15. Volkshochschultag: Weiterbildung für eine Welt im Wandel
Volkshochschulen suchen Schulterschluss mit Ländern und Kommunen gegen steuerliche Belastung der Weiterbildung
Mit starken Statements gegen eine Umsatzsteuer auf vhs-Kurse hat gestern der 15. Volkshochschultag in Leipzig begonnen. Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung erntete großen Beifall für seinen deutlichen Appell: »Selbstverständlich müssen Bildungsleistungen der Volkshochschulen weiterhin befreit sein von der Umsatzsteuer!«
Den rund 1.000 Teilnehmenden aus 300 Volkshochschulen und 16 vhs-Landesverbänden sprach er damit aus der Seele. Denn die Frage, inwieweit die Umsatzsteuerpflicht für Kommunen zumindest Teile des vhs-Angebots umfasst, sorgt derzeit vielerorts für Unklarheiten und Unruhe. Der Gesetzgeber müsse hier schnell für Klarheit sorgen, sagte der Leipziger Oberbürgermeister, der gleichzeitig Vizepräsident des Deutschen Städtetags ist.
Vorträge, Kurse und andere Veranstaltungen wissenschaftlicher und belehrender Art sind bisher laut Gesetz von der Umsatzsteuer befreit. Doch in vielen Kommunalverwaltungen herrscht aktuell Unsicherheit, ob dies für das gesamte Angebot der mittelbar oder unmittelbar kommunalen Volkshochschulen gilt oder ob Teile des Angebots von den Finanzbehörden als umsatzsteuerpflichtig bewertet werden könnten.
Die Präsidentin des Deutschen Volkshochschul-Verbands (DVV), Annegret Kramp-Karrenbauer, kündigte an, der vhs-Dachverband werde sich im Dialog mit der Politik auf Bundesebene für gesetzliche Klarstellung einsetzen. Man berufe sich dabei auf die Zusicherung im Koalitionsvertrag, wonach die Bundesregierung die Umsatzsteuerbefreiung für gemeinwohlorientierte Bildungsdienstleistungen europarechtskonform beibehalten wolle. Stellvertretend für die Ebene der Länder und der Kommunen, wandte sich die DVV-Präsidentin an den sächsischen Ministerpräsidenten und an Leipzigs Oberbürgermeister: »Bitte ermutigen Sie die Kommunen und die Länder, das bestehende Gesetz so vhs-freundlich wie möglich auszulegen.«
Lerninteressen von Menschen als Zeitvertreib und Freizeitzeitvergnügen abzuqualifizieren, nannte Kramp-Karrenbauer despektierlich und unangemessen. »Angesichts so vieler Engstirniger, die denken, sie bräuchten nichts mehr dazuzulernen, bin ich dankbar für jeden Menschen, der seinen Horizont erweitern möchte.«
Beim europaweit größten Weiterbildungskongress geht es gestern und heute um die Frage, wie lebenslanges Lernen wirksam zum Zusammenhalt in einer vielfältigen Gesellschaft, zur digitalen Teilhabe der breiten Bevölkerung und zu einem starken Bewusstsein für Nachhaltigkeit beitragen kann. Die vhs-Community sucht dazu das Gespräch mit hochrangigen Vertreter*innen der Politik in Bund, Ländern und Kommunen sowie den Austausch mit Expert*innen aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würdigte in seiner Videoansprache die Volkshochschulen als »starke Partner, wenn es darum geht, dem lebenslangen Lernen vielfältige Räume zu geben«. Volkshochschulen vermittelten Fähigkeiten und erweiterten Horizonte: »Die Volkshochschulen leisten mit ihren Angeboten einen wichtigen Beitrag, Wissen zu erwerben und Orientierung zu erleichtern. Mit ihren Programmen geben sie den Menschen einen Raum, sich zu den wichtigen aktuellen Themen der Gegenwart nicht nur informieren, sondern vor allem auch austauschen zu können«, sagte der Bundespräsident.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer, der auch Präsident des sächsischen vhs-Landesverbandes ist, sagte in seinem Grußwort zur Eröffnung: »Die Volkshochschulen sind ein starkes und wichtiges Angebot bei uns im Land. Sie sind ein Ort der Wissensvermittlung, ein Forum der Weiterbildung und des Austauschs bis ins hohe Alter. Die vielen Angebote helfen dabei, Kompetenzen zu erwerben, gerade auch in schwierigen Zeiten Dinge zu verstehen und zu hinterfragen und eigene Sichtweisen auf den Prüfstand zu stellen.«
Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung erinnerte an die Ursprünge der Volksbildung in der Weimarer Republik. »Getreu dem ursprünglichen aufklärerischen Gedanken sind die Volkshochschulen weiterhin ganz dem Menschen verpflichtet. Sie stehen für Menschenwürde, Chancengleichheit und Gerechtigkeit - auch und besonders durch Bildung. Denn Bildung ist der Schlüssel zur Welt, sie öffnet Türen, schafft Selbstbewusstsein und ermöglicht Selbstbestimmung«, führte der Oberbürgermeister aus. Er hob die Bedeutung der Volkshochschulen für die Bewältigung globaler Transformationsprozesse hervor: »Das Verständnis für Veränderungen ist die Voraussetzung für Verhaltensänderungen. Urteilsfähigkeit und Handlungskompetenz wollen herausgebildet werden.«
Neben dem politischen Dialog geht es beim Volkshochschultag auch um Konzepte für ein zukunftsweisendes Weiterbildungsangebot, das Menschen darin unterstützt, die vielfältigen Herausforderungen zu bestehen. Der DVV-Vorsitzende Martin Rabanus fasste die Forderungen der Volkshochschulen an die Politik zusammen, darunter die nach einer Bund-Länder-Initiative für digitale Weiterbildung.
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