Ein Viertel der Nachwuchskräfte verlässt das Arbeitsfeld Kita

(Geschätzte Lesezeit: 2 - 3 Minuten)
wiff3

Studie hat Berufseinsteigende fünf Jahre lang begleitet 

Nachwuchskräfte für die Kindertagesbetreuung sind gefragt wie nie. Laut einer Prognose des Deutschen Jugendinstituts benötigen Krippen, Kindergärten und Grundschulbetreuung bis zum Jahr 2025 bis zu 329.000 zusätzliche pädagogische Fachkräfte. Das Ausbildungssystem der Frühen Bildung ist in den letzten Jahren deutlich gewachsen. 2014/15 begannen deutschlandweit 43% mehr Personen eine Ausbildung in dem Bereich als noch 2007/08. Bei den Erzieherinnen und Erziehern waren es sogar 71%. Doch was kommt nach dem Berufsabschluss?

Das hat das Forschungsprojekt »Übergang von fachschul- und hochschulausgebildeten Fachkräften in den Arbeitsmarkt« (ÜFA) untersucht. Befragt wurden dafür Erzieherinnen und Erzieher sowie Bachelor-Absolventinnen und -Absolventen der Kindheitspädagogik in den ersten fünf Jahren des Berufseinstiegs. Die Ergebnisse zeigen: Die Tätigkeit in Kitas muss attraktiver werden, insbesondere wenn hochqualifizierte Kräfte dort langfristig gehalten werden sollen. Dieser und weitere Befunde liegen nun als Publikation der Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte vor.

Kita nicht immer erste Wahl

Am Ende von Ausbildung und Studium gaben lediglich 54% der Erzieherinnen und Erzieher an, in der Kindertagesbetreuung arbeiten zu wollen. Sie bevorzugten andere pädagogische Arbeitsfelder, für die die Fachschulen für Sozialpädagogik ausbilden. Bei den Kindheitspädagoginnen und -pädagogen lag der Anteil mit Wunschberuf Kita sogar nur bei 33%. Aufgrund der guten Arbeitsmarktsituation fanden schließlich 68% aller Befragten ihren ersten Job in der Kita.

Nachwuchskräfte werden unterhalb ihrer Qualifikation bezahlt

Knapp 20% der befragten Erzieherinnen und Erzieher wurden nach ihrem Abschluss unterhalb des in Tarifverträgen vorgesehenen Gehalts für ihre Berufsgruppe bezahlt. Nach vier bis fünf Jahren trifft dies noch auf 7% der Erzieherinnen und Erzieher zu. Die an Hochschulen ausgebildeten Kindheitspädagoginnen und -pädagogen erreichen höhere Einstiegsgehälter. Allerdings werden nur knapp 10% der Absolventinnen und Absolventen ohne vorangegangene Erzieherinnenausbildung und knapp 30% der Kindheitspädagoginnen und -pädagogen mit einer solchen Ausbildung in Tarifstufen eingruppiert, die angewandte wissenschaftliche Kenntnisse honorieren. Nach vier bis fünf Jahren erreichen dies immerhin gut 40 beziehungsweise knapp 60% der Kindheitspädagoginnen und -pädagogen.

Häufige Stellenwechsel und Abwanderung in andere Arbeitsfelder

Knapp ein Drittel der Befragten hat in den ersten fünf Jahren nach dem Berufsstart mindestens einmal die Stelle gewechselt. Fast ein Viertel der Nachwuchskräfte verlässt in diesem Zeitraum das Arbeitsfeld Kita ganz. Darunter deutlich mehr studierte Kindheitspädagoginnen und -pädagogen als Erzieherinnen und Erzieher. Das liegt zum einen an ungünstigen formalen Beschäftigungsbedingungen wie Befristung, niedrigen Löhnen und mangelnden Karrierewegen. Zum anderen spielen ungünstige Arbeitsbedingungen eine Rolle, vor allem fehlende Einarbeitung sowie Konflikte im Team oder mit der Leitung. Dabei waren bei den Teilnehmenden der Studie vor allem qualitative Merkmale der Tätigkeit ausschlaggebend für einen Wechsel. Allen voran wurden fehlende Möglichkeiten bemängelt, professionelle Vorstellungen auch gegen etablierte Praktiken erfahrener Kolleginnen und Kollegen umzusetzen. »Konflikte lösen die jungen Fachkräfte über Stellenwechsel, die nicht selten aus dem Arbeitsfeld herausführen. So gehen wichtige Ressourcen verloren«, bilanzieren die Forscherinnen und Forscher. »Um das Arbeitsfeld Kita weiterzuentwickeln, müssen deshalb auch Teamentwicklung und Teambildung in den Fokus von Politik und Trägern rücken«.

