eGovernment: Nutzen und akzeptieren Bürger*innen die digitale Verwaltung?

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Neue Studie eGovernment MONITOR 2022 der Initiative D21 

Die Nutzung von E-Government setzt sich auch 2022 nicht in der Bevölkerung durch.

Viele Verwaltungsdienstleistungen werden weiterhin mehrheitlich analog in Anspruch genommen. Diese digitale Nutzungslücke ist im Vergleich zu Österreich und der Schweiz in Deutschland besonders stark ausgeprägt. Außerdem zeigt der Bundesländervergleich deutliche Unterschiede – die Stadtstaaten Hamburg und Bremen sind führend.

Die Nutzung digitaler Verwaltungsleistungen durch die Bürger*innen bleibt mit 54 Prozent auf Vorjahresniveau. Damit liegt Deutschland weiterhin hinter den Vergleichsländern Österreich (72 Prozent) und der Schweiz (61 Prozent).

Mehr als die Hälfte der Bürger*innen nutzen Verwaltungsleistungen, an denen sie einen Bedarf haben, immer noch analog (57 Prozent). In dieser Kennzahl ist eine »digitale Nutzungslücke« zu erkennen – die Lücke zwischen dem Bedarf an einer konkreten Verwaltungsdienstleistung und deren Online-Nutzung. Am größten ist diese Diskrepanz bei der Ummeldung des Wohnsitzes (79 Prozent mit Bedarf nutzen die Leistung offline), wohingegen die Abwicklung der Einkommenssteuererklärung die geringste Nutzungslücke unter den untersuchten Verwaltungsleistungen aufweist (27 Prozent).

In Österreich (42 Prozent) und der Schweiz (46 Prozent) sind die digitalen Nutzungslücken deutlich kleiner. Zu diesen Ergebnissen kommt die Studie eGovernment MONITOR 2022 der Initiative D21 und der Technischen Universität München unter der Schirmherrschaft der Bundesministerin des Innern und für Heimat, Nancy Faeser.

»Es wurden bereits wichtige Weichen für die Verwaltungsdigitalisierung gestellt, doch wir sehen, dass im internationalen Vergleich noch Aufholbedarf besteht. Komplexe föderale Strukturen und eine heterogene IT-Landschaft führen zu unterschiedlichen Digitalisierungsständen in Ländern und Kommunen. Wie der eGovernment MONITOR aber auch zeigt, gibt schon jetzt die große Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland beispielsweise ihre Einkommensteuererklärung online ab. Das lässt erkennen: Gut konzipierte Lösungen kommen in der Bevölkerung an und werden intensiv genutzt – selbst wenn es dabei um komplexe Vorgänge und sensible Daten geht. Dies ist ein Ansporn für uns, die Daueraufgabe Digitalisierung weiter gemeinsam anzugehen und Lösungen zu entwickeln, die konsequent aus der Perspektive der Bürgerinnen und Bürger gedacht sind«, so die Bundesministerin des Innern und für Heimat Nancy Faeser.

Unterschiede bei der E-Government-Nutzung in den Bundesländern werden größer

Die Unterschiede zwischen den Bundesländern bei der Nutzung digitaler Verwaltungsdienstleistungen sind größer geworden. Variierten sie im Vorjahr noch um 13 Prozentpunkte, so liegen zwischen dem Bundesland mit der höchsten und dem mit der geringsten Nutzung jetzt 17 Prozent-punkte.

Hamburg (64 Prozent) und Bremen (60 Prozent) weisen die höchsten Werte auf, gefolgt von den Flächenländern Schleswig-Holstein (59 Prozent), Saarland (57 Prozent) und Nordrhein-Westfalen (56 Prozent). Vor allem Schleswig-Holstein und das Saarland zeigen im Vergleich zum letzten Jahr einen deutlichen Zuwachs um 9 bzw. 7 Prozentpunkte. Mecklenburg-Vorpommern (47 Prozent) und Thüringen (49 Prozent) verzeichnen hingegen beide Einbrüche bei der Nutzung (Abfall um 6 bzw. 7 Prozentpunkte). Thüringen lag im letzten Jahr noch unter den Nutzungsspitzenreitern auf Platz 3 (mit 56 Prozent) und landet nun auf Platz 13. Anders als im letzten Jahr zeichnen sich vor allem die neuen Bundesländer durch geringere Nutzung aus – nur Brandenburg liegt mit 55 Prozent im vorderen Mittelfeld.

