KMU und Politik nach Corona
Was hat sich für die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) im Zuge der Corona-Pandemie verändert? Welche Unterstützung ist hilfreich und sinnvoll, damit die Unternehmen sowohl die wirtschaftlichen Folgen als auch die Herausforderungen »Nachhaltiges Wirtschaften« und »Digitale Transformation« meistern können?
Über diese und weitere Fragen diskutierten am 12. Oktober 2021 international renommierte Entrepreneurship-Forscher*innen mit Vertreter*innen aus der Mittelstandspolitik, Wirtschaft und von der Europäischen Kommission und der OECD im Rahmen des International Roundtable on SMEs.
Nach Ansicht von Prof. Dr. Friederike Welter (IfM Bonn/Universität Siegen) lassen sich drei grundlegende Erkenntnisse aus dem Umgang mit der Pandemie ableiten: »Es hat sich gezeigt, dass Politik sehr schnell reagieren kann, wenn die Herausforderungen dies bedürfen. Dieser Pragmatismus sollte nun auch im Hinblick auf die zukünftigen Herausforderungen genutzt werden. Allerdings empfiehlt es sich, zielgruppenspezifische Förderpolitik zeitlich zu begrenzen – und zügig wieder zum ordnungspolitischen Ansatz zurückzukehren. Dabei sollte Mittelstandspolitik als Querschnittsaufgabe verstanden werden: Schon im Vorfeld von Gesetzesinitiativen sollten die Auswirkungen auf den Mittelstand in allen beteiligten Ressorts mitgedacht werden«, so die IfM-Präsidentin und Siegener Professorin.
Je besser KMU finanziell und organisatorisch auf die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie vorbereitet gewesen sind, desto problemloser haben sie sie überstanden. Im besten Fall konnten sie sogar die Krise als Chance nutzen. Dies hat eine repräsentative Unternehmensbefragung von Prof. Dr. Kim Klyver und Associate Professor Suna Løwe Nielsen (beide University of Southern Denmark) in Dänemark ergeben. In Großbritannien zeigte sich, dass sich das Angebot an staatlichem Kurzarbeitergeld und an abgesicherten Darlehen positiv auf die Investitionsbereitschaft der Unternehmen in Großbritannien ausgewirkt hat. Nach Untersuchungen von Prof. Dr. Stephen Roper, Halima Jibril (beide University of Warwick/Großbritannien) und Prof. Dr. Mark Hart (Aston University/Großbritannien) war dieser Effekt besonders bei kleinen Unternehmen zu beobachten.
Die digitale Transformation wurde durch die Corona-Pandemie beschleunigt. Prof. Dr. Erik Stam (Universität Utrecht/Niederlande) stellte Forschungsarbeiten aus den Niederlanden vor, die unter seiner Leitung entstanden sind: Sie zeigen, wie wichtig hochwertige unternehmerische Ökosysteme auf regionaler Ebene und hochwertige Managementpraktiken auf Unternehmensebene für diesen digitalen Wandel sind.
Die zukünftigen Herausforderungen lassen sich meistern
Im Zuge der Corona-Pandemie haben viele Unternehmer*innen ihre unternehmerische Lage analysiert. Nach Ansicht von Prof. Dr. Alfredo De Massis (Freie Universität Bozen-Bolzano/Italien, Lancaster University/Großbritannien und International Institute for Management Development/Schweiz) wird dies zu mehr Innovationen, zur Rückbesinnung auf die traditionelle Innovationskraft, zur Weiterentwicklung der Belegschaft und der Arbeitsprozesse sowie zu einer zielgerichteten Unternehmensführung führen.
»Jedes dritte Unternehmen im Verarbeitenden Gewerbe gibt an, Einfluss auf den globalen Klimawandel zu haben«, so berichtete Dr. Christian Dienes (IfM Bonn) auf Basis einer Umfrage von mehr als 1.000 Unternehmen. Die Studie zeigt zudem, dass die Mehrheit der Befragten innovative Technologien als den Schlüssel dazu ansieht, den Klimawandel aufzuhalten. Allerdings habe die Pandemie jedes zweite Unternehmen wirtschaftlich getroffen, was sich aktuell auch auf ihre Investitionsbereitschaft in klimafreundliche Technologien auswirke.
Prof. Dr. Julia Rouse (Manchester Metropolitan Universität/Großbritannien) wies in ihrem Vortrag darauf hin, dass viele öffentliche Ausschreibungen für kleine und mittlere Unternehmen immer noch zu komplex seien und umfassende, wettbewerbsfähige Angebotsunterlagen bedürften. Sie stellte daher innovative Forschungs- und Praxislösungen vor, wie die KMU bei der Bearbeitung dieser Anforderungen unterstützt werden könnten.