Pandemieauswirkungen: Aufholprogramm für Kinder und Jugendliche
Inanspruchnahme der Leistungen im Bildungs- und Teilhabepaket
Das Aktionsprogramm »Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche für die Jahre 2021 und 2022« ist ein Thema der Antwort der Bundesregierung auf eine kleine parlamentarische Anfrage. Danach hat die Bundesregierung am 5. Mai 2021 die gemeinsam vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend verantworteten Maßnahmen für dieses »Aufholprogramm« in Höhe von zwei Milliarden Euro beschlossen. Ziel sei es, zu verhindern, »dass die Covid-19-Pandemie zu einer Krise für die Zukunft von Kindern und Jugendlichen wird«.
Unter Nutzung bereits vorhandener Strukturen sollen der Antwort zufolge Angebote geschaffen werden, die schnell bei den Kindern, Jugendlichen und Familien ankommen. Deshalb erhielten die für den schulischen Bildungsbereich allein zuständigen Länder im Rahmen der vertikalen Umsatzsteuerverteilung eine Milliarde Euro, um pandemie-bedingte Lernrückstände durch zusätzliche Förderangebote für Schüler aufzuholen. Damit sollten sie schulformunabhängig und trägerneutral im Schwerpunkt Sommercamps und Lernwerkstätten in den Sommerferien durchführen sowie mit Beginn des neuen Schuljahres unterrichtsbegleitende Fördermaßnahmen in den Kernfächern.
Neben diesen strukturellen Maßnahmen wurde im Rahmen des Aktionsprogramms laut Vorlage unter anderem beschlossen, den Zugang zur Bildungs- und Teilhabeleistung »Lernförderung« zu erleichtern, indem hierfür in bestimmten Rechtskreisen befristet auf einen gesonderten Antrag verzichtet wird. Hierdurch könne die zuständige Behörde, falls die gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, nachträglich Leistungen für schon genutzte Nachhilfe erbringen. Die Einführung der »antraglosen« Lernförderung sei durch das Kitafinanzhilfenänderungsgesetz vom 25. Juni 2021 erfolgt.
Hintergrund
Bei den Bildungs- und Teilhabeleistungen (im Folgenden auch: Bildungspaket) handelt es sich um verfassungsrechtlich gebotene Fürsorgeleistungen als Teil der Sicherung des Existenzminimums für hilfebedürftige Kinder und Kinder aus Familien mit geringem Einkommen. Auch Jugendliche und junge Erwachsene sind einbezogen. Soweit die gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen im jeweiligen Einzelfall erfüllt sind, unterstützt das Bildungspaket grundsätzlich Folgendes: ein- und mehrtägige Ausflüge mit Schule, Kita oder Kindertagespflege; die Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf (derzeit 154,50 Euro pro Schuljahr – sog. Schulbedarfspaket); Schülerbeförderung; Lernförderung; gemeinschaftliche Mittagsverpflegung in Schule, Kita und Kindertagespflege sowie die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft (z.B. Mitgliedschaft im Sportverein, Teilnahme an Musikschulkursen). Der Teilhabebedarf wird bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres berücksichtigt, die Bildungsbedarfe bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres.
Bildungs- und Teilhabeleistungen gibt es insbesondere in folgenden Rechtskreisen: Grundsicherung für Arbeitsuchende (Zweites Buch Sozialgesetzbuch – SGB II), Sozialhilfe (Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch – SGB XII) und Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) sowie im Bundeskindergeldgesetz für Familien, die Kinderzuschlag und/oder Wohngeld beziehen. Der Bund ist in keinem der genannten Rechtskreise Träger des Bildungspakets, sondern überwiegend die Kreise, kreisfreien Städte oder gegebenenfalls kreisangehörigen Gemeinden (kommunale Ebene). Dies gilt ebenfalls in Jobcentern, die in Form einer gemeinsamen Einrichtung des jeweiligen kommunalen Trägers und der Bundesagentur für Arbeit organisiert sind. Auch bei dieser Form der Aufgabenwahrnehmung bleibt die Verantwortung für kommunale Leistungen (wie z.B. Bildungs- und Teilhabeleistungen) in den Händen des jeweiligen kommunalen Trägers vor Ort.
Es handelt sich somit im Regelfall um eine kommunale Leistung, über die die Länder die Aufsicht ausüben. Folglich ist deren Umsetzung nicht Aufgabe des Bundes. Zur Umsetzung des Bildungspakets gehören die Auslegung der entsprechenden Normen (z.B. durch Weisungen) sowie die Anforderungen an Konkretisierung und Nachweis des Bildungs- und Teilhabebedarfs (z.B. durch Angaben in Formularen).
Der Bund hat somit nur im Rahmen der Gesetzgebung Einflussmöglichkeiten auf die Inanspruchnahme des Bildungspakets. Daher hat die Bundesregierung hierzu in dieser Legislaturperiode mehrere Gesetzesinitiativen angestoßen. Um bürokratische Hindernisse zu beseitigen und die Inanspruchnahme zu fördern, wird seit dem In-Kraft-Treten des Starke-Familien-Gesetzes aus dem Jahr 2019 im SGB II, SGB XII, AsylbLG und Bundes-versorgungsgesetz weitgehend auf eine gesonderte Antragstellung für die Bildungs- und Teilhabeleistungen verzichtet.
Durch das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Finanzhilfen des Bundes zum Ausbau der Tagesbetreuung für Kinder und zur Änderung weiterer Gesetze (Kitafinanzhilfenänderungsgesetz – KitaFinHÄndG) vom 25. Juni 2021 wird in den genannten Rechtskreisen seit dem 1. Juli 2021 auch bei der Lernförderung – befristet bis Ende 2023 – auf einen gesonderten Antrag verzichtet (hierzu ist ein Monitoring vorgesehen). Leistungen des Bildungspakets gelten somit als stillschweigend mitbeantragt, wenn die sonstigen Leistungen beantragt werden (z.B. Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld).
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