OECD veröffentlicht Bericht »Bildung auf einen Blick 2022«
Der jährlich erscheinende Bildungsbericht »Bildung auf einen Blick« zeigt für OECD- und andere Länder auf, wer an Bildung teilnimmt, was für Bildung ausgegeben wird, wie die Bildungssysteme funktionieren und welche Ergebnisse erzielt werden.
In Deutschland nahm der Anteil der 25- bis 34-Jährigen mit Tertiärabschluss zwischen 2000 und 2021 um 14 Prozent zu.
Die Studie stellt in dieser Ausgabe die tertiäre Bildung in den Fokus und wertet hierzu ein breites Spektrum von Indikatoren aus, das von Vergleichen der Schülerleistungen in wichtigen Kompetenzbereichen bis zu den Auswirkungen der Bildung auf Verdienstniveau und Beschäftigungschancen reicht.
In mehreren Kapiteln werden beispielsweise Fragestellungen nach dem Bildungsstand Erwachsener ebenso nachgegangen wie nach dem Zusammenhang von Bildungsstand und Erwerbsbeteiligung. Auch der These, durch Bildung könnten Einkommensvorteile entstehen, wird ein Kapitel gewidmet, ergänzt durch die Frage, welche gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen sich aus verschiedenen Bildungsverläufen und -abschlüssen ergeben können.
Im tertiären Bereich spielt die Weiterbildung eine herausragende Rolle. Der Bericht untersucht Entwicklungstendenzen und die Erfolgsquoten bei der Teilnahme an formaler und/oder nichtformaler Weiterbildung und an der Hochschulbildung.
Weitere Kapitel befassen sich mit der Bildungsfinanzierung und den Lehrkräften im Bildungsbereich.
Ausgewählte Ergebnisse für Deutschland im Vergleich zu den übrigen OECD-Ländern
Zentrale Ergebnisse
- In den letzten zwanzig Jahren hat die Tertiärbildung in den meisten OECD-Ländern stark zugenommen.
In Deutschland stieg der Anteil der 25- bis 34-Jährigen mit Tertiärabschluss zwischen 2000 und 2021 um 14 Prozentpunkte.
Dies ist zwar ein beträchtlicher Anstieg, bleibt jedoch deutlich unter dem OECD-Durchschnitt, der bei 21 Prozentpunkten liegt. - Die niedrige Tertiärabschlussquote in Deutschland ist zum Teil auf das leistungsstarke Berufsbildungssystem zurückzuführen, das mehr berufliche Möglichkeiten eröffnet als die Systeme vieler anderer OECD-Länder.
Dies ist mit ein Grund für die besonders niedrige Arbeitslosenquote von Arbeitskräften mit einem Abschluss des Sekundarbereichs II oder des postsekundären nichttertiären Bereichs (3,0 % gegenüber 6,5 % im OECD-Durchschnitt) und deren Verdienstvorsprüngen im Vergleich zu Arbeitskräften ohne Sekundarbereich-II-Abschluss, die in Deutschland weiter über dem OECD-Durchschnitt lagen. Arbeitskräfte mit Tertiärabschluss haben jedoch immer noch einen erheblichen Verdienstvorsprung. Ganzjährig Vollzeitbeschäftigte mit einem Bachelor- oder gleichwertigen beruflichen Abschluss verdienen in Deutschland 67 % mehr als Arbeitskräfte mit einem Abschluss des Sekundarbereichs II. Dieses Verdienstgefälle ist deutlich höher als im OECD-Durchschnitt, wo es sich auf 44 % beläuft. - Die Ausgaben für den tertiären Bildungsbereich sind in Deutschland etwa so hoch wie im OECD-Durchschnitt.
Deutschland gibt 1,3 % des BIP für Bildungseinrichtungen des Tertiärbereichs aus, verglichen mit 1,5 % im OECD-Durchschnitt.
Die durchschnittlichen Studiengebühren an den öffentlichen Bildungseinrichtungen des Tertiärbereichs in Deutschland sind praktisch gleich null. Dies erleichtert zwar insbesondere Studierenden aus einkommensschwachen Haushalten den Zugang zur Tertiärbildung, führt aber nicht zu höheren Tertiärabschlussquoten als in Ländern mit hohen Studiengebühren. - Die geschlechtsspezifische Verteilung der Abschlüsse im Tertiärbereich ist in Deutschland relativ ausgewogen.
