Österreich: Lebensbegleitendes Lernen wichtiger denn je

(Geschätzte Lesezeit: 3 - 5 Minuten)
WKO

Covid19-Pandemie hat digitale Lernformate in der beruflichen Weiterbildung nachhaltig beflügelt  

Österreichs Unternehmen blicken der wirtschaftlichen Situation mit wesentlich mehr Zuversicht entgegen als noch vor einem Jahr. Gleichzeitig hält die vielfach veränderte Arbeitswelt neue Herausforderungen bereit. Die Pandemie hat eine schlagartige Beschleunigung der digitalen Kommunikations- und Kollaborationsformen mit sich gebracht, was unser Berufsleben nachhaltig umgestaltet.

Digitale Kompetenzen und Anpassungsfähigkeit sind als neue Schlüsselkompetenzen höchst gefragt. Dass das lebensbegleitende Lernen für den beruflichen Erfolg unabdingbar ist, um mit den immer kürzeren Innovationszyklen Schritt zu halten, ist in der Gesellschaft eindeutig angekommen. Das belegt die repräsentative IMAS-Umfrage »Weiterbildungsbarometer 2021« im Auftrag des WIFI der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ).

Homeoffice, virtuelle Meetings und Online-Weiterbildungen sind innerhalb kürzester Zeit neue Normalität geworden. Dementsprechend sind das technische Wissen um den Arbeitsplatz und der Umgang mit digitalen Ressourcen laut aktueller IMAS-Umfrage für zwei Drittel der österreichischen Unternehmen wichtig, wenn es um ihre Mitarbeiter*innen geht. »Um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben und den Wirtschaftsstandort Österreich nachhaltig zu sichern, brauchen heimische Unternehmen jetzt Fachkräfte, die mit den vielgestaltigen Innovationen des Berufslebens nicht nur Schritt halten können, sondern ihr Wissen und ihre Fachkenntnisse aktiv und beständig auf den neusten Stand bringen. Innovationsfreudige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die selbstständig Lösungen für Probleme suchen, sind bei den Betrieben heute hoch im Kurs«, ist Markus Raml (WIFI) überzeugt und betont: »Das berufsbegleitende Lernen ist längst zum ausschlaggebenden Erfolgsfaktor für individuelle Karrierewege geworden!«.


Neue Schlüsselkompetenzen gefragt

Corona hat dazu geführt, dass Eigenschaften wie Anpassungsfähigkeit, Einsatzbereitschaft und Durchhaltevermögen im Berufsleben wesentlich mehr Bedeutung zukommen. Das Weiterbildungsbarometer 2021 zeigt, dass angesichts des Digitalisierungsbooms ein Bedeutungstransfer der Schlüsselkompetenzen stattgefunden hat. Für 65% der Unternehmen sind digitale Kompetenzen unter ihren Erwerbstätigen wichtiger geworden. 63% führen Anpassungsfähigkeit, 59% Organisationstalent als gegenwärtig sehr gefragte Eigenschaften an. Auf Rekordniveau liegt laut Studie der Stellenwert beruflicher Weiterbildung: Rund 90% der Betriebe erachten es als wichtig, dass sich ihre Mitarbeiter*innen aktuell weiterbilden. Ebenso viele geben an, aktiv Fortbildungen anzubieten − um 14% mehr als im Vorjahr.


Arbeitswelt verändert sich rasant

Nicht nur die Unternehmer*innen, auch die Erwerbstätigen schätzen die Bedeutung des lebensbegleitenden Lernens höher denn je ein − insbesondere in der Krise: Vier von fünf Befragten erachten Weiterbildungen gerade während der Pandemie als wichtig.

»Ob technologie- oder pandemiegetrieben: Die Arbeitswelt verändert sich rasant. Darauf müssen wir vorbereitet sein und die richtigen Antworten finden. Bei unseren jungen Fachkräften, in der dualen Ausbildung und mit einem lebenslangen Lernen über das gesamte Erwerbsleben hinweg. Somit ist es erfreulich, wenn laut Weiterbildungsbarometer lebenslanges Lernen für 86 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher hohen Stellenwert (»sehr oder einigermaßen wichtig«) besitzt. Das ist eine ausgezeichnete Ausgangsbasis«, kommentiert Mariana Kühnel (WKÖ). Wenn Österreich als Standort international wettbewerbsfähig bleiben und sein Wohlstandsniveau halten will, ist die berufsbegleitende laufende Weiterbildung das Gebot der Stunde. Anreize wie eine ausgeweitete steuerliche Absetzbarkeit für alle berufsbezogenen Weiterbildungen oder eine Bildungsprämie für Unternehmen wären deshalb wichtig. »Für den Standort Österreich ist das auch deshalb von Bedeutung, weil 75 Prozent der Unternehmen unter Fachkräftemangel leiden. Das bedeutet, dass gut ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fehlen«, so Kühnel.


