Bremen: Betriebsräte fordern mehr Investitionen in Weiterbildung
Arbeitnehmerkammer präsentiert Ergebnisse der Betriebsrätebefragung 2022
Im Bereich der Aus- und Weiterbildung in den Betrieben im Land Bremen gibt es Nachbesserungsbedarf. Das zeigt die Betriebsrätebefragung 2022 der Arbeitnehmerkammer Bremen.
In einem Großteil der teilnehmenden Betriebe gibt es demnach kaum arbeitgebergeförderte Weiterbildungsangebote für Beschäftigte. Nur 10 Prozent der Befragten gaben an, dass es ausreichend Aufstiegsfortbildungen gebe.
»An- und Ungelernten wird wenig bis nichts angeboten – das ist bei den anstehenden Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt ein Problem«, sagt Michaela Gröne, Abteilungsleitung Mitbestimmung und Technologieberatung der Arbeitnehmerkammer. »Zudem werden immer weniger Ausbildungsplätze besetzt und es stellt sich die Frage: Wie wollen die Betriebe dem Fachkräftemangel entgegentreten?«, so Gröne.
Zahl der Ausbildungsplätze zu niedrig
Im Land Bremen ist die Ausbildungsbetriebsquote seit Jahren rückläufig. Nur 22 Prozent der Unternehmen beteiligen sich an der Ausbildung des Fachkräftenachwuchses – etwa jeder fünfte Betrieb.
Die an der Befragung teilnehmenden mitbestimmten Betriebe bilden erfreulicherweise deutlich häufiger aus, nach Angaben der Betriebsräte sind es 77 Prozent. Allerdings schaffen die Ausbildungsbetriebe nicht genug Ausbildungsplätze.
Das Verhältnis Mitarbeiter- zu Auszubildendenzahl beläuft sich nach eigenen Angaben auf knapp über 3 Prozent. Dies ist sogar noch weniger als die durchschnittliche Ausbildungsquote in Bremen (4,9 Prozent).
Weiterbildung eher in Einzelfällen
In Bezug auf arbeitgebergeförderte Weiterbildungsangebote für Beschäftigte sagten 72 Prozent der befragten Betriebsräte, es gebe sie nicht oder nur in Einzelfällen. Nur 28 Prozent sahen ein ausreichendes Angebot in diesem Bereich. 66 Prozent gaben an, der Bedarf im Betrieb werde nicht planmäßig ermittelt.
»Die Verfügbarkeit von Fachkräften ist heute entscheidend für den Erfolg eines Wirtschaftsstandorts. Wir brauchen einen Booster für die betriebliche Weiterbildung, der um ein Landes-Qualifizierungsgeld ergänzt werden sollte. Nur so kann der sozial-ökologische Wandel gelingen«, sagt Tim Voss, Abteilungsleitung Politikberatung der Arbeitnehmerkammer. Betroffen seien unter anderem die Bereiche Maschinenbau, technische Produktionssteuerung, IT, Bauplanung und Gebäudetechnik.
Den Ergebnissen der Befragung zufolge sind es keine finanziellen Gründe, die zu der geringen Weiterbildungsquote führen – diese Angabe machten nur 14 Prozent der Befragten. 56 Prozent gaben fehlende zeitliche Ressourcen als Grund an. 40 Prozent sagten, es fehle die Motivation innerhalb der Belegschaft.
»Die Lösung kann nicht sein, dass die Weiterbildung zu kurz kommt. Betriebe müssen sich Wege überlegen, wie sie zeitliche Freiräume für Weiterbildung schaffen, ihre Beschäftigten fördern und ihnen mögliche Perspektiven zur beruflichen Entwicklung aufzeigen können«, sagt Michaela Gröne und weist darauf hin, dass der Handlungsspielraum der Betriebsräte begrenzt ist: »Wir fordern mehr Mitbestimmungsrechte, um eigene Weiterbildungskonzepte einbringen zu können«.
Arbeitsschutz verstärkt Thema
Bei den Themen, mit denen sich die Gremien am häufigsten beschäftigt haben, stand wie auch schon im Jahr 2020 die personelle Mitbestimmung – zum Beispiel bei Kündigungen und Einstellungen – mit 84 Prozent der Nennungen an erster Stelle. 2020 waren es 77 Prozent.
An zweiter Stelle kam wie auch bei der vergangenen Befragung die seit Jahren relevante Thematik »Arbeitszeit, Mehrarbeit und Überstunden« mit 70 Prozent. Mehr Aufwand als gewöhnlich hatten die Betriebsräte beim Thema Arbeits- und Gesundheitsschutz mit 68 Prozent (2020: 50 Prozent).
In Bezug auf die Arbeitsbedingungen gaben 67 Prozent der Befragten an, die Arbeitsverdichtung habe zugenommen, 29 Prozent sahen keine wesentlichen Veränderungen.
Hintergrund
Seit mehr als zehn Jahren befragt die Arbeitnehmerkammer Betriebsräte im Land Bremen zur Situation in den Unternehmen. Angesichts des Fachkräftemangels und der fortschreitenden Digitalisierung lag in diesem Jahr ein besonderer Fokus auf der Aus- und Weiterbildung.
In der Zeit vom 27. Januar bis 25. April haben Betriebsräte aus 178 Betrieben teilgenommen – zusammen repräsentieren sie rund 67.000 Beschäftigte im Land Bremen. Von den befragten Betrieben sind 83 Prozent in Bremen und 17 Prozent in Bremerhaven ansässig, bei einem Großteil (76 Prozent) handelt es sich um Dienstleistungsunternehmen, bei 24 um Industriebetriebe. 61 Prozent sind tarifgebunden.
VERWEISE