Bildungsurlaub: Ich bin dann mal weg
Wer nicht in Sachsen oder Bayern seinen Arbeitsplatz hat, kann sich für fünf Tage im Jahr weiterbilden. Die Bundesländer haben in den vergangenen Jahren nacheinander den gesetzlichen Anspruch auf Bildungsurlaub eingeführt. Das erste Land war 1974 Niedersachsen. Das vorläufig letzte auf der Liste ist Thüringen, das seine gerade laufende Gesetzesinitiative mit dem Motto »Nicht blaumachen, sondern schlaumachen« überschrieben hat. Sachsen und Bayern verweigern ihren ArbeitnehmerInnen bislang diesen gesetzlichen Anspruch. Doch der gute Wille der überwiegenden Zahl der Bundesländer führt nicht dazu, dass die Angebote auch wahrgenommen werden.
Das DGB-Bildungswerk will mit seiner Kampagne »Bildungsurlaub. Hinterher ist man immer klüger«. Schwung in das System bringen. Zum einen ist der Anspruch vielen überhaupt nicht bekannt. Zum anderen gibt es Vorurteile bei den Beschäftigten, die nicht zwingend zutreffen müssen. Dass beispielsweise die Vorgesetzten, aber auch die KollegInnen eine solche Maßnahme als Privatvergnügen sehen könnten. Dabei wären die Arbeitgeber in der Pflicht, ihren Beschäftigten Weiterbildung zu ermöglichen – zum eigenen Nutzen. Ein Industrieland wie Deutschland lebt schließlich von den Ideen und Fähigkeiten der Beschäftigten. Das heißt nicht, dass der Bildungsurlaub die betriebliche Weiterbildung ersetzen kann oder gar soll. Für die Beschäftigten gilt die freie Themenwahl. Bildung heißt aber immer Kompetenzgewinn und Weiterentwicklung. Ein Aspekt, der häufig von den Beschäftigten selbst unterbewertet wird. Dazu kommt, dass Bildungszeit zwar – genauso wie der Jahresurlaub – nicht vom Lohn abgezogen werden kann, aber die Kosten dieser Weiterbildung müssen die ArbeitnehmerInnen selbst tragen. Sie müssen auch selbst aktiv werden, um für sich das richtige Angebot zu finden.
Diese vielen kleinen Hürden und fehlende Kenntnis über die Rechte führen dazu, dass – geschätzt – nur um die zwei Prozent der Beschäftigten Bildungsurlaub nehmen. Das DGB-Bildungswerk setzt deshalb mit seiner Kampagne auch auf die Mithilfe von Betriebsräten, den Jugendvertretungen und Vertrauensleuten. Sie können nicht nur ihre KollegInnen informieren, sie könnten auch die Betriebsleitungen davon überzeugen, dass Bildungsurlaub nicht heißt, sich ein paar Urlaubstage mehr zu gönnen. Er kann das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten stärken, er kann auch die eigene Karriere befördern, er kann aber auch eine wohldosierte Pause vom Arbeitsstress sein, die dann dank neuer Erfahrungen und Erkenntnisse durchaus auch für das Unternehmen positiv ist.
Nachgefragt: Claudia Meyer, Geschäftsführerin des DGB Bildungswerkes: »Wir wollen erreichen, dass Bildungsurlaub ein besseres Image bekommt und überall in den Köpfen verankert ist: als gutes Recht und Chance für die Beschäftigten wie auch für die Wirtschaft«.
Die Kampagne Bildungsurlaub
Der Kampagnen-Claim bringt es auf den Punkt: »Bildungsurlaub. Hinterher ist man immer klüger«. Bildungsurlaub steht für Kompetenzerwerb. Die gemeinsame Kampagne von DGB-Bildungswerk, DGB und Mitgliedsgewerkschaften soll helfen, Bildungsurlaub und Bildungszeit bekannter zu machen und die bestehenden Barrieren bei der Inanspruchnahme von Bildungsurlaub abzubauen. Dazu wurde eine ganze Reihe von Materialien vorbereitet. Neben Plakaten, Postkarten, einer Broschüre, einem Flyer, PowerPoint-Präsentationen, einem Erklärfilm und Give-Aways gibt auch eine »Muster-Mappe« für die Informations- und Lobbyarbeit.
QUELLE: Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung der einblick-Redaktion
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