Digitalpolitische Erwartungen der Bürger*innen an die Politik

(Geschätzte Lesezeit: 2 - 4 Minuten)
Initiative D21

Mehrheit will Weiterbildungen für Digitalisierung, bessere Infrastruktur und stärkeren Verbraucherschutz

Die Bürger*innen in Deutschland haben nach einer aktuellen Umfrage klare Vorstellungen zu den Prioritäten in der Digitalpolitik. Die Initiative D21 sieht die neue Bundesregierung in der Pflicht und plädiert darüber hinaus für politische Weitsicht bei den digitalen Herausforderungen der Zukunft.

Die Digitalisierung spielte für die in den Bundestag gewählten Parteien eine wichtige Rolle in ihren Wahlprogrammen. Das unterstreicht die Relevanz der Digitalisierung für Gesellschaft und Volkswirtschaft sowie den großen Handlungsbedarf. Laut einer Umfrage im Auftrag der Initiative D21 wünschen sich 60 Prozent der Bürger*innen in Deutschland, dass die Politik das Thema »Weiterbildung und Qualifizierung für die digitale Welt« priorisiert, gefolgt vom »Ausbau der digitalen Infrastruktur« mit 53 Prozent. Auf Platz drei folgt »Verbraucherschutz« mit 38 Prozent Zustimmung. Diese drei Themen sind demnach klare Priorität der Bürger*innen, es folgen mit deutlichem Abstand »Regulierung sozialer Netzwerke« (28 Prozent), »Persönlicher Zugang für alle« (25 Prozent), »digitale Nachhaltigkeit« (24 Prozent) und »digitale Gesundheitsleistungen« (24 Prozent).

Im Auftrag der Initiative D21 fragte das Meinungsforschungsinstitut Kantar bundesweit 2.064 Bürger*innen (darunter auch Offliner*innen), welche drei der folgenden digitalpolitischen Bereiche die Politik priorisieren sollte:

  • Weiterbildung und Qualifizierung für die digitale Welt: z.B. betriebliche Fortbildungen, Schul- und Hochschulbildung
  • Ausbau der digitalen Infrastruktur: z.B. im ländlichen Raum, für öffentliche Institutionen
  • Persönlicher digitaler Zugang für alle: z.B. Finanzierungshilfen für digitale Endgeräte bzw. Internet, Ausstattung von Senior*innen-/Pflegeheimen
  • Verbraucherschutz: z.B. besserer Schutz persönlicher Daten, Durchsetzung von Sicherheitsinteressen der Verbraucher*innen
  • Digitale Nachhaltigkeit: z.B. Förderung sauberer Energiequellen, nachhaltiger Materialien
  • Digitale Gesundheitsleistungen: z.B. elektronische Patientenakte, Anspruch der Versicherten auf digitale Gesundheitsanwendungen (»App auf Rezept«)
  • Regulierung sozialer Netzwerke: z.B. Strafverfolgung bei Hate Speech, Kennzeichnungspflicht für Desinformationen

 

Generationen setzen unterschiedliche digitalpolitische Prioritäten

Im Rahmen einer Kurzexpertise untersuchte die Initiative D21 Unterschiede zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen. Die persönliche Lebenssituation und die Erfahrung mit der Digitalisierung spielen bei der Bewertung digitalpolitischer Prioritäten eine entscheidende Rolle. Weiterbildung/Qualifizierung besitzen für fast alle Gruppen oberste Priorität, sie gewichten jedoch sehr unterschiedlich. Ein deutliches Muster: Jüngere und digitalaffinere Bevölkerungsgruppen sehen häufiger Befähigung (Weiterbildung/Qualifizierung) als drängendste Aufgabe, ältere Generationen priorisieren Verbraucherschutz höher.

Die Top-3 Prioritäten nach Generationen:

  • Generation bis 1945
    Weiterbildung/Qualifizierung (47 Prozent), Verbraucherschutz, (41 Prozent), Digitale Infrastruktur (34 Prozent)
  • Nachkriegsgeneration (1946 bis 1955)
    Weiterbildung/Qualifizierung (48 Prozent), digitale Infrastruktur (45 Prozent), Verbraucherschutz (33 Prozent)
  • Babyboomer (1956 bis 1965)
    Digitale Infrastruktur (62 Prozent), Weiterbildung/Qualifizierung (52 Prozent), Verbraucherschutz (46 Prozent)
  • Generation X (1966 bis 1980)
    Weiterbildung/Qualifizierung (58 Prozent), digitale Infrastruktur (54 Prozent), Verbraucherschutz (45 Prozent)
  • Generation Y/Millennials (1981 bis 1995)
    Weiterbildung/Qualifizierung (69 Prozent), digitale Infrastruktur (58 Prozent), Verbraucherschutz (34 Prozent)
  • Generation Z (1996 bis 2009)
    Weiterbildung/Qualifizierung (77 Prozent), digitale Infrastruktur (50 Prozent), Regulierung sozialer Netzwerke (32 Prozent), Verbraucherschutz liegt hier nur auf Platz sechs mit 26 Prozent.

Weitere Erkenntnisse: Für Bürger*innen mit Kindern im Haushalt sind Weiterbildung und Qualifizierung deutlich relevanter als für Bürger*innen ohne im Haushalt lebende Kinder (68 Prozent zu 56 Prozent Zustimmung). Ihnen sind auch die Themen digitale Nachhaltigkeit (29 Prozent zu 22 Prozent) und Regulierung sozialer Netzwerke (32 Prozent zu 26 Prozent) wichtiger.

Besonders schwer fällt die Beurteilung den Offliner*innen, die nicht selbst an der digitalen Welt teilhaben (rund 8,5 Millionen Menschen in Deutschland [1]). Sie sehen überdurchschnittlich oft den größten Bedarf im Verbraucherschutz (42 Prozent), ein Viertel gibt an, nicht zu wissen, welche digitalpolitischen Schwerpunkte gelegt werden sollten, bei den Onliner*innen sagen dies nur zwei Prozent.

 

Initiative D21 sieht dringende Notwendigkeit für vorausschauende Digitalpolitik

Lena-Sophie Müller, Geschäftsführerin der Initiative D21, plädiert für langfristiges und strategischeres Vorgehen der Politik: »Die Bürger*innen priorisieren verständlicherweise die digitalen Themen, die sie im Alltag direkt betreffen. Aufgabe der Politik ist es nun, nicht nur diesen Sichtraum zu gestalten, sondern strategisch nach vorne zu planen und schon heute die wichtigen digitalen Themen von morgen zu gestalten. Da die Digitalisierung als Querschnittsthema nahezu alle Bereiche der Zukunft betrifft, braucht es großes digitales Know-how in allen Ressorts. Die Politik muss dabei auch die abstrakten und komplexen digitalen Themen wie digitale Nachhaltigkeit, digitaler Staat oder digitale Gesundheitsleistungen adressieren, erklären und positiv für das Gemeinwohl gestalten.«

In einer digitalpolitischen Kurzexpertise ordnet die Initiative D21 die Ergebnisse der Erhebung anhand soziodemografischer Merkmale und Lebenshintergründe ein, unter anderem nach Generationen, Bildung, Geschlecht oder Wohnort.


Hintergrund
Die von Kantar durchgeführte Befragung erfolgte per face-to-face-Interview (CAPI) im Juni 2021 und erfasste die deutschsprachige Wohnbevölkerung ab 14 Jahren (n = 2.064).

 

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