51 % der Erstabsolvent*innen sind Frauen, gegenüber 55 % im OECD-Durchschnitt. Unter den Absolvent*innen berufsbildender Bildungsgänge des Sekundarbereichs II sind Frauen mit einem Anteil von 38 % dagegen unterrepräsentiert. In einzelnen Fächergruppen fällt die geschlechtsspezifische Differenz noch wesentlich größer aus. So sind beispielsweise im Bereich Ingenieurwesen, Fertigung und Bauwesen nur 11 % der Absolvent*innen berufsbildender Bildungsgänge des Sekundarbereichs II Frauen, im Bereich Gesundheit und Soziales aber 83 %. - Viele Länder haben Schwierigkeiten, eine ausreichende Zahl qualifizierter Lehrkräfte einzustellen und zu halten.
Die Attraktivität des Lehrerberufs hängt von zahlreichen Faktoren ab. Das Gehalt und die Unterrichtsverpflichtung spielen dabei eine große Rolle. Im Hinblick auf diese beiden Aspekte bietet Deutschland im Vergleich zu vielen anderen OECD-Ländern gute Bedingungen. - Wie in den meisten anderen OECD-Ländern wurden auch in Deutschland die Schulen im Schuljahr 2021/22 nicht vollständig wegen der Covid-19-Pandemie geschlossen.
Mit höchstens 85 Tagen vollständiger Schulschließungen während der gesamten Pandemie (bezogen auf den Sekundarbereich I) bewegt sich Deutschland in der Nähe des OECD-Durchschnitts.
Bildungsergebnisse und Bildungserträge
- Das Bildungsniveau ist im gesamten OECD-Raum gestiegen, insbesondere die Tertiärabschlussquote.
Zwischen 2000 und 2021 erhöhte sich der Anteil der 25- bis 34-Jährigen mit Tertiärabschluss im OECD-Durchschnitt um 21 Prozentpunkte. Auch in Deutschland wurde ein Anstieg verzeichnet, der mit 14 Prozentpunkten (von 22 % im Jahr 2000 auf 36 % im Jahr 2021) allerdings geringer ausfiel.
Deutschland ist immer noch eines der zwölf OECD-Länder, in denen in der Altersgruppe der 25- bis 34-Jährigen ein Tertiärabschluss nach wie vor seltener der höchste Bildungsabschluss ist als ein Abschluss des Sekundarbereichs II oder des postsekundären nichttertiären Bereichs. - Ein Abschluss des Sekundarbereichs II wird häufig als die für eine erfolgreiche Arbeitsmarktbeteiligung erforderliche Mindestqualifikation betrachtet.
In den meisten Ländern ist der Anteil der 25- bis 34-Jährigen ohne Sekundarbereich-II-Abschluss mit dem allgemeinen Anstieg des Bildungsniveaus gesunken. Nicht so in Deutschland: 2021 besaßen dort 14 % der jungen Erwachsenen keinen Abschluss des Sekundarbereichs II, mehr als im Jahr 2011 (13 %). - Tertiärabschlüsse sind häufig mit besseren Beschäftigungsaussichten verbunden.
Deutschland bildet in dieser Hinsicht keine Ausnahme. In der Altersgruppe der 25- bis 34-Jährigen war die Beschäftigungsquote der Arbeitskräfte mit Tertiärabschluss 2021 in Deutschland um 29 Prozentpunkte höher als die der Arbeitskräfte ohne Abschluss des Sekundarbereichs II und um 5 Prozentpunkte höher als die der Arbeitskräfte mit einem Abschluss des Sekundarbereichs II oder einem postsekundären nichttertiären Bildungsabschluss.
Im OECD-Durchschnitt fiel sie bei den 25- bis 34-Jährigen mit Tertiärabschluss 26 Prozentpunkte höher aus als bei jenen ohne Sekundarbereich-II-Abschluss und 8 Prozentpunkte höher als bei den Absolvent*innen des Sekundarbereichs II bzw. postsekundärer nichttertiärer Bildungsgänge in dieser Altersgruppe.
