Schulisches Umfeld beeinflusst, wie sehr sich Jugendliche mit Migrationshintergrund als Deutsche fühlen

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In Gegenden, in denen nur wenige Jugendliche mit Migrationshintergrund das Gymnasium besuchen, fühlen sich diese eher als Deutsche 

Eine neue Studie zeigt, dass ethnische Ungleichheit beim Zugang zum Gymnasium nicht nur die Bildungs- und Karrierewege von Schüler*innen mit Migrationshintergrund beeinträchtigt, sondern auch ihre Identitäten und Freundschaften prägt. Die Studie von Dr. Hanno Kruse und Professor Dr. Clemens Kroneberg von der Universität zu Köln wurde im American Journal of Sociology veröffentlicht. Sie ging der Frage nach, an welchen Schulen sich Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund als Deutsche fühlen. Darüber hinaus wurde untersucht, inwiefern diese Identifikation wichtig für ihre Freundschaften mit Jugendlichen ohne Migrationshintergrund ist.

Die Untersuchung ergab ausgeprägte lokale Unterschiede: In Gegenden, in denen Jugendliche mit Migrationshintergrund nur selten ein Gymnasium besuchen, fühlen sie sich auf dem Gymnasium eher als Deutsche. Zudem geht diese Identifikation vermehrt mit Freundschaften zu Mitschüler*innen ohne Migrationshintergrund einher. Wer sich kaum als Deutsche(r) fühlt, ist hier auch seltener mit Mitschüler*innen ohne Migrationshintergrund befreundet – die soziale Integration auf dem Gymnasium ist somit tendenziell daran gebunden, sich als Deutsche(r) zu fühlen.

In Gegenden, in denen Jugendliche mit Migrationshintergrund auch auf den Gymnasien gut repräsentiert sind, finden sich diese Zusammenhänge dagegen nicht: Gymnasiast*innen mit Zuwanderungsgeschichte haben dort keine verstärkte Neigung, sich als Deutsche zu fühlen. Außerdem ist die Identifikation als Deutsche(r) auch nicht relevant dafür, wie sehr sie von Mitschüler*innen ohne Migrationshintergrund sozial akzeptiert werden.

Die Studie, die im Rahmen des ERC Starting Grant Projekts »Social Integration and Boundary Making in Adolescence« (SOCIALBOND) von Professor Clemens Kroneberg entstand, kombiniert erstmals administrative räumliche Daten zu allen Sekundarschulen in Deutschland mit umfangreichen Umfragedaten zu Identitäten und Freundschaftsnetzwerken an 144 ausgewählten Schulen.

Kroneberg interpretiert die Ergebnisse so: »Dort, wo an Gymnasien kaum ethnische Vielfalt herrscht, scheint eher eine nationale Leitkultur zu dominieren. Jugendliche mit Zuwanderungsgeschichte tendieren hier dazu, sich stark als Deutsche(r) zu identifizieren, und dies ist auch relevant für ihre soziale Integration in der Schulklasse. Andere Schulformen und Gymnasien in Gegenden mit stärkerer Bildungsgleichheit sind dagegen eher ‚Schulen der Vielfalt‘, in denen die Frage der Identifikation als Deutsche(r) weniger wichtig ist«.

Die Identifikation als Deutsche(r) ist allerdings nicht nur eine Frage des lokalen Kontexts: Die Studie zeigt auch, dass muslimische Schüler*innen häufig Schwierigkeiten haben, sich als Deutsche zu fühlen – und zwar unabhängig von den ansonsten wirksamen Einflüssen des lokalen Kontexts. Dazu sagt Professor Kroneberg: »Die bisherige Forschung zeigt, dass sich muslimische Mitbürger durch die deutsche Mehrheitsgesellschaft häufiger als fremd oder nicht zugehörig wahrgenommen fühlen. Solche Grenzziehungen sind sicherlich ein Faktor, der die Identifikation erschwert. Dieser gesamtgesellschaftliche Einfluss scheint so stark zu sein, dass er den Einfluss des lokalen Schulkontexts außer Kraft setzt«.

 

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