VDI: Keine Industrie 4.0 ohne Bildung 4.0
VDI fordert Investitionen von rund zwei Milliarden Euro jährlich für Digitalkompetenz in Schulen
Zum Auftakt der Hannover Messe fordert VDI-Direktor Ralph Appel eine digitale Bildungs- und Qualifizierungsoffensive für Deutschland. Damit ließe sich Industrie 4.0 nachhaltig umsetzen. Allein im Schulbildungswesen rechnet Appel mit einem zusätzlichen Investitionsbedarf von rund zwei Milliarden Euro jährlich. Da das föderale Bildungssystem nicht kompatibel mit den technischen Anforderungen von heute und morgen sei, sieht er den Bund in der Pflicht, nun stärker Verantwortung zu übernehmen.
»Die Vermittlung von Digitalkompetenz muss spätestens in der Schule beginnen«, erklärt Appel. »Leider ist unser Bildungssystem zurzeit nicht in der Lage, Schülerinnen und Schüler auf das digitale Zeitalter vorzubereiten. Ein internationaler Vergleich zeigt: In keiner anderen Industrienation nutzen Lehrpersonen seltener neue Technologien im Unterricht als in Deutschland«. Industrie 4.0, Big Data, Cloud Computing oder das Internet der Dinge - diese Schlagwörter verkommen zu Floskeln, wenn junge Menschen nicht über entsprechende Kompetenzen und Ausstattungen verfügen. Appel weiter: »Dabei geht es uns nicht um das passive und oberflächliche Konsumieren von Facebook, WhatsApp und Co. - es geht um Bildungseinrichtungen, die junge Menschen darin befähigen, als mündige Akteure die digitale Zukunft kreativ mitzugestalten«.
Was also fehlt dem deutschen Schulbildungssystem? Von der Ausstattung über flächendeckenden IT-gestützten Unterricht bis hin zum qualifizierten Lehrpersonal gibt es enormen Nachholbedarf. Technische Bildung und Informatik-Unterricht müssen endlich bundesweit fest in den Lehrplänen verankert werden. Hier darf die digitale Bildungs- und Qualifizierungsoffensive aber nicht enden.
Für die digitale Wirtschaft brauchen auch Arbeitnehmer Digitalkompetenz
Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen müssen in der Lage sein, die Digitale Transformation mitzugestalten bzw. umzusetzen, sonst verlieren sie den Anschluss. Auch Unternehmen brauchen also eine digitale Qualifizierungsoffensive. Sie müssen die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter und lebenslanges Lernen konsequent und systematisch fördern und fordern. »Durch die Digitale Transformation ergeben sich gerade im Bereich des eigenständigen und lebensnahen Lernens neue Möglichkeiten, die noch besser auf die individuellen Bedürfnisse ausgerichtet sind«, sagt Dr.-Ing. Kurt D. Bettenhausen, Vorsitzender des interdisziplinären VDI-Gremiums Digitale Transformation. Berufsprofile werden sich inhaltlich verschieben, indem Tätigkeiten mit mehr Wertschöpfung und Kreativität zunehmen werden. Damit steigen Eigenverantwortung und Selbstentfaltung. Bettenhausen: »Beispielsweise in einer Fabrik mit intelligenten technischen Systemen verändert sich die Rolle der Mitarbeiter. Sie werden immer mehr zu flexibel agierenden Problemlösern. Die Entwicklung neuer Berufsbilder und passender Angebote zur Qualifizierung muss dringend vorangetrieben und neue Weiterbildungsmodelle müssen eingeführt werden«.
Unternehmen müssen Initiative für Weiterbildung ergreifen
Schneller und effizienter produzieren, neue Anwendungsfelder erschließen und individuelle Kundenwünsche ganzheitlich bedienen: Solche Potenziale verheißt Industrie 4.0. Vorausgesetzt die Geschäftsmodelle sind den neuen Anforderungen angepasst. »Die Sensibilisierung für das Thema Geschäftsmodelle für die Digitale Transformation ist da, aber die nötigen Methoden und Werkzeuge sind in vielen Unternehmen noch nicht bekannt und werden bisher noch zu wenig systematisch gelehrt«, meint Prof. Dr. rer. pol. Frank Thomas Piller, Professor und Lehrstuhlinhaber für Technologie und Innovationsmanagement an der RWTH Aachen. »Entsprechend stehen sie auch für die nötige Entwicklung in der Praxis vielfach nicht zur Verfügung. Hier brauchen wir - über die Bildungsoffensive hinaus - eine groß angelegte Weiterbildungsanstrengung für alle Unternehmen in Deutschland. Diese Initiative muss auch aus den Unternehmen selbst kommen«.
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