Projekt »Zukunftszentren« unterstützt Weiterbildung in ostdeutschen KMUs
Die voranschreitende Digitalisierung und der zunehmend spürbare demografische Wandel prägen die Arbeitswelt gravierend. Alle Branchen sind von diesen Prozessen betroffen - Anforderungen und Tätigkeitsprofile zahlloser Berufe verändern sich.
Im Herbst 2019 gingen die »Regionalen Zukunftszentren« in den ostdeutschen Ländern an den Start, um besonders kleine und mittlere Unternehmen (KMU) bei der Bewältigung dieser demografischen und digitalen Transformation zu unterstützen.
Das Jahr 2020 hat mit den pandemiebedingten Umbrüchen die Notwendigkeit digitaler Arbeitsprozesse noch einmal wesentlich verdeutlicht. Umso wichtiger sind die Entwicklung und Erprobung innovativer Konzepte zur Weiterbildung in Betrieben, mit denen der Wandel der Arbeit in Unternehmen und Belegschaften zukunftsfähig begleitet werden kann.
Hierbei sind die Zukunftszentren Anlaufstellen für KMU in der Region: Sie ermitteln Bedarfe, begleiten betriebliche Prozesse und holen die Unternehmen dort ab, wo sie stehen - um diese so zu befähigen, den Wandel der Arbeitswelt aktiv zu gestalten. Dies geschieht insbesondere mit passgenauen Qualifizierungsangeboten zur Stärkung der Selbstlern- und Gestaltungskompetenz der KMU und ihrer Beschäftigten. Zu diesem Zweck entwickeln und erproben die Zukunftszentren unter anderem innovative Lehr-Lernkonzepte (iLLK).
Die Zukunftszentren sind vor Ort gut vernetzt und mit der nötigen Expertise ausgestattet, um bezogen auf das jeweilige Bundesland Unternehmen und Belegschaften zu beraten und gemeinsam mit ihnen konkrete, auf die Regionen und Branchen zugeschnittene Lösungen zu entwickeln.
Wie die Unterstützung für KMU etwa im Handwerk aussehen kann, zeigt ein Beispiel aus Sachsen:
Die Tischlerei Pohl aus Ebersbach Neugersdorf, ein familiengeführter Betrieb mit acht Mitarbeitenden, trat mit dem Wunsch nach einer Beratung an das Zukunftszentrum Sachsen heran. Frank Pohl, Inhaber der Tischlerei in dritter Generation, wünschte sich übersichtlichere Arbeitsprozesse, die den Beschäftigten eine flexible Gestaltung ihres Arbeitstages erlauben. Bei mehr als 300 Aufträgen pro Jahr ist ein fortlaufender Informationsaustausch notwendig, um eine selbstständige Arbeitsweise der Beschäftigten im Betrieb zu garantieren. Zuvor gestaltete sich der Ablauf oft zeitintensiv, fehleranfällig und kompliziert.
Marie Preußger vom Zukunftszentrum Sachsen analysierte im Rahmen der Beratung in einem ersten Termin mit der Geschäftsführung detailliert die geschäftlichen Prozesse und besprach anschließend mit Herrn Pohl mögliche Verbesserungen. Daraus ergaben sich mehrere Handlungsschwerpunkte.
Im nächsten Schritt wurden die Beschäftigten einbezogen. »Ihre Wünsche, Ideen und eventuellen Verbesserungsvorschläge finden auf diese Weise Gehör«, so Marie Preußger. In der Regel werden zwei bis drei Workshops gemeinsam mit den Beteiligten im Betrieb umgesetzt. Im ersten gemeinsamen Workshop werden grundlegende Fragen geklärt: Welche Ziele verfolgen wir und welche Werte sind wichtig? Was funktioniert heute gut und soll unbedingt beibehalten werden? Der zweite und dritte Workshop widmet sich, mit zeitlichem Abstand, der gemeinsamen Erarbeitung von Lösungen und deren Erprobung.
Doch mit der Beratung allein ist es nicht getan: Der gemeinsame Prozess habe das Engagement der Beschäftigten gestärkt, resümiert Herr Pohl. Die weitere Beteiligung des gesamten Teams ist auch weiterhin wichtig, um die Akzeptanz der geänderten Prozesse seitens der Mitarbeitenden gleichbleibend hoch zu halten.
Dieses Beispiel zeigt, auf welche Weise die Zukunftszentren gezielt KMU und ihre Beschäftigten bei der Bewältigung des demografischen und digitalen Wandels unterstützen. Kern des Anliegens ist es vor allem, die tiefgreifenden Transformationsprozesse sozial zu gestalten: Die Beteiligung und persönliche Entwicklung der Mitarbeitenden sind für die Zukunftszentren von zentraler Bedeutung. So kann »Gute Arbeit« in der und durch die Digitalisierung gesichert werden.
Über das ESF-Programm »Zukunftszentren«
Mit dem Förderprogramm im Rahmen des Europäischen Sozialfonds (ESF) zur Schaffung Regionaler Zukunftszentren legt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) den Fokus darauf, innovative Konzepte zur Weiterbildung im Betrieb zu entwickeln und zu erproben. Dabei ist es Ziel, die Selbstlern- und Gestaltungskompetenz der Unternehmen und Beschäftigten zu fördern.
In diesem Prozess steht das übergeordnete Zentrum digitale Arbeit (ZdA) mit Sitz in Eilenburg als Think Tank an der Schnittstelle zwischen dem BMAS und den Regionalen Zukunftszentren, wobei es Erfahrungs- und Forschungswissen bündelt und für den bundesweiten Wissenstransfer aufbereitet.
Um die Gestaltungskompetenz von Solo-Selbstständigen im digitalen Wandel zu stärken, wurde ein Haus der Selbstständigen (HdS) etabliert. Es unterstützt die Gründung von Interessenvertretungen und fördert selbstregulierende Verfahren, die geeignet sind, Vergütungssituation und Arbeitsbedingungen von Solo-Selbstständigen und Plattformbeschäftigten zu verbessern.
Hintergrund
Finanziert wird das Programm aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.
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