Weiterbildungsförderung in Deutschland
Eine Fachanalyse ausgewählter Instrumente
CDU, CSU und SPD haben in ihrem aktuellen Koalitionsvertrag vereinbart, gemeinsam mit Akteuren aus dem Bereich Arbeitsmarkt eine Nationale Weiterbildungsstrategie (NWS) zu entwickeln. Diese wurde im Juni 2019 veröffentlicht. Die Strategie soll Maßnahmen bündeln, um mehr Menschen die berufliche Teilhabe am digitalen Wandel zu ermöglichen. Um dieses Ziel zu erreichen, möchten die beteiligten Partner u. a. Fortbildungsabschlüsse und Weiterbildungsangebote verbessern, die Weiterbildungsberatung stärken sowie die bereits erworbenen Kompetenzen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in der beruflichen Bildung sichtbar machen. Auch erhebt die NWS den Anspruch »alle Weiterbildungsprogramme des Bundes und der Länder zu bündeln, sie entlang der Bedarfe der Beschäftigten und der Unternehmen auszurichten und eine neue Weiterbildungskultur zu etablieren«.
Das Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) hat ausgewählte Weiterbildungsprogramme analysiert und im Rahmen einer Veröffentlichung systematisch gegenübergestellt. Zentrale Empfehlung: Öffentlich finanzierte berufliche Weiterbildungsförderung sollte dort ansetzen, wo Betriebe und Beschäftigte nicht aus eigenem Interesse aktiv werden oder die Hürden so hoch sind, dass die persönliche Motivation nicht ausreicht, um Weiterbildung zu realisieren. »Dabei sind nicht nur finanzielle, sondern auch zeitliche Hürden zu senken«, erläutert Dr. Iris Pfeiffer, Autorin der Studie und f-bb-Geschäftsführerin. »Die meisten bereits bestehenden Fördermöglichkeiten wie Bildungsgutscheine, Aufstiegs-BAföG und eine Förderung nach dem Qualifizierungschancengesetz reduzieren nur die direkten Kosten von Weiterbildung. Freizeitverlust und Konflikte mit Familienaufgaben stellen aber mindestens ebenso hohe Hindernisse dar«. Daran würde zwar die Bildungszeit ansetzen – diese sei aber nicht in allen Bundesländern verfügbar und werde dort, wo sie existiert, nur wenig genutzt. Kaum adressiert werden eher bildungsferne Zielgruppen. Hürden der Weiterbildungsteilnahme wie Lernentwöhnung, geringe Lernmotivation und Prüfungsangst werden von den untersuchten Programmen der Weiterbildungsförderung nicht aufgegriffen.
Die Publikation enthält darüber hinaus Vorschläge für die weitere Verbesserung der öffentlichen Weiterbildungsförderung. Statt neue Programme zu schaffen, sollte versucht werden, die Bekanntheit bestehender Angebote zu steigern. »Die bessere Bekanntheit führt in der Regel zu einer höheren Inanspruchnahme. Dies zeigt auch die Erfahrung mit der Umsetzung der Bildungsprämie: Je mehr Aktivitäten im Bereich Öffentlichkeitsarbeit durchgeführt wurden, desto höher die Nachfrage«, erklärt Pfeiffer. Auch sollte der Antragsaufwand bei bestehenden Programmen reduziert und entsprechende Verfahren optimiert werden. Potenziale liegen in der weiteren Digitalisierung des Antragswesens; auch eine zentrale Antragsstelle für Förderprogramme – sofern etabliert – kann die Auffindbarkeit von Informationen und die Ansprache Interessierter erleichtern. Außerdem ist darauf zu achten, dass der Aufwand für die Beantragung bei demjenigen liegt, der von der Förderung profitiert: »Wenn vom Bildungsurlaub vor allem der Beschäftigte profitiert und nicht das Unternehmen, sollte der Verwaltungsaufwand für die Unternehmen so gering wie möglich sein«. Von der Einführung neuer Programme rät Pfeiffer eher ab: »Das Spektrum ist schon vielfältig und ein Ausbau nur für spezifische Zielgruppen oder Qualifizierungsziele sinnvoll. Allenfalls für geringqualifizierte Beschäftigte sollte man über zusätzliche Angebote nachdenken, die die Bedürfnisse dieser Personengruppe besser abdecken«.
VERWEISE