Über das Projekt ÜFA
Am Projekt »Übergang von fachschul- und hochschulausgebildeten Fachkräften in den Arbeitsmarkt« (ÜFA) sind die Fliedner-Fachhochschule Düsseldorf, die Universität Koblenz-Landau und die Phillips-Universität Marburg beteiligt. Es wurde im Rahmen der Förderlinie »Ausweitung der Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte« (AWiFF) vom Bundesministerium für Bildung und Forschung über einen Zeitraum von fünf Jahren gefördert. Für die Studie wurden Fachschülerinnen und -schüler sowie Studierende im Fach Kindheitspädagogik der Abschlussjahre 2010 bis 2013 in verschiedenen Wellen befragt.

Hintergrund
Die Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFF) ist ein Projekt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), der Robert Bosch Stiftung und des Deutschen Jugendinstituts e.V. und wird aus Mitteln des BMBF gefördert.

 

  LINKS  

 

Steigende Krankheitsausfälle in Kitas: Qualität der Bildung in Gefahr
Steigende Krankenstände im Kita-Bereich: Dringender Handlungsbedarf für die Politik Die Bertelsmann Stiftung hat in einer aktuellen Studie alarmierende Zahlen zum Krankenstand des Kita-Personals veröffentlicht. Demnach fehlten Fachkräfte im Jahr...
Mehrfachbelastungen von Kitas mit Kindern aus sozioökonomisch benachteiligten Familien
Zugang und Qualität in der frühkindlichen Bildung Kitas stehen vor erheblichen Herausforderungen, wenn sie Kinder aus sozioökonomisch benachteiligten Familien betreuen. Der Zugang zu und die Nutzung von Kitas weisen deutliche soziale...
Kosten für Kinderbetreuung in freien Kitas steigen deutlich
Kitas in freier Trägerschaft wendeten 2022 durchschnittlich 12.300 Euro je Kind auf Die Ausgaben für die Betreuung von Kindern in Kitas in freier Trägerschaft sind in Deutschland im Jahr 2022 erheblich gestiegen. Laut Angaben des Statistischen...

 

 

Die fünf meistgelesenen Artikel der letzten 30 Tage in dieser Kategorie.

 

  • Der US-Wahlkampf und die Bildung

    Die Präsidentschaftswahl in den USA steht kurz bevor. Am 5. November 2024 treten Kamala Harris für die Demokraten und Donald Trump für die Republikaner gegeneinander an. Wie kann man dieses wichtige Ereignis im Schulunterricht aufgreifen und welche Rolle...

  • Wirtschaftspolitisches Interesse junger Menschen: Wissensdefizit und Partizipationswünsche

    Jugendbefragung zeigt: Junge Menschen wollen Wirtschaft besser verstehen Eine neue Studie der Bertelsmann Stiftung zeigt, dass das Interesse junger Menschen in Deutschland an Wirtschaftsthemen zwar groß ist, viele sich aber nicht ausreichend...

  • Sozialbericht 2024: Wachsende Vermögen und soziale Ungleichheit in Deutschland

    Ungleichheit und Armutsrisiko kaum verändert – trotz steigender Vermögen und Löhne In Deutschland sind die Vermögen in den letzten Jahren deutlich gestiegen, aber die Verteilung ist nach wie vor sehr ungleich, insbesondere zwischen Ost- und...

  • Steigende Cybergefahr für Unternehmen

    Cyberangriffe: Herausforderungen und Maßnahmen in der DACH-Region Mit zunehmender Digitalisierung steigt auch die Gefahr von Cyberattacken auf Unternehmen. Eine aktuelle Studie von Deloitte zeigt, dass fast jedes Unternehmen in der DACH-Region...

  • Zeit für Kulturaktivitäten in Deutschland gestiegen

    Menschen in Deutschland verbringen mehr als eine Stunde am Tag mit kulturellen Aktivitäten In Deutschland verbringen Personen ab 10 Jahren durchschnittlich 1 Stunde und 18 Minuten pro Tag mit kulturellen Aktivitäten. Dazu zählen nicht nur Besuche...

.