Integration von Geflüchteten durch berufliche Bildung: Vier innovative Projekte ausgezeichnet
Verleihung des »Hermann-Schmidt-Preises 2016«
Bildung und Qualifizierung sind entscheidende Handlungsfelder, um nach Deutschland geflüchtete Menschen mit Bleibeperspektive wirksam und nachhaltig in unsere Gesellschaft zu integrieren. Gerade die berufliche Aus- und Weiterbildung mit ihrem praxisorientierten Ansatz kann hier einen herausragenden Beitrag leisten. Betriebe, betriebsnahe Einrichtungen und Berufsschulen bieten optimale Lernumgebungen mit hoher Lehr- und Lerneffizienz. »Integration von Geflüchteten durch berufliche Bildung« – so lautete daher das Thema des diesjährigen Wettbewerbs um den »Hermann-Schmidt-Preis«.
Der Verein »Innovative Berufsbildung« identifizierte und prämierte damit gezielt Projekte und Initiativen, die beispielhafte Modelle zu diesem Thema entwickelt und umgesetzt haben.
Ziel des Vereins – der vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) in Bonn sowie dem W. Bertelsmann Verlag (wbv) in Bielefeld getragen wird – ist es, mit dem jährlich verliehenen Preis auf innovative Ansätze in der Berufsbildungspraxis aufmerksam zu machen, diese zu fördern und als gute Beispiele zur Nachahmung zu empfehlen. Namensgeber ist der frühere Präsident des BIBB, Prof. Dr. Hermann Schmidt, der das Institut von 1977 bis 1997 leitete. Die Preisverleihung fand am 10. November 2016 im Rahmen einer gemeinsamen Fachtagung des BIBB und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) im BMBF in Berlin statt.
Aus den zum Wettbewerb eingereichten 34 Initiativen gingen als Sieger hervor:
Hermann-Schmidt-Preisträger 2016 (3.000 Euro): »Projekt zur Unterstützung minderjähriger, unbegleiteter Ausländer« (PUumA) – Berufsförderungswerk der Bauindustrie NRW gGmbH (BFW), Ausbildungszentrum (ABZ) Kerpen
Das ABZ Kerpen hat in Zusammenarbeit mit der Stadt Kerpen im Oktober 2015 insgesamt 19 minderjährige, unbegleitete Geflüchtete im hauseigenen Internat aufgenommen. Dort erhielten die Jugendlichen zunächst einen Intensiv-Sprachkurs sowie einen Integrationskurs. Einmal in der Woche werden in Fachpraxis-Einheiten baufachliche Kompetenzen in den Bereichen Mauerwerks-, Rohrleitungs- und Holzbau gefördert. Die Jugendlichen besuchen inzwischen die Ausbildungsvorbereitungsklassen des
angeschlossenen Berufskollegs. Ziel ist es, die jungen Geflüchteten in 2017 in eine baufachliche Ausbildung zu vermitteln. Die Jury würdigt das Projekt insbesondere wegen des umfassenden und ganzheitlichen Betreuungsansatzes sowie seiner vorteilhaften Struktur als innovativ und vorbildlich.
Sonderpreis (1.000 Euro): »Ankommen in Deutschland« – DB Fernverkehr AG, München
Ziel des ganzheitlichen Qualifizierungsprogramms ist es, erwachsene Geflüchtete mit elektrotechnischer Berufserfahrung zu IHK-anerkannten Elektrikern für Betriebstechnik zu qualifizieren, langfristig im Unternehmen zu beschäftigen und somit auch einen Beitrag zum dringenden Fachkräftebedarf der Deutschen Bahn zu leisten. Das Projekt startete im November 2015 mit 24 Teilnehmenden. An den zunächst erfolgten Sprachkurs schließt sich seit Mai 2016 eine bis zu 28 Monate dauernde Umschulung mit einer Kombination von Berufsschule (mit fachgebundenem Deutschunterricht), einer fachlichen Ausbildung sowie ein Betriebspraktikum an. Die Jury würdigt insbesondere den ganzheitlichen Ansatz des Projektes, seine Kooperationsstruktur sowie das hohe Transferpotenzial.
Sonderpreis (1.000 Euro): »Eignungsfeststellung, Berufsorientierung und Kenntnisvermittlung für minderjährige, unbegleitete Flüchtlinge« – Handwerkskammer Flensburg
Heranführung an den Arbeitsmarkt, Feststellung, Beseitigung oder Verringerung von Vermittlungshemmnissen sowie Kenntnisvermittlung im gewerblich-technischen Bereich (Frisör, Elektro, Holz und Metall) – so lauten die beruflichen Inhalte und Ziele dieser Aktivierungs- und Vermittlungsmaßnahme, um die Integration von minderjährigen, unbegleiteten Geflüchteten in Ausbildung und Arbeit zu fördern. Begleitet und ergänzt wird die Maßnahme durch zusätzlichen Berufsschul- und speziellen Deutschunterricht sowie ein betriebliches Praktikum. Das Projekt startete offiziell im Oktober 2015 mit 24 Teilnehmenden. Mittlerweile haben 34 das Projekt beendet. Acht haben am 1. August 2016 eine reguläre Ausbildung begonnen und 19 sind in eine Einstiegsqualifizierung eingemündet. Die Jury würdigt insbesondere die im Projekt entwickelten kreativen Maßnahmen als innovativ. Sie lobt das hohe Transferpotenzial und betont die komplexe Kooperationsstruktur des Projekts.
Sonderpreis für Bürgerschaftliches Engagement (1.000 Euro): »Berufliche Integration von Flüchtlingen in Frankfurt/Rhein-Main« (BIFF) – Gemeinschaftsinitiative Frankfurter Unternehmen und der Stadt Frankfurt am Main mit lokalen Kooperationspartnern
Ziel dieser Gemeinschaftsinitiative ist es, Geflüchtete und junge Zuwanderer ab 16 Jahren in Arbeit und Ausbildung zu integrieren. Hierzu erhielten 140 Geflüchtete im Frühjahr 2016 mittels Betriebsbesuchen, Berufe-Camps und in Werkstätten einen Einblick in die Vielfalt der Berufswelt (Elektro, Metall und Mechatronik, Chemie, Lebensmitteltechnik, Logistik, Garten- und Landschaftsbau, Gebäudereinigung, Schutz und Sicherheit, Küche und mehrere kaufmännische Berufe). Aktuell werden individuelle Qualifizierungsmaßnahmen wie zum Beispiel Einstiegsqualifizierungen durchgeführt, die 2017 in Ausbildung oder Beschäftigung führen sollen. Die Jury würdigt insbesondere die beeindruckende Vielzahl der Projektpartner, die branchenübergreifende Zusammenarbeit sowie das hohe Engagement der Unternehmenspartnerschaft, die offen für weitere Interessierte ist.