Betriebliche Weiterbildung in der Nach-Corona-Ära
Zunahme erst wieder im dritten Jahr der Corona-Krise
Die hohe Bedeutung, die der Weiterbildung in der modernen Arbeitswelt zukommt, ist unbestritten. Beschäftigte können durch eine Weiterbildung ihre Fähig- und Fertigkeiten an veränderte Anforderungen anpassen und somit ihre Arbeitsmarktchancen sichern oder verbessern. Für Betriebe ist die Weiterbildung ein wichtiges Instrument, um den technologischen Wandel zu meistern und dem Fachkräftemangel zu begegnen.
Nachdem die betrieblichen Weiterbildungsaktivitäten in den ersten beiden Jahren der Corona-Krise massiv eingebrochen waren, haben sie im ersten Halbjahr 2022 wieder an Fahrt aufgenommen. Das Vorkrisenniveau wurde allerdings nur in einigen wenigen Branchen wieder erreicht. Möglicherweise war sich ein Teil der Betriebe angesichts der wirtschaftlichen Folgen des Angriffskriegs auf die Ukraine und der Nachwirkungen der Corona-Krise weiterhin über den Fortgang der Geschäfts- und Beschäftigungsentwicklung unsicher und hat daher von Investitionen in Weiterbildung abgesehen.
Hinzu kommt, dass viele Betriebe seit dem Abklingen der Corona-Krise mit zum Teil massiven Personalengpässen zu kämpfen haben und die zeitlichen Kapazitäten für Weiterbildungen eher begrenzt sind. Dennoch wäre es für die Betriebe gerade in einer solchen Situation des Fachkräftemangels bedeutsam, die Weiterbildung ihrer Beschäftigten nicht zu vernachlässigen. Zum einen können sie zum Teil selber dafür sorgen, dass Beschäftigte benötigte Qualifikationen durch Weiterbildung erlangen. Zum anderen können sie sich durch das Angebot an Weiterbildung im Kampf um die besten Köpfe als attraktive Arbeitgeber positionieren und damit Fachkräfte halten oder gewinnen.
Ein besonders hohes ungenutztes Potenzial der betrieblichen Weiterbildung zeigt sich in der Gruppe der Beschäftigten, die einfache Tätigkeiten ausüben und möglicherweise auch nur gering qualifiziert sind. Diese Beschäftigtengruppe konnte zwar von der Zunahme der Weiterbildungsbeteiligung ebenfalls profitieren, doch ihre Teilnahmequote ist nach wie vor in allen Branchen deutlich geringer als die der qualifizierten Beschäftigten.
Mit dem Qualifizierungschancengesetz steht ein Instrument zur Verfügung, mit dem die Weiterbildung von Beschäftigten insgesamt und die von geringqualifizierten Beschäftigten im Speziellen gefördert werden kann. Wie Thomas Kruppe und Julia Lang in einem aktuellen Beitrag für das IAB-Forum zeigen, wird diese Fördermöglichkeit jedoch vergleichsweise selten in Anspruch genommen, auch wenn die Eintritte in Förderung in der jüngeren Vergangenheit zugenommen haben. Mit dem neuen Weiterbildungsgesetz, das Ende dieses Jahres in Kraft treten soll, werden die Fördermöglichkeiten der Weiterbildung von Beschäftigten weiter ausgebaut.
Welches Potenzial darin liegt, Hilfskräfte zu Fachkräften zu qualifizieren, wird derzeit von der Friedrich-Ebert-Stiftung intensiver untersucht. Eine aktuelle Pilotstudie von Holger Seibert und Kolleginnen in Kooperation mit der Friedrich-Ebert-Stiftung liefert detaillierte Erkenntnisse darüber, wie sich die Zahl der Hilfskräfte und die sozio-demografische Struktur in den letzten Jahren entwickelt hat.