Der positive Zusammenhang zwischen Bildungsniveau und Beschäftigungsquote ist im OECD-Raum sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen zu beobachten. Bei den Frauen ist er jedoch besonders stark ausgeprägt. In Deutschland waren 2021 45 % der Frauen ohne Abschluss des Sekundarbereichs II erwerbstätig, gegenüber 86 % der Frauen mit Tertiärabschluss. Bei den Männern lagen die entsprechenden Werte dagegen bei 70 % bzw. 91 %. - Im OECD-Raum haben Tertiärabschlüsse in wirtschaftlichen Krisenzeiten besonders positive Arbeitsmarkteffekte.
Deutschland ist eines der wenigen Länder, in denen die Arbeitslosigkeit in der Pandemie bei den hochqualifizierten Arbeitskräften stärker gestiegen ist als bei den geringerqualifizierten, wenn auch auf niedrigem Niveau. 2019–2020 nahm die Arbeitslosenquote der 25- bis 34-jährigen Arbeitskräfte ohne Abschluss des Sekundarbereichs II um 0,2 Prozentpunkte zu, die der Arbeitskräfte mit einem Abschluss des Sekundarbereichs II um 0,7 Prozentpunkte und die der Arbeitskräfte mit Tertiärabschluss um 1 Prozentpunkt. 2021 ist die Arbeitslosigkeit der Arbeitskräfte ohne Sekundarbereich-II-Abschluss im Vorjahresvergleich um 1,4 Prozentpunkte zurückgegangen, bei den Arbeitskräften mit einem Sekundarbereich-II-Abschluss um 0,1 Prozentpunkte und bei den Arbeitskräften mit Tertiärabschluss um 0,6 Prozentpunkte. Trotz dieser Entwicklung ist die Arbeitslosenquote der Arbeitskräfte ohne Abschluss des Sekundarbereichs II nach wie vor rd. 7 Prozentpunkte höher als bei den Arbeitskräften mit höheren Bildungsabschlüssen. - Das Bildungsniveau wirkt sich nicht nur auf die Beschäftigungsaussichten, sondern auch auf das Verdienstniveau aus.
Im OECD-Durchschnitt verdienen 25- bis 64-jährige Arbeitskräfte mit einem Abschluss des Sekundarbereichs II oder des postsekundären nichttertiären Bereichs 29 % mehr als Arbeitskräfte ohne Abschluss des Sekundarbereichs II, und Absolvent*innen tertiärer Bildungsgänge etwa doppelt so viel. In Deutschland ist der Einkommensvorteil von Arbeitskräften mit Tertiärabschluss sogar noch größer. 2020 verdienten Absolvent*innen des Sekundarbereichs II oder postsekundärer nichttertiärer Bildungsgänge 43 % mehr als die Arbeitskräfte mit einem niedrigeren Bildungsabschluss. Der Verdienst von Arbeitskräften mit Tertiärabschluss war mehr als doppelt so hoch wie der von Arbeitskräften ohne Abschluss des Sekundarbereichs II. - Erwachsene mit Tertiärabschluss nehmen in den meisten OECD-Ländern häufiger an nichtformaler Weiterbildung teil als Erwachsene mit einem niedrigeren Bildungsniveau, so auch in Deutschland.
2021 hatten 8 % der 25- bis 64-Jährigen mit Tertiärabschluss in Deutschland in den vier Wochen vor der Erhebung an nichtformaler Weiterbildung teilgenommen, gegenüber 2 % der Personen ohne Abschluss des Sekundarbereichs II in dieser Altersgruppe. - Die Corona-Pandemie hatte in den meisten OECD-Ländern erhebliche Auswirkungen auf die Erwachsenenbildung.
2020 ging der Anteil der Erwachsenen, die in den vier Wochen vor der Erhebung an formaler oder nichtformaler Weiterbildung teilgenommen haben, in den OECD-Ländern im Vorjahresvergleich um durchschnittlich 2 Prozentpunkte zurück. 2021 erreichte die Teilnahme an nichtformaler Weiterbildung aber in den meisten Ländern wieder das vor der Pandemie beobachtete Niveau.
In Deutschland sank die Teilnahme an nichtformaler Weiterbildung zwischen 2019 und 2020 leicht von 5,0 % auf 4,4 %; 2021 blieb sie weitgehend unverändert..
QUELLEN: Alle Angaben beziehen sich auf den zitierten OECD-Bericht
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