»Eine moderne und digitale Verwaltung muss das Leben aller Menschen leichter machen. Wir sehen jedoch, dass zunehmend der Wohnort darüber entscheidet, ob die digitale Verwaltung auch bei den Bürger*innen ankommt. Bund und Länder müssen die gleichwertige Qualität und Leistungsfähigkeit ihrer Verwaltung zukünftig besser beurteilen und steuern können. Dafür bedarf es mehr Mut, vergleichbare und transparente Daten zwischen Bund und Ländern, aber auch den Kommunen zu erheben«, so Hannes Schwaderer, Präsident der Initiative D21.

Stagnation: Jede*r Zehnte in Deutschland nutzt die Möglichkeit zur digitalen Identifikation

Die Bundesregierung identifiziert in ihrer Digitalstrategie die Bereitstellung einer sicheren und nutzer*innenfreundlichen digitalen Identität als eines der zentralen Ziele, die bis 2025 erreicht werden sollen. Jedoch stagniert die Nutzung der Online-Ausweisfunktion (eID) in Deutschland auf einem ähnlichen Niveau wie im Vorjahr: 10 Prozent der Personalausweisbesitzer*innen nutzen derzeit die eID; im Vorjahr waren es 9 Prozent. Damit bleibt Deutschland weiterhin weit hinter Österreich (64 Prozent, +10 Prozentpunkte) und der Schweiz (63 Prozent, +1 Prozentpunkt) zurück.

Prof. Dr. Helmut Krcmar von der Technischen Universität München kommentiert: »Die Bundesregierung hat das Potenzial der eID erkannt. Sie spricht ihr in der Digitalstrategie eine entscheidende Hebelwirkung für digitale Angebote von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft zu. Allerdings sehen wir, dass diese Möglichkeit in Deutschland kaum genutzt wird. Erst mit einem wahrnehmbaren Mehrwert für die Bürger*innen kann die eID ihr Potenzial auch entfalten. Das heißt: Wir brauchen mehr und bekanntere Anwendungsmöglichkeiten.«

Nutzungserfahrungen beeinflussen die Einschätzung der Leistungsfähigkeit des Staates

In den Augen der Bürger*innen stehen der Nutzung digitaler Verwaltungsangebote mehr Barrieren im Weg als noch im Vorjahr – und zwar in allen drei Vergleichsländern. Vor allem komplizierte und nicht medienbruchfreie Abwicklungen (DE: 47 bzw. 46 Prozent) von Behördenleistungen sind einschneidende Nutzungshindernisse (DE: +7 bzw. +5 Prozentpunkte). Als eine weitere zentrale Barriere nehmen die Bürger*innen in Deutschland undurchschaubare Strukturen staatlicher Behörden-angebote (46 Prozent, +5 Prozentpunkte) wahr.

Diese zunehmend als hinderlich empfundenen Nutzungserfahrungen spiegeln sich auch in der Einschätzung der Leistungsfähigkeit des Staates durch die Bevölkerung wider. So empfinden mehr als die Hälfte der Menschen in Deutschland den Kontakt mit Behörden und Ämtern als sehr anstrengend (54 Prozent). Außerdem trauen drei von vier Bürger*innen dem Staat nicht zu, in drei Jahren alle Behördengänge online anzubieten. Noch weniger Menschen glauben, dass der Staat ihr Leben leichter macht (14 Prozent).

»Die Studie zeigt eine zunehmende Frustration der Bürger*innen angesichts des Stillstands auf dem Weg zu einem leistungsstarken, digitalen Staat. Sichere und einfach nutzbare digitale Verwaltungs-dienste können das Zutrauen in die Leistungsfähigkeit des Staates stärken. Deswegen sind die gemeinsamen Anstrengungen von Bund und Ländern insbesondere wichtig, um das Vertrauen der Menschen in den Staat und seine Institutionen zu stärken«, ordnet Lena-Sophie Müller, Geschäftsführerin der Initiative D21, die Ergebnisse der Studie ein.

Zur Erhebung

Der eGovernment MONITOR 2022 ist eine repräsentative Studie der Initiative D21 und der Technischen Universität München. Die Befragung erfolgte online vom 19. April 2022 bis zum 11. Mai 2022. Befragt wurden Personen ab 16 Jahren in Haushalten, die das Internet privat nutzen (Deutschland: 8.112 Personen, Österreich: 1.002 Personen, Schweiz: 1.002 Personen). Die Studie wurde vom Marktforschungsinstitut Kantar durchgeführt.


Über die Studie

Der eGovernment MONITOR untersucht seit 2010 den Fortschritt der digitalen Transformation in Verwaltung und Staat in den D-A-CH-Ländern und seit 2021 auch im deutschen Bundesländervergleich. Im Fokus stehen dabei die Bekanntheit und die Akzeptanz von digitalen Verwaltungsleistungen bei den Bürger*innen sowie die Nutzung entsprechender Angebote. Herausgeber: Initiative D21 e. V. und Technische Universität München

 


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