Koalitionsvertrag: Kurzübersicht ausgewählter Bereiche

(Geschätzte Lesezeit: 3 - 5 Minuten)
Vorstellung Koalitionsvertrag 2021

Am 24.11.2021 legten SPD, BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN und FDP ihren Koalitionsvertrag für die Legislatur 2021 bis 2025 der Öffentlichkeit vor.

Die sog. Ampel-Parteien wollen ihre Koalition als »Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit« verstanden wissen und machen vor allem durch das Motto »Mehr Fortschritt wagen« neugierig.

Im Folgenden sollen einige ausgewählte Aspekte der 177-seitigen Vereinbarungen zusammengefasst werden:

Arbeit und Soziales

Die Ampel betont die Bedeutung beruflicher Bildung im Allgemeinen und der Berufsausbildung im Besonderen: Es wird eine Ausbildungsgarantie ausgesprochen, »die allen Jugendlichen einen Zugang zu einer vollqualifizierenden Berufsausbildung ermöglicht, stets vorrangig im Betrieb.« Die Allianz für Ausbildung soll fortgeführt werden.

Der gesetzliche Mindestlohn wird »in einer einmaligen Anpassung« auf zwölf Euro pro Stunde angehoben, danach soll die unabhängige Mindestlohnkommission wieder über die etwaigen weiteren Erhöhungsschritte befinden.

Für Menschen in Arbeitslosigkeit und Grundsicherung werden vollqualifizierende Ausbildungen bei der beruflichen Weiterbildung unabhängig von ihrer Dauer gefördert.

Sehr interessant ist auch diese Aussage:

Für Menschen in Arbeitslosigkeit und in der Grundsicherung weiten wir die eigenständige Förderung von Grund­kompetenzen aus und stellen klar, dass die Vermittlung in Arbeit keinen Vorrang vor einer beruflichen Aus- und Weiterbildung hat, die die Beschäftigungs­chancen stärkt.

Bei beruflicher Qualifizierung erhalten SGB II- und III-Leistungsberechtigte ein zusätzliches, monatliches Weiterbildungs­geld von 150 Euro, sodass ein wirksamer Anreiz zur Weiterbildung entsteht. Nach einer Weiterbildung soll mindestens ein Anspruch auf drei Monate Arbeitslosengeld bestehen.
(Seite 68)

Dies bedeutet eine wesentliche Aufwertung beruflicher Qualifizierung gegenüber dem Vermittlungs­anspruch.

Hartz IV wird durch ein Bürgergeld ersetzt werden. Es soll die Würde des und der Einzelnen achten, zur gesellschaftlichen Teilhabe befähigen sowie digital und unkompliziert zugänglich sein. In den ersten beiden Jahren des Bürgergeldbezuges wird die Leistung ohne Anrechnung des Vermögens gewährt und von der Angemessenheit der Wohnung ausgegangen.

Weiterbildung und Lebenslanges Lernen

Zur Unterstützung des persönlich motivierten lebensbegleitenden Lernens bauen wir das Aufstiegs-BAföG aus, öffnen den Unterhaltsbeitrag für Teilzeitfortbildungen, fördern Weiterbildungen auch auf der gleichen Stufe des Deutschen Qualifikationsrahmens und auch für eine zweite vollqualifizierte Ausbildung, erhöhen die Fördersätze und Freibeträge deutlich und schließen Förderlücken zum BAföG. Ziel ist, dass Aufstiegslehrgänge und Prüfungen mit angemessenen Preisen kostenfrei sind.
(Seite 67)

Volkshochschulen und andere gemeinnützige Bildungseinrichtungen werden bei Investitionen in digitale Infrastrukturen unterstützt. Die Anerkennung informell, non-formal oder im Ausland erworbener Kompetenzen sollen vereinfacht und beschleunigt werden.

Politische Bildung und Demokratiebildung erhalten eine besondere Erwähnung mit dem Hinweis  auf ihre weitere Stärkung entlang der Bildungskette.

