Umfrage zur Schule im Wandel

(Geschätzte Lesezeit: 2 - 4 Minuten)
Lehrer vor Formeltafel

Umfrage von Stifterverband und McKinsey: Abiturienten mit Interesse am Lehramt mangelt es oft an digitalen und transformativen Fähigkeiten * Großer Bedarf an Weiterbildung bereits tätiger Lehrkräfte * Lehrerberuf muss attraktiver werden, um Top-Abiturienten für ein Studium zu gewinnen

Nur 11 Prozent der Top-Abiturienten wollen Lehrer werden - genauso viele von ihnen geben »Influencer« als Berufswunsch an.

Komplexe digitale und gesellschaftliche Herausforderungen verändern in unseren Schulen auch die Anforderungen an Lehrkräfte. Benötigt werden zunehmend nicht nur fachliche Kompetenzen, sondern auch überfachliche Kompetenzen wie personale, digitale und transformative Fähigkeiten. Eine aktuelle Umfrage unter mehr als 400 Abiturienten an deutschen Schulen zeigt jetzt: Schüler mit Interesse am Lehramt bringen – mit Ausnahme der personalen - nur selten diese Kompetenzen mit. Das Problem: Die Lehramtslaufbahn ist immer noch zu unattraktiv. Die nach Noten besten Abiturienten, die über die benötigten Kompetenzen verfügen, gehen eher in die Wirtschaft und wollen nur selten den Lehrberuf ergreifen.

Das sind zentrale Ergebnisse einer aktuellen Studie von Stifterverband und McKinsey & Company mit dem Titel »Schule im Wandel. Welche Lehrkräfte braucht das Land?«.

Der Umfrage zufolge wertschätzen zwar die Abiturienten mit den besten Noten das Lehramt am meisten, doch entscheiden sich die wenigsten von ihnen letztlich für den Beruf. »Wir brauchen aber exzellente Lehrkräfte, um alle Schüler und Schülerinnen auf die künftige Arbeits- und Lebenswelt vorzubereiten«, sagt Volker Meyer-Guckel, Generalsekretär des Stifterverbandes. Um auch die besten Abiturienten für das Lehramt zu interessieren, müsse die Lehrerlaufbahn wieder attraktiver werden. »Im Moment wollen nur 11 Prozent der Top-Abiturienten Lehrer werden. Genauso viele von ihnen geben ‘Influencer‘ als Berufswunsch an, das kann uns als Gesellschaft nicht gefallen«, so Volker Meyer-Guckel.

Geringes Interesse von Top-Schülern am Lehramt

Für das geringe Interesse der Top-Schüler am Lehramt gibt es verschiedene Gründe. Ihnen sind »Spaß an der Arbeit«, »Einkommen« und »Aufstiegsmöglichkeiten« besonders wichtig – Aspekte, die sie eher mit einer Karriere in der Wirtschaft und nur bedingt mit dem Lehrerberuf verbinden. Bedenklich auch: Lag die Abiturnote der Lehramts-Studienanfänger im Jahr 2014 noch bei 2,1 rutschte sie im Jahr 2021 auf 2,5. Meyer-Guckel: »Gute Abiturnoten allein befähigen zwar nicht zwangsläufig zum Lehrerberuf, sind aber ein guter Indikator für fachliche Versiertheit.«

Die heutigen Lehramtsanwärter bringen der Umfrage zufolge aber gute personale Kompetenzen mit. Sie zählen sehr häufig Empathie und den Umgang mit jungen Menschen zu ihren besonderen Stärken. Großen Nachholbedarf gibt es allerdings bei den digitalen Kompetenzen. Zwar zählt noch jeder vierte Befragte diese zu seinen besonderen Stärken, aber nur jeder Achte hat großen Spaß daran, sich mit Technologien auseinanderzusetzen. Noch seltener genannt werden transformative Kompetenzen, also Schlüsselkompetenzen, die für die Bewältigung von gesellschaftlichen Herausforderungen benötigt werden. Für den Lehrerberuf bedeutet dies beispielsweise in der Lage zu sein, Schulen zu digitalen und zu nachhaltigen Institutionen weiterzuentwickeln. Dafür werden Veränderungsbereitschaft und Innovationsstärke benötigt. Aber nur 10 bis 13 Prozent der Befragten zählen die für den Modernisierungsprozess notwendige Resilienz gegenüber Rückschlägen oder auch das Sprechen vor größeren Gruppen zu ihren besonderen Stärken.

