Zahl der Menschen mit Lese- und Schreibschwierigkeiten geht deutlich zurück

(Geschätzte Lesezeit: 2 - 3 Minuten)
LEO Studie

Neue LEO-Studie zu eingeschränkten Lese- und Schreibkompetenzen bei Erwachsenen  

Der Anteil Erwachsener in Deutschland, die nicht richtig lesen und schreiben können, hat sich in den vergangenen acht Jahren um fast ein Fünftel verringert. Das zeigt die Grundbildungsstudie »LEO 2018 – Leben mit geringer Literalität«, die an der Universität Hamburg durchgeführt wurde. Am 7. Mai 2019 wurden die Ergebnisse vorgestellt.

Auf der Jahreskonferenz der Nationalen Dekade für Alphabetisierung und Grundbildung 2016-2026 (AlphaDekade) in Berlin erklärten die Forscher*innen gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern des Bundesbildungsministeriums und der Kulturministerkonferenz, dass es in Deutschland rund 6,2 Millionen Erwachsene gibt, deren Lese- und Schreibkompetenzen für eine volle berufliche, gesellschaftliche und politische Teilhabe nicht ausreichen. 2011 waren es noch 7,5 Millionen, also etwa 1,3 Millionen mehr.

»Gering literalisierte Erwachsene sind mehrheitlich erwerbstätig und haben Familie. Meist sind sie jedoch Geringverdiener. Jeder zweite ist finanziell nicht in der Lage, eine Woche Urlaub außerhalb der eigenen Wohnung zu machen«, erklärt Prof. Dr. Anke Grotlüschen, Studienleiterin und Professorin für Lebenslanges Lernen an der Universität Hamburg. Zwei Drittel hätten zudem große Schwierigkeiten, politische Fragen zu verstehen und einzuschätzen.

Auf welche Lebensbereiche wirkt sich die geringe Literalität am meisten aus?

Grotlüschen: »Konkret haben wir uns die Lebensbereiche Gesundheit, Finanzen und Mobilität sowie das digitale und das politische Leben angeschaut. Die Einschränkungen sind dabei vielfältig: Viele gering Literalisierte haben zum Beispiel keinen Führerschein, weil sie die Prüfung nicht absolvieren konnten. Sie nutzen überproportional viel öffentlichen Nahverkehr. Allerdings ist auch das Kaufen eines Fahrscheins schwierig. Die Gruppe der gering Literalisierten bevorzugt deutlich den Erwerb einer Karte am Schalter oder beim Busfahrer«.

 

Leo2019QUELLE: LEO-Studie 2019

 

Insgesamt wurden im Sommer 2018 rund 7.200 deutschsprechende Erwachsene im Alter von 18 bis 64 Jahren befragt. Größe und Auswahl der Stichprobe lassen den Rückschluss auf die Gesamtbevölkerung zu. Die LEO-Studie gibt auch Aufschluss darüber, wie Lernangebote optimiert und besser auf die Bedürfnisse der Zielgruppe zugeschnitten werden können. Grotlüschen: »Die neue LEO-Studie zeigt, dass das Leben mit geringer Literalität mit Ausgrenzungen und großen Unsicherheiten im Alltag verbunden ist. An dieser Stelle müssen Bildungsangebote ansetzen«.

Universitätspräsident Prof. Dieter Lenzen: »Das Forschungsprojekt LEO ist ein besonders weitreichendes Beispiel für die Transferstrategie der Universität. Die Ergebnisse der Studie zur Lesekompetenz von Erwachsenen sind für eine funktionierende Gesellschaft und die für sie verantwortliche Politik von besonderer Bedeutung«.

Hintergund
Die LEO-Studie 2018 der Universität Hamburg ist die größte und wichtigste repräsentative Studie zu Literalität von Erwachsenen in Deutschland. Sie gibt Aufschluss über Alter, Geschlecht, Herkunft, Familien- und Erwerbsstatus sowie Schul- und Berufsbildung von Menschen mit geringen Lese- und Rechtschreibkompetenzen in Deutschland. Darüber hinaus untersucht die Studie, wie sich geringe Lese- und Schreibkompetenz auf alltägliche und gesellschaftliche Teilhabechancen auswirkt. Im Fokus der aktuellen Studie stehen finanzielle Grundbildung, Gesundheitsgrundbildung, arbeitsorientierte Grundbildung, familiäre, politische und digitale Grundbildung sowie die Weiterbildungsteilnahme der Betroffenen. Die LEO-Studie wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit rund 180 Millionen Euro gefördert.