In diesem Bereich nimmt der Vertrag ausdrücklichen Bezug auf die Nationale Weiterbildungs­strategie, die ausgebaut und mit der aktiven Arbeitsmarktpolitik abgestimmt werden soll.

Eine neue Bildungs(teil)zeit wird Beschäftigten unter bestimmten Bedingungen finanzielle Unterstützung für arbeitsmarktbezogene Weiterbildung bieten, z.B. für das Nachholen eines Berufsabschlusses oder eine berufliche Neuorientierung

Dabei wird auch der BA eine »stärkere Rolle« bei der Weiterqualifizierung und Beratung zugewiesen. Weiterbildungsverbünde sollen aus- und »Weiterbildungsagenturen« aufgebaut werden.

Mit dem Lebenschancen-BAföG schaffen wir ein neues Instrument für die selbstbestimmte Weiterbildung auch jenseits berufs- und abschlussbezogener Qualifikation für alle. Dazu schaffen wir eine einfache Möglichkeit zum Bildungssparen in einem Freiraumkonto. Menschen mit geringem Einkommen erhalten hierfür jährliche Zuschüsse.
(Seite 67)

Studium und Hochschulen

Das BAföG soll reformiert und dabei elternunabhängiger, Freibeträge und Altersgrenzen stark angehoben werden.

Neue Perspektiven auch für Forschung und Lehre:

Wir werden den »Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken« ab 2022 analog zum Pakt für Forschung und Innovation dynamisieren. Wir werden die Stiftung Innovation in der Hochschullehre insbesondere im Bereich digitaler Lehre weiterentwickeln. Mit einem Bundesprogramm »Digitale Hochschule« fördern wir in der Breite Konzepte für den Ausbau innovativer Lehre, Qualifizierungsmaßnahmen, digitale Infrastrukturen und Cybersicherheit.
(Seite 22).

Die Ampel will »die Vertragslaufzeiten von Promotions­stellen an die gesamte erwartbare Projekt­laufzeit knüpfen und darauf hinwirken, dass in der Wissenschaft Dauer­stellen für Dauer­aufgaben geschaffen werden«. Dazu soll das Wissenschafts­zeit­vertrags­gesetz auf Basis der im Frühjahr anstehenden Evalua­tion reformiert werden.

Der Anteil der gesamtstaatlichen Ausgaben für Forschung und Entwicklung wird auf 3,5 Prozent des BIP bis 2025 erhöht.

Bildung allgemein

Das Kapitel zur Bildungspolitik ist mit »Chancen für Kinder, starke Familien und beste Bildung ein Leben lang« überschrieben. Es sollen allen Menschen unabhängig von ihrer Herkunft beste Bildungschancen geboten, Aufstieg ermöglicht und durch inklusive Bildung gesichert werden.

Öffentliche Bildungsausgaben werden nach diesem Vertrag »deutlich gesteigert« und so gesteuert, dass sie »dauerhaft dort ankommt, wo sie am dringendsten gebraucht« wird.

Dem »Digitalpakt Schule« soll deutlich mehr Schwung verliehen werden. Sein bisher äußerst zögerlicher Mittelabruf wird beschleunigt und entbürokratisiert. Bund, Länder und Kommunen identifizieren noch im ersten Halbjahr 2022 gemeinsam Vorschläge für kurzfristige Lösungen und vereinbaren Umsetzungsschritte.

Auch die Lehrerfortbildung soll gefördert werden:

Bund und Länder richten eine gemeinsame Koordinierungsstelle Lehrkräftefortbildung ein, die bundesweit Fort- und Weiterbildungsangebote vernetzt, die Qualifikation von Schulleitungen unterstützt, den Austausch ermöglicht sowie die arbeitsteilige Erstellung von Fortbildungsmaterialien organisiert und fördert.
(Seite 96)

 

Dieser kurze zusammenfassende Überblick ausgewählter Aspekte des Koalitionsvertrages ersetzt nicht dessen vollständige Lektüre…
😉

 

 

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