Mehr Entscheidungshoheit für die Schulen

Bei der Transformation zur »Schule der Zukunft« benötigen die Einrichtungen nach Ansicht von Stifterverband und McKinsey mehr Entscheidungshoheit bei Personalentscheidungen und flexiblere Zugangskriterien in den Lehrerberuf. Ebenfalls notwendig: Ausbildende Universitäten sollten verstärkt digitale Kompetenzen vermitteln. Grundsätzlich müsse der Lehrerberuf aber auch durch bessere Aufstiegsmöglichkeiten attraktiver werden, um noch mehr gute Schüler für ein Studium zu gewinnen. Gleichzeitig müssen für Schulen Standards zur technischen Ausrüstung durch die Länder festgelegt werden. Der Lehrerberuf würde von einer Öffnung für Quereinsteiger aber auch von einem systematischem Qualifizierungssystem profitieren sowie durch die Möglichkeit für ein Jahr Arbeitserfahrungen in anderen Systemen und Bereichen sammeln zu können.

 

 

KI-Qualifizierungslücke in deutschen Unternehmen - Digitale Kompetenzen ausbaufähig
Deutsche Arbeitnehmende wollen KI nutzen und mehr über die Technologie wissen. Doch im Geschlechter- und Generationenvergleich werden Beschäftigte in Unternehmen ungleich gefördert. Unternehmen müssen KI-Kompetenzen fördern, um Potenziale zu...
ICILS 2023: Internationale Vergleichsstudie zu digitalen Kompetenzen von Schüler*innen
Digitale Kompetenzen sind für junge Menschen heute wichtiger denn je. Vor diesem Hintergrund zeigt die internationale Vergleichsstudie »International Computer and Information Literacy Study 2023« (ICILS 2023), wie es um die Kompetenzen von...
Informatikunterricht in Deutschland: Große Fortschritte, aber noch viel zu tun
Informatik-Monitor 2024/25: Fortschritte und Herausforderungen  Im Schuljahr 2024/25 werden fast drei Viertel aller Schülerinnen und Schüler Informatik als Pflichtfach belegen. Das geht aus dem aktuellen Informatik-Monitor 2024/25 hervor,...

Die fünf meistgelesenen Artikel der letzten 30 Tage in dieser Kategorie.

 

  • »Mein Bildungsraum« in der Kritik

    Kurzbesprechung des Artikels »Digitalisierung: Großprojekt des Bundes "Mein Bildungsraum" in der Kritik« von Dorothee Wiegand Der Artikel von Dorothee Wiegand (veröffentlicht auf heise.de) bietet einen umfassenden Überblick zum BMBF-Projekt »Mein...

  • Informatikunterricht in Deutschland: Große Fortschritte, aber noch viel zu tun

    Informatik-Monitor 2024/25: Fortschritte und Herausforderungen  Im Schuljahr 2024/25 werden fast drei Viertel aller Schülerinnen und Schüler Informatik als Pflichtfach belegen. Das geht aus dem aktuellen Informatik-Monitor 2024/25 hervor, den die...

  • Bildungsplattform »Mein NOW«: Potenzial ungenutzt

    Portal »mein NOW«: Kritik an Usability und Zielgruppenansprache Die Bildungsjournalistin Gudrun Porath hat in einer Kolumne auf Haufe.de das Online-Portal »mein NOW« kritisch beleuchtet und kommt zu dem Schluss, dass die Weiterbildungsplattform »hinter den...

  • Anhörung zum AFBG: Experten für die Förderung beruflicher Weiterbildung

    Der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf zur Änderung des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes (AFBG), der insbesondere der Stärkung der beruflichen Weiterbildung und Fachkräftesicherung dienen soll, ist bei einer öffentlichen...

  • Fünf Wege zu mehr Flexibilität: Empfehlungen für die nachschulische Bildung

    Übergänge in Ausbildung und Studium - Wie die Politik in Zeiten des Fachkräftemangels nachschulische Bildung gestalten muss Expert*innen plädieren für mehr Flexibilität in der nachschulischen Bildung Der deutsche Arbeitsmarkt steht vor einer großen...

 

 

.