OECD informiert G20-Gipfel über aktuelle Prognosen für die Weltwirtschaft
Es braucht verstärkte Anstrengungen, um das Virus einzudämmen und Menschenleben zu retten, gepaart mit stärkeren, koordinierten Maßnahmen der Regierungen gegen den wachsenden wirtschaftlichen Schaden
Weltweit werden immer strengere Maßnahmen ergriffen, um die Ausbreitung des Coronavirus (Covid-19) zu verlangsamen. Dadurch wird zwangsläufig die Wirtschaftsleistung in vielen Ländern auf kurze Sicht stark einbrechen. Dies zeigen neue OECD-Projektionen.
OECD-Generalsekretär Angel Gurría legte in Vorbereitung des G20-Videogipfels (26.03.2020) die neuesten OECD-Schätzungen vor. Sie zeigen, dass die Ausgangsbeschränkungen direkte Auswirkungen auf Branchen in der Größenordnung von bis zu einem Drittel des BIP der führenden Volkswirtschaften haben werden. Jeder Monat, in dem diese Beschränkungen andauern, verringert das jährliche BIP-Wachstum um 2 Prozentpunkte. Allein im Tourismussektor ist mit einem Rückgang der Wertschöpfung um bis zu 70 Prozent zu rechnen. Viele Volkswirtschaften werden in die Rezession abgleiten. Dies ist unvermeidbar, weil wir den Kampf gegen die Pandemie weiterführen müssen. Zugleich müssen wir alles daransetzen, das Wirtschaftsleben so schnell wie möglich wieder zu normalisieren.
»Die jetzigen hohen Kosten der Pandemiebekämpfung sind unvermeidbar, um wesentlich tragischere Folgen und einen noch schlimmeren wirtschaftlichen Schaden in Zukunft abzuwenden“, so Gurría. »Würden Millionen Menschen sterben und die Gesundheitssysteme kollabieren, wären die finanziellen und gesellschaftlichen Auswirkungen unermesslich. Oberste Priorität der Regierungen muss daher sein, die Epidemie zu bremsen und Menschenleben zu retten. Unsere Analyse unterstreicht, dass mehr getan werden muss, um den Schock abzufedern, und die Maßnahmen der Regierungen besser abgestimmt werden müssen, um den Menschen und dem privaten Sektor beizustehen, der nach dieser Gesundheitskrise in einer sehr schwachen Verfassung sein wird«.
Gurría begrüßte die Ergebnisse des G20-Videogipfels unter saudischer Präsidentschaft und die Entschlossenheit der G20, den Menschen und KMU mit allen verfügbaren Mitteln zu helfen. In seiner Stellungnahme baute Gurría auf seinem früheren Vorschlag auf, die Auswirkungen der Pandemie mit einem »globalen Marshallplan“ zu lindern. Er rief die Staats- und Regierungschefs der G20 auf, unverzüglich zu handeln, um die Volkswirtschaften gegen aktuelle und zukünftige Schocks zu immunisieren. Dazu seien folgende Maßnahmen nötig:
• Gesundheits- und epidemiologische Systeme mit dem nötigen Kapital ausstatten
• Alle makroökonomischen Hebel mobilisieren: Geldpolitik, Fiskalpolitik und Strukturpolitik
• Handelsbeschränkungen aufheben, insbesondere bei dringend benötigten medizinischen Produkten
• Besonders gefährdete Entwicklungs- und Niedrigeinkommensländer unterstützen
• Best Practices austauschen und umsetzen, um Beschäftigte und die gesamte Bevölkerung und vor allem benachteiligte Gruppen zu unterstützen
• Unternehmen, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen, am Leben erhalten, u. a. mit speziellen Hilfspaketen für die am schlimmsten betroffenen Sektoren wie die Tourismusbranche.
Gurría betonte, dass die Auswirkungen auf das jährliche BIP-Wachstum letztlich von vielen Faktoren abhängen. Dazu zählen der Umfang und die Dauer nationaler Ausgangsbeschränkungen, das Ausmaß des Nachfragerückgangs nach Waren und Dienstleistungen in anderen Teilen der Wirtschaft und die Geschwindigkeit, mit der die umfangreichen fiskalischen und monetären Impulse ihre Wirkung entfalten.
In allen Volkswirtschaften ist der Großteil dieser negativen Auswirkungen auf den Einbruch im Groß- und Einzelhandel, bei gewerblichen Dienstleistungen und im Immobiliensektor zurückzuführen. In einigen Sektoren bestehen wesentliche Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern. In manchen Ländern macht sich vor allem der Stillstand in der Fahrzeugproduktion bemerkbar, während andere besonders darunter leiden, dass touristische und Freizeitaktivitäten eingestellt wurden.
Die Geschäftsschließungen könnten die gesamtwirtschaftliche Produktion in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften und großen aufstrebenden Volkswirtschaften um mindestens 15 Prozent verringern. Im Median ist ein Rückgang der gesamtwirtschaftlichen Produktion um 25 Prozent zu erwarten.
Der unterschiedlich starke Effekt in den einzelnen Volkswirtschaften ist auf Unterschiede in der Wirtschaftsstruktur zurückzuführen. In vielen Ländern, in denen der Tourismus eine relativ wichtige Rolle spielt, könnten die Ausgangs- und Reisebeschränkungen möglicherweise gravierendere Folgen haben. Am anderen Ende des Spektrums stehen Länder mit relativ großem Agrar- und Rohstoffsektor, darunter auch Erdöl produzierende Länder. Für sie könnte der unmittelbare Effekt der Einschränkungen zunächst geringer ausfallen. Allerdings wird ihre Produktion wegen der geringeren globalen Rohstoffnachfrage über kurz oder lang einbrechen.
Auch der Zeitpunkt, zu dem der anfängliche Effekt auf die gesamtwirtschaftliche Produktion eintritt, unterscheidet sich in den einzelnen Volkswirtschaften. Dies ist durch Unterschiede beim Beginn, der Dauer und dem Umfang der Beschränkungen bedingt. In China, wo die Ausgangsbeschränkungen nun teilweise gelockert werden, lassen die negativen Auswirkungen auf die gesamtwirtschaftliche Produktion bereits nach.
Die OECD steht mit ihrer gesamten Fachkompetenz bereit, die Regierungen bei der Entwicklung wirksamer Maßnahmen in allen relevanten Bereichen – wie z. B. Gesundheit, Steuern, Arbeitsmarkt und Beschäftigung, KMU, Bildung, Wissenschaft und Technologie, Handel und Investitionen – zu unterstützen, um die Ausbreitung der Pandemie zu verlangsamen und den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Schaden zu mindern.
Die OECD hat in Reaktion auf die Krise eine neue Plattform erstellt. Dort sind aktuelle Daten, Analysen, Ratschläge und Lösungsansätze sowie Informationen zu weltweit ergriffenen Politikmaßnahmen zu finden.
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