PISA-Studie: Gute Ergebnisse bei der Teamarbeit
Mädchen beim Problemlösen im Team besser als Jungen
Schülerinnen und Schüler in Deutschland können komplexe Probleme gut im Team lösen. Dies ist das Ergebnis einer weiteren Auswertung der vergangenen PISA-Studie. Die Neuntklässler zeigten bessere Leistungen als der Durchschnitt der 15-Jährigen in den OECD-Staaten.
Bei der sechsten internationalen PISA-Studie wurden im Frühjahr 2015 die Kompetenzen von 15-jährigen Schülerinnen und Schülern in verschiedenen Bereichen getestet (die Studie wurde 2016 vorgestellt). In 32 Staaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), die die Studie koordiniert, wurde erstmals zusätzlich ein Test zur sogenannten kollaborativen Problemlösekompetenz eingesetzt, der nun ausgewertet wurde. In Deutschland haben daran rund 1.900 Schülerinnen und Schüler aller Schularten teilgenommen.
Den 15-Jährigen wurden am Computer verschiedene Aufgaben gestellt, deren Lösung sie gemeinsam mit mehreren anderen Personen erarbeiten mussten. Diese Personen wurden vom Testprogramm simuliert. Beispielsweise sollte die Gruppe ein Ausflugsziel für einen Schulaustausch finden, dabei die Vor- und Nachteile verschiedener Möglichkeiten recherchieren und ein Missverständnis ausräumen, das in den Test »eingebaut« war.
Anteil besonders Kompetenter: Deutschland in der Spitzengruppe
Die Schülerinnen und Schüler in Deutschland konnten diesen Test besser lösen (525 Punkte) als der Durchschnitt der 15-Jährigen in den OECD-Staaten (500 Punkte). Allerdings ist der Abstand zum Spitzenreiter Japan (552 Punkte) ähnlich groß wie zum Durchschnitt. Damit gehört Deutschland in der Auswertung zu einer Gruppe mit Australien, den USA, Dänemark und Großbritannien, deren Ergebnisse sich nicht signifikant voneinander unterscheiden.
Zur Spitzengruppe zählt Deutschland beim Anteil der besonders kompetenten Schülerinnen und Schülern, der 13 Prozent beträgt. Deutlich hinter den Bestplatzierten steht Deutschland, wenn man den Anteil der besonders wenig kompetenten Jugendlichen betrachtet: Er liegt mit 21 Prozent im Durchschnitt der OECD, ist damit aber doppelt so hoch wie etwa in Japan.
Regelmäßig Gruppenarbeit im Unterricht
In einem Fragebogen, der ebenfalls Teil der PISA-Studie war, gab gut die Hälfte der deutschen Lehrerinnen und Lehrer an, mindestens einmal in der Woche Gruppenarbeiten in den Unterricht einzubauen – mehr als im internationalen Durchschnitt. Leicht über dem Schnitt liegen auch die Werte, mit denen die Schülerinnen und Schüler einstuften, wie viel Freude ihnen das Arbeiten im Team bereitet und wie stark es ihnen weiterhilft.
»Sowohl im Beruf als auch im Alltag stehen wir ständig vor Problemen, die wir ohne andere Menschen nicht lösen können. In der Arbeitswelt handelt es sich dabei zunehmend um Aufgaben, für die es keine Routine gibt«, sagt Prof. Kristina Reiss vom Zentrum für internationale Bildungsvergleichsstudien (ZIB) an der Technischen Universität München (TUM), die Koordinatorin des deutschen Teils der PISA-Studie. »Deshalb ist es gut, dass in den Schulen diese Arbeitsweise regelmäßig geübt wird und die Jugendlichen im OECD-Vergleich eine überdurchschnittliche Kompetenz erworben haben. Es ist auch erfreulich, dass der Anteil hochkompetenter Jugendlicher in Deutschland groß ist. Allerdings sollten die Schulen ein stärkeres Augenmerk auf das Fünftel der Schülerinnen und Schüler legen, das es kaum schafft, komplexe Probleme zusammen mit anderen zu lösen«.
Mädchen deutlich fähiger als Jungen
Im Vergleich der Schularten in Deutschland erzielen die Gymnasiastinnen und Gymnasiasten zwar bessere Ergebnisse (585 Punkte) als die 15-Jährigen an anderen Schulen (497 Punkte). Letztere erreichen damit aber einen ähnlich hohen Wert wie der allgemeine OECD-Durchschnitt. Auch bei der Aufschlüsselung nach Leistungsstarken und Leistungsschwachen unterscheiden sie sich nicht wesentlich vom internationalen Durchschnitt.
Die Kompetenz im kollaborativen Problemlösen ist weniger vom sozioökonomischen Hintergrund der Jugendlichen abhängig als andere Kompetenzen, die in der PISA-Studie 2015 getestet wurden. Jugendliche mit Zuwanderungshintergrund erreichen in Deutschland im Mittel 49 Punkte weniger als jene ohne Zuwanderungshintergrund (OECD-Durchschnitt: 36 Punkte Differenz). Der Unterschied ist allerdings geringer als beispielsweise in den Naturwissenschaften (61 Punkte).
Einen deutlichen Zusammenhang fanden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zum Geschlecht: Die Mädchen erreichen 540 Punkte und damit 30 Punkte mehr als die Jungen – eine Größenordnung, die sonst nur bei der Lesekompetenz gefunden wurde. Zugunsten der Jungen, allerdings geringer, war der Unterschied in der PISA-Studie 2012 ausgefallen, als komplexe Aufgaben allein gelöst werden mussten. Dies deutet darauf hin, dass die Mädchen vor allem in der Teamarbeit sehr große Fähigkeiten haben. Dazu passt, dass sie eine größere Freude an Gruppenaufgaben angeben als die Jungen.
Hintergrund
Die Schülerinnen und Schüler in Deutschland hatten im PISA-Test 2015 gute Ergebnisse in Naturwissenschaften, Mathematik und Lesen erzielt. Ihre Kompetenzen übertrafen deutlich die Fähigkeiten im Durchschnitt der OECD-Staaten. Die Studie wurde im Dezember 2016 vorgestellt.
Der deutsche Teil des »Programme for International Student Assessment (PISA)« wird im Auftrag der Kultusministerkonferenz und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom Zentrum für internationale Bildungsvergleichsstudien (ZIB) an der Technischen Universität München (TUM) durchgeführt. Am ZIB sind neben der TUM das Deutsche Institut für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF) und das Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN) beteiligt.
Bibliographie
Zehner, F., Weis, M., Vogel, F., Leutner, D. & Reiss, K. (2017). Kollaboratives Problemlösen in PISA 2015: Befundhöhepunkte rund um Deutschland. München: Technische Universität München. doi: 10.14459/2017md1401788
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