Digitales Lernen für digitale Arbeitswelt

»Zukunftsorientierte Angebote zur beruflichen Weiterbildung müssen den rasanten Veränderungen in der Arbeitswelt Rechnung tragen. Unter dieser Prämisse kommen die WIFIs der neuen Normalität mit einer maßgeschneiderten Digitalisierungsstrategie punktgenau entgegen«, betont Tatjana Baborek, Institutsleiterin WIFI Österreich, und führt aus: »Eines lässt sich nach den jüngsten IMAS-Umfragen mit Gewissheit sagen: Die Online-Lehre und die damit verbundenen flexiblen Lernformate sind gekommen, um zu bleiben. Wie die aktuellen Zahlen zeigen, sind etwa 50% der Erwerbstätigen bereit, digitale Lernplattformen zu nutzen, Unternehmer*innen schätzen das Potential noch höher ein (60%). Besonders die Blended Learning-Variante, die das Beste aus Präsenz- und Online-Lernen im Sinne der individuellen Bedürfnisse miteinander verbindet, erfreut sich immer größeren Zuspruchs.« Laut des Weiterbildungsbarometers 2021 wünschen sich Berufstätige bei Weiterbildungen eine Aufteilung von 43% Online und 57% Präsenz. Auf Unternehmens- wie auch Erwerbstätigenseite spricht vor allem die wegfallende Anreise stark für die Nutzung digitaler Bildungsangebote. Sieben von zehn Befragten empfinden diese gleichzeitig als besonders anstrengend, was kleinere Lehreinheiten erforderlich macht. Für die Mitarbeiter*innen ist auch der Sicherheitsfaktor in puncto Ansteckungsgefahr ein zentrales Argument für Online-Kurse.


Beweggründe für lebensbegleitendes Lernen

Die aktuelle IMAS-Umfrage macht deutlich, dass die Zufriedenheit mit dem eigenen Wissensstand zunehmend kritisch reflektiert und mit gewissen Vorbehalten betrachtet wird. Seit 2015 hat der Wunsch, die berufliche Fachkompetenz zu erweitern, um 13% zugelegt und ist mittlerweile Motiv Nummer Eins für eine Berufsweiterbildung. Aber auch das persönliche Interesse, eine Anordnung durch die Geschäftsführung und die Erfordernisse des Berufes selbst sind führende Beweggründe für Erwerbstätige. Als Gegenargumente geben die Befragten vor allem an, bislang keine Notwendigkeit für eine Fortbildung gehabt zu haben, gefolgt von der Ansicht, dass es für die Karriereentwicklung nicht hilfreich sei. Bei den derzeit wichtigsten Weiterbildungsthemen wird vor allem den Bereichen Gesundheit, Qualitätsmanagement, Rhetorik/Präsentation/Verkaufsberatung, IT/Technik sowie Buchhaltung/Kostenrechnung/Rechnungswesen großes Interesse entgegengebracht.


Hintergrund

Die WIFIs, die Wirtschaftsförderungsinstitute der Wirtschaftskammern, sind mit einem Marktanteil von rund 20 Prozent der größte Anbieter für berufliche Aus- und Weiterbildung in Österreich.

 

  LINKS  

 

Weiterbildungsmentoring: Schlüssel zur Stärkung der Weiterbildungskultur
Qualifizierung von Weiterbildungsmentorinnen und –mentoren Mehr als 460 Weiterbildungsmentor*innen engagieren sich bundesweit in rund 170 Unternehmen und Verwaltungen. Sie unterstützen insbesondere Geringqualifizierte und Menschen mit negativen...
20 Prozent der Unternehmen in Österreich nutzen bereits künstliche Intelligenz
Künstliche Intelligenz (KI): Nutzung in Unternehmen innerhalb eines Jahres fast verdoppelt Laut aktuellen Daten der Statistik Austria setzt 2024 bereits jedes fünfte Unternehmen KI-Technologien ein, 2023 war es erst jedes zehnte. Getrieben wird...
Weiterbildungsprämien ohne großen Einfluss auf Teilnehmerzahlen
Entwicklung der Zugangszahlen von Arbeitslosen in abschlussorientierte geförderte Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung Die Bundesregierung hat detaillierte Daten zur Entwicklung der Eintritte von Arbeitslosen in geförderte abschlussorientierte...

Die fünf meistgelesenen Artikel der letzten 30 Tage in dieser Kategorie.

 

  • »Mein Bildungsraum« in der Kritik

    Kurzbesprechung des Artikels »Digitalisierung: Großprojekt des Bundes "Mein Bildungsraum" in der Kritik« von Dorothee Wiegand Der Artikel von Dorothee Wiegand (veröffentlicht auf heise.de) bietet einen umfassenden Überblick zum BMBF-Projekt »Mein...

  • Informatikunterricht in Deutschland: Große Fortschritte, aber noch viel zu tun

    Informatik-Monitor 2024/25: Fortschritte und Herausforderungen  Im Schuljahr 2024/25 werden fast drei Viertel aller Schülerinnen und Schüler Informatik als Pflichtfach belegen. Das geht aus dem aktuellen Informatik-Monitor 2024/25 hervor, den die...

  • Bildungsplattform »Mein NOW«: Potenzial ungenutzt

    Portal »mein NOW«: Kritik an Usability und Zielgruppenansprache Die Bildungsjournalistin Gudrun Porath hat in einer Kolumne auf Haufe.de das Online-Portal »mein NOW« kritisch beleuchtet und kommt zu dem Schluss, dass die Weiterbildungsplattform »hinter den...

  • Anhörung zum AFBG: Experten für die Förderung beruflicher Weiterbildung

    Der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf zur Änderung des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes (AFBG), der insbesondere der Stärkung der beruflichen Weiterbildung und Fachkräftesicherung dienen soll, ist bei einer öffentlichen...

  • Fünf Wege zu mehr Flexibilität: Empfehlungen für die nachschulische Bildung

    Übergänge in Ausbildung und Studium - Wie die Politik in Zeiten des Fachkräftemangels nachschulische Bildung gestalten muss Expert*innen plädieren für mehr Flexibilität in der nachschulischen Bildung Der deutsche Arbeitsmarkt steht vor einer großen...

 

 

.