konkrete Vorstellungen von der Zukunft zu entwickeln. Jugendliche kurz vor Vollendung ihres 18. Lebensjahrs standen unter einem besonders großen Druck: »Unbegleitete Geflüchtete benötigen oftmals auch über die Volljährigkeit hinaus Unterstützung, und auch für begleitete Jugendliche müssen mehr passgenaue Hilfsangebote entwickelt werden«, fordert Holthusen und betont, wie wichtig verbindliche Unterstützungsstrukturen und Ansprechpartner für die jungen Erwachsenen sind. Von besonderer Bedeutung für das Wohlergehen der Jugendlichen ist zudem die eigene Familie.


Der Wunsch nach Akzeptanz und Normalität ist groß

Die Jugendlichen wünschten sich Kontakte zu Gleichaltrigen. Während es anfangs kaum Begegnungen mit Nicht-Geflüchteten gab, nahmen diese nach einer längeren Aufenthaltsdauer zu, zum Beispiel in der Schule, im Praktikum oder in Vereinen. Dadurch konnten in vielen Fällen Barrieren von beiden Seiten abgebaut werden und vertrauensvolle Beziehungen entstehen. Dieser positiven Entwicklung steht jedoch häufig das Gefühl entgegen, von Teilen der Gesellschaft abgelehnt zu werden. Viele Jugendliche erlebten Diskriminierung in Form von Beleidigungen, Beschimpfungen, Gewaltandrohung bis hin zu tatsächlicher Gewalt. Zudem nahmen sie Diskurse über Geflüchtete wahr, die mitunter durch Fremdenfeindlichkeit und Stigmatisierung geprägt waren.

Wenngleich viele Jugendliche nach einem Jahr sprachliche Hürden überwinden, eine Schule besuchen oder sogar einen Ausbildungsplatz finden konnten, führen asylrechtliche Unsicherheiten in vielen Fällen zu großen Ängsten.

 

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