Was das Erwachsenwerden Jugendlicher heute ausmacht
Publikation und begleitende Podcasts beschreiben Lebenslagen und Lebensführung junger Menschen jenseits pauschalisierender Jugendbilder
Wie wachsen junge Menschen in Deutschland auf und wie gestaltet sich ihr Erwachsenwerden? Der aktuelle Herausgeberband »Erwachsenwerden heute – Lebenslagen und Lebensführung junger Menschen« setzt sich mit diesen Fragen auseinander und gibt einen breiten Einblick in die Lebensphase Jugend sowie die verschiedenen Formen des Ausprobierens, der Identitätsentwicklung und des Selbstständigwerdens.
Die Herausgeberinnen und Wissenschaftlerinnen des Deutschen Jugendinstituts (DJI) Anne Berngruber und Nora Gaupp legen in der Publikation einen Schwerpunkt darauf, unter welchen gesellschaftlichen und institutionellen Rahmenbedingungen Jugendliche heute heranwachsen. Es werden zum Beispiel demografische Entwicklungen vorgestellt und ihre Auswirkungen auf das Aufwachsen Jugendlicher diskutiert.
Die Beiträge im Hauptteil der Publikation thematisieren die unterschiedlichen Aspekte von Verselbstständigung als zentrale Schritte des Erwachsenwerdens. »Wir richten den Blick auf die Lebensführung und Alltagspraktiken junger Menschen. Es geht darum, was Jugendliche ganz konkret tun,« erläutert Anne Berngruber. Die Auswahl der Themen reicht von ökonomischen und sozialen Aspekten des Erwachsenwerdens über räumliche Verselbstständigung bis hin zu politischem Engagement und zur Beteiligung junger Menschen in digitalen sozialen Netzwerken.
»Das Aufwachsen Jugendlicher und junger Erwachsener beschreiben wir dabei jenseits von pauschalisierenden Jugendbildern und einer in den Medien weit verbreiteten Defizitperspektive auf Jugend. Grundlegend für das Verständnis der Lebensphase Jugend ist vielmehr das Anerkennen der unterschiedlichen Lebenssituationen junger Menschen und der vielfältigen Anforderungen an sie in dieser wichtigen Zeit ihres Lebens,« fasst Nora Gaupp die Grundhaltung des Buches zusammen.
Podcast als digitales Begleitmedium zum Buch
Begleitend zu ausgewählten Kapiteln des Buchs haben die Forscherinnen zusammen mit ihrem studentischen Kollegen Philipp Stachowiak zwölf Podcast-Folgen erstellt, die die wissenschaftlichen Perspektiven mit der konkreten Alltagspraxis von Jugendlichen verbinden. Die jeweiligen Autorinnen und Autoren der Kapitel und junge Erwachsene selbst kommen dabei zu Wort. Die Jugendlichen berichten von ihren persönlichen Erfahrungen im Prozess des Erwachsenwerdens, wie zum Beispiel von ihrem ersten Erleben von Partnerschaft oder Sexualität, ihrem Alltag im Jugendwohnen oder ihrem Aufwachsen auf dem Land. Die Podcasts verfolgen das Ziel, abwechslungsreich und anschaulich über die vielfältigen Aspekte der Lebensphase Jugend und des Erwachsenwerdens zu informieren und zu sensibilisieren.
Das DJI veröffentlicht die Podcasts in Zusammenarbeit mit dem Kohlhammer Verlag. Die Erzählungen der Jugendlichen und die wissenschaftlichen Einführungen ergänzen sich. Die einzelnen Podcasts bilden unterschiedliche Aspekte der Verselbständigung von Jugendlichen ab und machen diese über den Einblick in die persönliche Lebensführung der jungen Menschen lebendig. Die Folgen erscheinen wöchentlich und haben eine Dauer von 20 bis 30 Minuten.
Inhalte der ersten drei Podcast-Folgen
Folge 1: Erwachsenwerden heute – eine Einleitung
Einleitend stellen die Herausgeberinnen Anne Berngruber und Nora Gaupp ihr Verständnis des Begriffs Jugend vor. Dabei skizzieren sie das Konzept der biografischen Selbstwahrnehmung sowie bedeutende (Alters-)Grenzen und Differenzierungen in der Jugendforschung. Luca, ein junger Erwachsener aus Murnau, erzählt, was für ihn Erwachsenwerden bedeutet.
Folge 2: Politische Beteiligungsformen
Wie hat sich politische Beteiligung von Jugendlichen verändert und weshalb kann heute nicht pauschal von einer Politikverdrossenheit junger Menschen gesprochen werden? Die Autorinnen Maruta Herding und Maren Zschach gehen diesen Fragen nach. Sie zeichnen »moderne« Formen der Beteiligung nach und verdeutlichen das heutige Zusammenspiel von Online- und Offline-Partizipation. Die Jugendliche Sonja beschreibt, wie bei »Fridays For Future« Demonstrationen organisiert werden und skizziert ihre persönlichen Gründe, sich politisch zu beteiligen.
Folge 3: Strukturen der Kinder- und Jugendhilfe
Die DJI-Wissenschaftlerin Liane Pluto gibt einen Überblick über die vielfältige Landschaft der Kinder- und Jugendhilfe und erläutert die Kernprämissen, die dieses Arbeitsfeld kennzeichnen. Der Fokus liegt hier auf der offenen Jugendarbeit. Der Jugendliche Santino berichtet davon, wie er seit der 5. Klasse mit »seiner« Jugendorganisation aufgewachsen ist und welche Aspekte ihn dabei besonders geprägt haben.
Die Autorinnen
Dr. Anne Berngruber ist wissenschaftliche Referentin in der Fachgruppe »Lebenslagen und Lebensführung Jugendlicher« am Deutschen Jugendinstitut in München. Sie hat an der FAU Erlangen-Nürnberg Sozialwissenschaften studiert und zum Thema des Auszugs und der Rückkehr ins Elternhaus promoviert. Sie forscht zu den Lebenslagen Jugendlicher und junger Erwachsener sowie zu verschiedenen Verselbstständigungsprozessen beim Übergang vom Jugend- ins Erwachsenenalter.
Dr. Nora Gaupp leitet die Fachgruppe »Lebenslagen und Lebensführung Jugendlicher« am Deutschen Jugendinstitut in München. Sie hat Psychologie an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt studiert und darin auch promoviert. Ihre Arbeits- und Forschungsschwerpunkte sind: Jugendforschung unter einer Diversitätsperspektive, Verselbstständigungsprozesse Jugendlicher und junger Erwachsener, Erfahrungen und Lebenssituationen von queeren Jugendlichen, Aufwachsen und Alltagserfahrungen von jungen Menschen mit Behinderung.
VERWEISE