Rat für Kulturelle Bildung: Kulturelle Bildung spielt eine tragende Rolle
Rat für Kulturelle Bildung untersucht in repräsentativer Umfrage erstmals Auswirkungen der Digitalisierung in Öffentlichen Bibliotheken im Hinblick auf die Kulturelle Bildung * Schulen/Kitas und Bibliotheken sollten bei der Leseförderung enger und systematischer zusammenarbeiten * Expertenrat fordert mehr ideelle und finanzielle Unterstützung von der Politik
Mit rund 120 Millionen Besuchen pro Jahr zählen die circa 7.400 Öffentlichen Bibliotheken in Deutschland zu den am meisten frequentierten Kultur- und Bildungseinrichtungen. Neben einem Bestand von 90 Millionen physischen Medien können derzeit mit 72 Millionen fast ebenso viele virtuelle Medien in Bibliotheken ausgeliehen werden. Zusätzlich werden Tablet-Rallyes, Gaming-Events, Workshops mit VR-Brillen oder 3D-Druckern angeboten. Auch die Räume wandeln sich – Leselounges, Makerspaces oder Lernorte mit PCs kommen hinzu. Allerdings vollzieht sich der Wandel in den ländlichen und kleinstädtischen Umgebungen anders und langsamer als in den großstädtischen.
Mit der Studie »Bibliotheken/Digitalisierung/Kulturelle Bildung. Horizont 2018« legt das Expertengremium Rat für Kulturelle Bildung, das aus 13 Mitgliedern besteht, erstmals repräsentative Daten über die Auswirkungen der Digitalisierung in Bibliotheken im Hinblick auf die Kulturelle Bildung vor. Die bundesweite Umfrage unter den rund 1.900 Leitungen öffentlicher hauptamtlich geführter Bibliotheken wurde in Kooperation mit dem Deutschen Bibliotheksverband e.V. (dbv) durchgeführt und von der Robert Bosch Stiftung GmbH gefördert, die Daten wurden von der Prognos AG erhoben.
Hohe Bedeutung Kultureller Bildung bei Gestaltung des digitalen Wandels
Die Studie zeigt, dass Kulturelle Bildung für über 80 Prozent der Großstadtbibliotheken und rund 40 Prozent der Gemeindebibliotheken von wesentlicher Bedeutung bei der Gestaltung der Digitalisierung ist. Die Angebote reichen dabei von Leseförderung, Literaturvermittlung, Schreib- und Medienwerkstätten und Ausstellungen bis hin zu Konzerten, Gaming und vielfältigen Kombinationsformen. Zudem gaben 75 Prozent der Bibliotheksleitungen an, durch digitale Angebote Kultureller Bildung ein jüngeres Publikum besser anzusprechen zu können.
»Die Studie dokumentiert, dass Bibliotheken mit ihrer größtenteils bereits guten digitalen Ausstattung und ihren attraktiven analogen und digitalen Angeboten Kultureller Bildung ein Vorbild für einen sinnvollen Umgang mit der Digitalisierung sind. Dieses Engagement ist eine große Chance für die Gesellschaft. Basierend auf den empirischen Ergebnissen der Studie empfiehlt der Rat für Kulturelle Bildung einen länderübergreifenden Bibliotheksentwicklungsplan, der inhaltliche, personelle und finanzielle Zielsetzungen festschreibt«, sagt Prof. Dr. Eckart Liebau, Vorsitzender des Rates für Kulturelle Bildung.
Kooperationen als Chance
Die Digitalisierung bietet auch neue Chancen für Kooperationen: Eine deutliche Mehrheit der Bibliotheken sieht laut Studie besonders großes Potenzial bei Schulkooperationen und in der Zusammenarbeit mit Kitas.
»Gerade in Sachen Leseförderung ist die Experimentierfreude der Bibliotheken groß und das Zusammenspiel von digitalen Medien und Buch über lange Jahre erprobt. Schulen und Kitas könnten noch viel stärker von diesen Erfahrungen profitieren«, kommentiert Dr. Florian Höllerer, Mitglied des Rates für Kulturelle Bildung und Leiter des Literarischen Colloquiums in Berlin.
Neue Anforderungen an Personal und Ausstattung
Die Studie zeigt auch, dass im Zuge des digitalen Wandels neue fachliche Anforderungen an das Personal in Bibliotheken entstehen und die Digitalisierung die Mitarbeit auch nicht-bibliothekarischer Fachleute erfordert, vor allem von Experten aus der Kulturellen Bildung, der Medienbildung und der Informationstechnologie. Ein deutliches Gefälle zwischen Stadt und Land zeigt sich in Ausstattungs- und Entwicklungsfragen. Aus der Umfrage geht weiterhin hervor, dass ideelle und finanzielle Unterstützung von Seiten der Politik für die Weiterentwicklung der Bibliotheken essentiell ist.
Die Bundesvorsitzende des Deutschen Bibliotheksverbandes e.V. (dbv), Barbara Lison, betont: »Die Studie belegt die Innovationspotenziale der Bibliotheken. Die Verwaltung und die politischen Entscheidungsträger in den Kommunen sind jetzt aufgerufen, dieses Potential noch klarer zu erkennen, Bibliotheken noch stärker in ihre digitalen Strategien einzubinden und zu fördern, um ihren Bürgern eine mühelose Teilhabe an innovativer kultureller Bildung zu ermöglichen.«
Unterstützung bei strukturellen Defiziten
Der Rat für Kulturelle Bildung empfiehlt, Aufgaben und Finanzierung der Öffentlichen Bibliotheken auf Länderebene – wo noch nicht geschehen – in Bibliotheksgesetzen zu regeln. Besonders der ländliche Raum braucht mehr Unterstützung von Seiten der Politik. Digitale Angebote Kultureller Bildung in Bibliotheken sollten gezielt gefördert und in den Zukunftsaufgaben der Bibliotheken festgeschrieben werden. Der Expertenrat fordert zudem, auf Bundesebene einen länderübergreifenden Bibliotheksentwicklungsplan zu entwerfen, der die bildungspolitischen Zielsetzungen und Qualitätsstandards, neue Vermittlungswege Kultureller Bildung sowie die Ziele bei der Zusammensetzung und Qualifikation des Personals verschriftlicht.
Auftakt Schwerpunkt
Die Studie ist der Auftakt zum Schwerpunkt »Kulturelle Bildung im Kontext der Digitalisierung« des Rates für Kulturelle Bildung. In den kommenden Monaten folgen eine Grundlagenreflexion zum Thema und eine empirische Studie zu digitalen Leitmedien für Jugendliche.
Hintergrund
Der Rat für Kulturelle Bildung ist ein unabhängiges Beratungsgremium, das sich umfassend mit der Lage und der Qualität Kultureller Bildung in Deutschland befasst. Ihm gehören dreizehn Mitglieder an, die verschiedene Bereiche der Kulturellen Bildung repräsentieren: Tanz- und Theaterpädagogik, Musik- und Literaturvermittlung, Bildungsforschung, Erziehungswissenschaften, Medienpädagogik, Pädagogik, Politische Bildung, Soziologie, Kulturelle Bildung und die Künste.
Der Rat für Kulturelle Bildung ist eine Initiative der Bertelsmann Stiftung, Deutsche Bank Stiftung, Karl Schlecht Stiftung, PwC-Stiftung, Robert Bosch Stiftung, Stiftung Mercator und der Stiftung Nantesbuch.
LINKS
- Zur Studie ...