Bildungsbereiche müssen sich weiter füreinander öffnen
BIBB-Präsident Esser eröffnet BIBB-Kongress mit über 800 Gästen aus dem In- und Ausland.
Die zentralen Herausforderungen im deutschen Bildungssystem wie die Bewältigung des Strukturwandels und die damit verbundenen Aufgaben der Fachkräftesicherung können nach Auffassung des Präsidenten des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB), Friedrich Hubert Esser, nicht von einem Bildungsbereich allein bewältigt werden.
»Wir brauchen mehr bildungsbereichsübergreifende Kommunikation und Koordination, klare übergreifende Perspektiven und damit ein aufeinander abgestimmtes Handeln aller Akteure und Partner in allen Bildungsbereichen«, erklärte Esser gestern anlässlich der Eröffnung des BIBB-Kongresses. Zwei Tage lang diskutieren über 800 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus mehr als 30 Ländern in Berlin unter dem Motto »Berufsbildung attraktiver gestalten - mehr Durchlässigkeit ermöglichen«. »Der BIBB-Kongress stellt erstmals den Dialog über alle Bildungsbereiche hinweg in den Mittelpunkt. Er soll damit auch ein Beispiel geben für eine neue Kultur des Miteinander«, so Esser weiter.
Bundesbildungsministerin Johanna Wanka erklärte: »Attraktiv bleiben und Durchlässigkeit ermöglichen – das sind die entscheidenden Herausforderungen, vor denen unser international so geschätztes duales System steht. Ich hoffe, dass von diesem Kongress ein starkes Signal für den Wert und den Erfolg der beruflichen Bildung in Deutschland ausgehen wird«.
Für BIBB-Präsident Esser hat die Verbesserung der Durchlässigkeit an den Schnittstellen zwischen allgemeiner und beruflicher Bildung, zwischen Aus- und Fortbildung wie auch zwischen beruflicher und akademischer Bildung eine herausragende Bedeutung. »Von ihrer weiteren Ausgestaltung hängt die Zukunftsfähigkeit unseres Bildungssystems ab«, zeigte sich Esser überzeugt. »Es muss künftig möglich sein, leichter und unter Anrechnung seiner individuellen Lernleistungen von einem Bildungsbereich in den anderen zu wechseln«. So müssten beispielsweise Studienaussteiger verlässlichere Informationen darüber erhalten, was von ihren Qualifikationen anerkannt wird und inwieweit sich ihre Aus- und/oder Fortbildung dadurch verkürzt.
Entschieden wandte sich Esser gegen die Aussagen der jüngsten OECD-Studie. »Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft und damit letztendlich der Wohlstand Deutschlands hängt nicht allein von Arbeitsplätzen ab, für die man eine akademische Ausbildung benötigt. Wir brauchen neben den Ingenieuren auch die Meister, Techniker und Facharbeiter, um die Qualität der Produkte "Made in Germany" zu gewährleisten«.
Weitere Handlungsfelder, über die auf dem BIBB-Kongress diskutiert wird und die nach Auffassung des BIBB-Präsidenten von allen Akteuren in allen Bildungsbereichen gemeinsam in den Blick genommen werden müssen, sind:
- Der dringende Ausbau und die Professionalisierung der Studien- und Berufsorientierung in der Sekundarstufe II an Gymnasien
- Die Weiterentwicklung von Instrumenten, um den Übergang von der Schule in den Beruf zu verbessern
- Die Entwicklung entsprechender Angebote in der beruflichen Bildung für Studierende, die ihr Studium ohne Abschluss beenden
- Der Ausbau und die Professionalisierung dualer Studiengänge
- Die Attraktivitätssteigerung von Aufstiegsfortbildungen zum Beispiel zum Meister, Techniker oder Fachwirt sowie ihr Ausbau als mögliche Alternative zu einer hochschulischen Ausbildung. Zudem müssten die Vorteile und Entwicklungsmöglichkeiten derartiger Fortbildungen bekannter gemacht werden.