Musikalische Aktivität von Jugendlichen: Bildung und Einkommen der Eltern entscheidend

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Bertelsmann Stiftung 3

In einer Band spielen oder im Chor singen, auch bei diesen musikalischen Aktivitäten geht in der Jugend die soziale Schere weit auseinander. Die aktuelle Studie »Jugend und Musik« der Bertelsmann Stiftung zeigt: Je niedriger der Bildungsstatus und das Einkommen der Eltern, desto unwahrscheinlicher ist es, dass ein Jugendlicher Musik macht.

Ob Jugendliche Musik machen, hängt vom Bildungsstatus und dem Einkommen der Eltern ab. Die soziale Ungleichheit des deutschen Bildungssystems setzt sich in der musikalischen Bildung fort. So lautet das Fazit der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover, die im Auftrag der Bertelsmann Stiftung Daten der Jugendbefragung des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) auf die Teilnahme an musikalischen Aktivitäten hin ausgewertet haben.

Besonders gefährdet sind der Studie zufolge:

  • Jugendliche aus einkommensschwachen Haushalten
  • Jugendliche mit niedrigem Bildungsstatus
  • Jugendliche mit direktem Migrationshintergrund

»Gemeinsames Singen und Musizieren fördert Werte wie Gemeinschaft, Zusammengehörigkeitsgefühl und Toleranz. Musik ist damit ein wichtiger Teil der Persönlichkeitsentwicklung von Kindern und Jugendlichen. Daher sollte es nicht vom Bildungsstatus oder dem Einkommen der Eltern abhängen, ob ein junger Mensch ein Instrument spielt oder im Chor singt«, so Liz Mohn, stellvertretende Vorsitzende der Bertelsmann Stiftung.

Familiärer Hintergrund und Schulform haben erheblichen Einfluss

Insgesamt macht rund ein Viertel der 17-jährigen Jugendlichen in Deutschland Musik (24 Prozent). Mehr als die Hälfte (53 Prozent) von ihnen machen hauptsächlich Rock-, Pop-, Hip-Hop- und Technomusik, 27 Prozent klassische Musik und 20 Prozent Unterhaltungs- und Volksmusik.

Hat der Vater Abitur gemacht, verdoppelt sich die Wahrscheinlichkeit, dass ein Jugendlicher ein Instrument spielt oder singt. Auch die besuchte Schulform des Jugendlichen beeinflusst die musikalische Aktivität: Besucht ein Jugendlicher kein Gymnasium, sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass er Musik macht, um 50 Prozent. Im Vergleich zu anderen Schülern beginnen Gymnasiasten im Durchschnitt früher mit dem Musikmachen (8 Jahre zu 10 Jahre), engagieren sich häufiger im Chor und Orchester der Schule (33 Prozent zu 16 Prozent) und erhalten häufiger bezahlten Musikunterricht (28 Prozent zu 10 Prozent).

Gerade bei Letzterem zeigt sich die soziale Selektivität musikalischer Bildung am stärksten: Während ein Drittel der Jugendlichen aus den einkommensstärkeren Haushalten (über 30.000 Euro Jahresnetto) bezahlten Musikunterricht erhalten, um Gesang oder ein Musikinstrument zu erlernen, sind es in Haushalten mit niedrigem Einkommen und Bildungsstatus (unter 15.000 Euro Jahresnetto) lediglich acht Prozent.

Soziale Schere bleibt erhalten – Fördermittel leichter zugänglich machen

Der Trend zwischen 2001 bis 2015 zeigt, dass immer mehr Jugendliche aktiv Musik machen. Nahmen 2001 bis 2005 nur 19 Prozent der Jugendlichen daran teil, so waren es 2010 bereits 28 Prozent und 2015 sogar fast 29 Prozent. Dieser Aufwärtstrend schließt aber die soziale Schere nicht. An Jugendlichen aus den einkommensschwächsten Haushalten geht er eher vorbei, während Jugendliche aus Familien mit mittlerem Einkommen verstärkt an bezahltem Musikunterricht teilnehmen.

Der Aufwärtstrend, so Prof. Christian Höppner, Generalsekretär des Deutschen Musikrats, zeigt: »Handgemachte Musik ist Trumpf bei Kindern und Jugendlichen. Schule und Musikschule müssen gestärkt werden, die soziale Schere zu Gunsten bildungsbenachteiligter Kinder zu schließen«.

Allein ein Mehr an den bestehenden Förderprogrammen reicht nicht aus, sind sich Deutscher Musikrat und Bertelsmann Stiftung einig. Neue Wege müssen entwickelt werden, die stärker als bisher benachteiligte Jugendliche ansprechen und einbinden. Ganztagsschulen aller Schulformen bieten dazu besondere Möglichkeiten. Zur Finanzierung dieser Angebote sollten Fördermittel, die im Bildungs- und Teilhabepaket des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales nicht abgerufen werden, den Kommunen flexibel und bedarfsgerecht zur Verfügung gestellt werden.

Hintergrund
Das Projekt »Musikalische Bildung« der Bertelsmann Stiftung setzt sich für die Teilhabe aller Heranwachsenden an den Potenzialen von Musik für gelingendes Aufwachsen ein. Im Auftrag des Projekts haben Prof. Dr. Andreas Lehmann-Wermser und Dr. Valerie Krupp-Schleußner von der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover Daten ausgewertet, die das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) im Rahmen der SOEP-Jugendbefragung erhoben hat. An der repräsentativen Befragung haben 6256 Jugendliche im Alter von 17 Jahren seit 2001 teilgenommen und auch Angaben zu ihren musikalischen Aktivitäten gemacht. Neben der Abfrage der Häufigkeit »Musik hören« und »Musik machen« in der Freizeit wird konkret nach dem Singen und dem Spielen eines Musikinstruments gefragt. Jugendliche, die aktiv Musik machen, geben noch darüber Auskunft, wann sie mit dem Musikmachen begonnen haben und ob sie dafür Musikunterricht erhalten (haben).

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