Analyse: Öffentliche Vergabe in Deutschland
Die Bundesrepublik hat ihre öffentliche Beschaffung erfolgreich reformiert – aber es bleiben Bereiche mit Nachholbedarf
Die Reform des Vergaberechts und der Vergabepraxis hat Deutschlands öffentliche Beschaffung moderner und flexibler gemacht. Aber in einigen Bereichen gibt es noch ungenutztes Potential. Dies ist das Ergebnis einer neuen OECD-Studie, die heute in einem gemeinsamen Symposium mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) vorgestellt wird.
Die Studie »Öffentliche Vergabe in Deutschland – Strategische Ansatzpunkte zum Wohl der Menschen und für wirtschaftliches Wachstum« zeigt die Bedeutung der öffentlichen Beschaffung in Deutschland. Die öffentliche Hand ist ein wichtiger Auftraggeber: Etwa 35 Prozent der deutschen Staatsausgaben, umgerechnet 500 Milliarden Euro, fließen über die öffentliche Auftragsvergabe in Bildung, Gesundheit, Infrastruktur und andere Bereiche. Dabei ist es Deutschland in den letzten Jahren gelungen, die öffentliche Beschaffung deutlich zu modernisieren und zu verbessern. Das ist nicht zuletzt ein Verdienst der 2016 in Kraft getretenen Vergaberechtsreform. Es ist jetzt für die öffentliche Hand leichter, Vergabeverfahren durchzuführen, und für Unternehmen einfacher, daran teilzunehmen. Bei der strategischen und nachhaltigen Beschaffung ist die deutsche Praxis in vielen Teilen beispielhaft. Dennoch gibt es der Studie zufolge in allen untersuchten Bereichen ungenutztes Potential.
»Die öffentliche Auftragsvergabe ist ein extrem einflussreiches Instrument zur Gestaltung von so wichtigen Bereichen wie Gesundheit, Bildung und Klima. Deswegen ist ein gut funktionierendes und effizientes Vergabesystem von großer strategischer Bedeutung. Als eines der ersten Länder hat Deutschland dies klar erkannt«, meint der stellvertretende OECD-Generalsekretär Jeffrey Schlagenhauf.
Eine wichtige Empfehlung der Studie ist, die Vergabe in Deutschland stärker zu bündeln. Wenn der Bedarf verschiedener Stellen zentral erfasst und die Aufträge gebündelt vergeben werden, mindert das Kosten und bürokratischen Aufwand. Auch hat Deutschland im Bereich der digitalen Auftragsvergabe Nachholbedarf. In vielen anderen OECD-Ländern wird ein wesentlich größerer Anteil der öffentlichen Aufträge digital gesteuert. Eine zunehmende Digitalisierung der Vergabe und eine stärkere Vernetzung der elektronischen Vergabesysteme auf Bund-, Länder- und Kommunalebene hätte dabei den Vorteil, dass sich Daten leichter sammeln und vergleichen ließen. Mit diesen Daten könnte dann die Vergabepraxis stetig optimiert werden.
Zudem sollte Deutschland in die Professionalisierung seiner Beschaffer investieren. Viele von ihnen sind Generalisten, ihnen fehlt die in diesem Bereich oftmals nötige spezifische Ausbildung. Hier ist es ratsam, in Weiterbildung zu investieren und – wie in anderen Ländern bereits der Fall – die Tätigkeit des Beschaffers zu einem eigenständigen Berufsbild mit entsprechender Zertifizierung zu machen.
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