Web 4.0 und virtuelle Welten: Kommission stellt EU-Strategie vor

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Die EU-Kommission hat am 11. Juli 2023 eine neue Strategie für das Web 4.0 und virtuelle Welten angenommen, um den nächsten technologischen Wandel zu steuern.

Damit möchte die Kommission ein offenes, sicheres, vertrauenswürdiges, faires und inklusives digitales Umfeld für die Bürgerinnen und Bürger sowie die Unternehmen und öffentlichen Verwaltungen in der EU gewährleisten.

Das Internet entwickelt sich in einem rasanten Tempo. Über die aktuelle Entwicklung der dritten Generation des Internets, des Web 3.0, hinaus, dessen Hauptmerkmale Offenheit, Dezentralisierung und uneingeschränkte Mündigkeit der Nutzerinnen und Nutzer sind, wird die nächste Generation, das Web 4.0, eine Integration digitaler und realer Objekte und Umgebungen sowie eine bessere Interaktion zwischen Mensch und Maschine ermöglichen.

In dem im März veröffentlichten Ausblick auf die EU-Wirtschaft über 2030 hinaus werden die Digitalisierung als eine ihrer wichtigsten Triebkräfte und das Web 4.0 als ein wichtiger technologischer Wandel, der eine nahtlos vernetzte, intelligente und immersive Welt mit sich bringt, hervorgehoben. Schätzungen zufolge wird das weltweite Marktvolumen der virtuellen Welten von 27 Milliarden Euro im Jahr 2022 bis 2030 auf über 800 Milliarden Euro steigen.

Virtuelle Welten werden sich darauf auswirken, wie Menschen zusammenleben, was sowohl Chancen als auch Risiken mit sich bringt, die angegangen werden müssen. Die neue Strategie zielt auf ein Web 4.0 und virtuelle Welten ab, die die Werte und Grundsätze der EU widerspiegeln, in denen die Rechte der Menschen uneingeschränkt gelten und in denen europäische Unternehmen florieren können.

Zentrale Säulen der Strategie

Die Strategie steht im Einklang mit den Zielen des Politikprogramms für die digitale Dekade für 2030 und baut auf drei seiner Kernpunkte der Digitalisierung auf: Kompetenzen, Unternehmen und öffentliche Dienste. Der vierte Kernpunkt (Infrastrukturen) ist Gegenstand des Konnektivitätspakets der Kommission und ihrer weitergefassten Bemühungen um Rechen-, Cloud- und Edge-Kapazitäten. Außerdem geht es – in besonderen Aktionsbereichen – um die Offenheit und globale Governance virtueller Welten und des Web 4.0.

  1. Stärkung der Mündigkeit und Kompetenzen der Menschen, um für das Thema zu sensibilisieren, den Zugang zu vertrauenswürdigen Informationen zu fördern und einen Talentpool aus Spezialisten für virtuelle Welten aufzubauen. Bis Ende 2023 wird die Kommission die vom Bürgerforum vorgeschlagenen Leitprinzipien für virtuelle Welten vorantreiben und wird bis zum ersten Quartal 2024 Leitlinien für die breite Öffentlichkeit in Form eines »Instrumentariums für die Bürgerinnen und Bürger« entwickeln. Da Spezialisten für virtuelle Welten eine entscheidende Rolle zukommt, wird die Kommission mit den Mitgliedstaaten zusammenarbeiten, um eine Talentpipeline zu schaffen, und die Kompetenzentwicklung, auch für Frauen und Mädchen, durch Projekte, die im Rahmen des Programms Digitales Europa finanziert werden, sowie für Schöpfer digitaler Inhalte im Rahmen des Programms Kreatives Europa fördern.
  2. Unternehmen: Unterstützung eines europäischen industriellen Ökosystems für das Web 4.0, um Exzellenz auszubauen und Fragmentierung zu bekämpfen. Derzeit gibt es kein EU-Ökosystem, das die verschiedenen Akteure der Wertschöpfungskette virtueller Welten und des Web 4.0 zusammenbringt. Die Kommission hat eine mögliche Partnerschaft für virtuelle Welten im Rahmen von Horizont Europa vorgeschlagen, die ab 2025 die Arbeit aufnehmen könnte, um Spitzenleistungen in der Forschung zu fördern und einen industriellen und technologischen Fahrplan für virtuelle Welten zu entwickeln. Um Innovationen zu fördern, wird die Kommission auch Kreative und Medienunternehmen in der EU dabei unterstützen, neue Kreativwerkzeuge zu testen, Entwickler und industrielle Anwender an einen Tisch zu bringen und mit den Mitgliedstaaten zusammenarbeiten, um »Reallabore für das Web 4.0 und virtuelle Welten« zu entwickeln.
  3. Behörden: Förderung des gesellschaftlichen Fortschritts und virtueller öffentlicher Dienste, um die Chancen zu nutzen, die virtuelle Welten bieten können. Die EU investiert bereits in wichtige Initiativen wie Destination Earth (DestinationE), lokale digitale Zwillinge für intelligente Gemeinschaften oder den europäischen digitalen Zwilling des Ozeans, damit Forschende die Wissenschaft voranbringen, die Industrie Präzisionsanwendungen entwickeln und Behörden fundierte politische Entscheidungen treffen können. Die Kommission bringt zwei neue öffentliche Leitinitiativen auf den Weg: »CitiVerse«, eine immersive städtische Umgebung, die für Stadtplanung und -management genutzt werden kann, und einen europäischen virtuellen Zwilling des Menschen, der den menschlichen Körper nachbildet, um die klinische Entscheidungsfindung und die personalisierte Behandlung zu unterstützen.
  4. Gestaltung weltweiter Standards für offene und interoperable virtuelle Welten und das Web 4.0, um sicherzustellen, dass sie nicht von einigen wenigen großen Akteuren dominiert werden. Die Kommission wird mit Interessenträgern der Internet-Governance in der ganzen Welt zusammenarbeiten und Web 4.0-Standards im Einklang mit den Zielen und Werten der EU fördern.

Hintergrund
Die Strategie baut auf der Arbeit der Europäischen Kommission zu virtuellen Welten und Konsultationen mit Bürgerinnen und Bürgern, Hochschulen und Unternehmen auf. Die Kommission veranstaltete zwischen Februar und April 2023 ein europäisches Bürgerforum zu virtuellen Welten und forderte 150 nach dem Zufallsprinzip ausgewählte Bürgerinnen und Bürger auf, Empfehlungen zu Zielen, Grundsätzen und Maßnahmen zu formulieren, damit virtuelle Welten in der EU fair und menschengerecht sind. Ihre 23 Empfehlungen waren die Richtschnur für konkrete Aktionen, die in der Strategie für das Web 4.0 und virtuelle Welten enthalten sind. Am 14. September 2022 hatte die Europäische Kommission die Industriekoalition für virtuelle und erweiterte Realität ins Leben gerufen, die die Industrie und politische Entscheidungsträger zusammenbringt.

Darüber hinaus bietet ein neuer, von der Gemeinsamen Forschungsstelle veröffentlichter Bericht einen Überblick über die Möglichkeiten, die virtuelle Welten der nächsten Generation in verschiedenen Bereichen wie Bildung, Fertigung, Gesundheit und öffentliche Dienste eröffnen könnten.


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