Bund, Länder und gesellschaftliche Partner setzen sich mit der Initiative »Nationale Dekade für Alphabetisierung und Grundbildung 2016–2026« (AlphaDekade) dafür ein, die Lese- und Schreibfähigkeiten Erwachsener zu verbessern und das Grundbildungsniveau Erwachsener in Deutschland zu erhöhen. Da die Erreichbarkeit von Erwachsenen mit niedrigen Schriftsprachkompetenzen die größte Herausforderung darstellt, fördert das BMBF Forschungsvorhaben sowie Projekte, die den Zugang über den Arbeitsplatz oder im Alltag herstellen.

   

 

Finanzielle Bildung im Fokus: Kampagne fördert Lese- und Schreibkompetenz
Millionen Erwachsene in Deutschland haben Schwierigkeiten mit dem Lesen und Schreiben Laut der LEO-Studie der Universität Hamburg haben rund 6,2 Millionen Erwachsene in Deutschland Probleme beim Lesen und Schreiben. Diese eingeschränkte...
Niedersachsen: Neues Förderprogramm stärkt Grundbildung für Erwachsene
Niedersachsen investiert 14,6 Millionen Euro in die Grundbildung Erwachsener Um die gesellschaftliche Teilhabe und berufliche Integration von Erwachsenen mit unzureichenden Grundkenntnissen in Lesen, Schreiben und Rechnen zu verbessern...
Regierung sieht Erfolge in der Grundbildung von Erwachsenen
Mit der »Nationalen Dekade für Alphabetisierung und Grundbildung« (Alphadekade) sind seit Veröffentlichung des ersten Zwischenberichts 2019 weitere Erfolge erzielt worden, um die Zahl Erwachsener mit Lese- und Schreibschwierigkeiten zu verringern...

Die fünf meistgelesenen Artikel der letzten 30 Tage in dieser Kategorie.

 

  • »Mein Bildungsraum« in der Kritik

    Kurzbesprechung des Artikels »Digitalisierung: Großprojekt des Bundes "Mein Bildungsraum" in der Kritik« von Dorothee Wiegand Der Artikel von Dorothee Wiegand (veröffentlicht auf heise.de) bietet einen umfassenden Überblick zum BMBF-Projekt »Mein...

  • Informatikunterricht in Deutschland: Große Fortschritte, aber noch viel zu tun

    Informatik-Monitor 2024/25: Fortschritte und Herausforderungen  Im Schuljahr 2024/25 werden fast drei Viertel aller Schülerinnen und Schüler Informatik als Pflichtfach belegen. Das geht aus dem aktuellen Informatik-Monitor 2024/25 hervor, den die...

  • Bildungsplattform »Mein NOW«: Potenzial ungenutzt

    Portal »mein NOW«: Kritik an Usability und Zielgruppenansprache Die Bildungsjournalistin Gudrun Porath hat in einer Kolumne auf Haufe.de das Online-Portal »mein NOW« kritisch beleuchtet und kommt zu dem Schluss, dass die Weiterbildungsplattform »hinter den...

  • Anhörung zum AFBG: Experten für die Förderung beruflicher Weiterbildung

    Der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf zur Änderung des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes (AFBG), der insbesondere der Stärkung der beruflichen Weiterbildung und Fachkräftesicherung dienen soll, ist bei einer öffentlichen...

  • Fünf Wege zu mehr Flexibilität: Empfehlungen für die nachschulische Bildung

    Übergänge in Ausbildung und Studium - Wie die Politik in Zeiten des Fachkräftemangels nachschulische Bildung gestalten muss Expert*innen plädieren für mehr Flexibilität in der nachschulischen Bildung Der deutsche Arbeitsmarkt steht vor einer großen...

 

 

.