Nachhaltigkeit in der beruflichen Bildung ausbauen
Was können wir an der Werkbank, im Büro oder hinter dem Kundenschalter tun, um eine nachhaltige Entwicklung zu fördern? Welche beruflichen Handlungskompetenzen sind nötig, um sich am Arbeitsplatz am Leitbild nachhaltiger Entwicklung zu orientieren? Und wie sollte ein Lernort aussehen, der dies erfahrbar macht? Zwölf Modellversuche sind jetzt mit dem Ziel gestartet, Nachhaltigkeit strukturell in der beruflichen Bildung zu verankern.
Sie sind Teil des Förderschwerpunkts »Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung 2015-2019«, den das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) mit rund 6 Millionen Euro im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) fördert. Im Forum »Kompetent für Nachhaltigkeit im Beruf« wird das Programm am 7. Juni auf der »Woche der Umwelt« beim Bundespräsidenten in Berlin erstmals öffentlich vorgestellt.
Einer der Schwerpunkte liegt auf ausbildungsstarken kaufmännischen Berufen, zum Beispiel Kaufleuten im Einzelhandel, Groß- und Außenhandelskaufleuten sowie Kaufleuten für Spedition und Logistikdienstleistung. Da sich frühere Projekte häufig mit technischen oder baunahen Berufen und weniger mit nachhaltigem Wirtschaften beschäftigten, wird hier eine Lücke geschlossen. Ziel der neuen Modellversuche ist es, berufliche Handlungskompetenzen für diese Branche nachhaltigkeitsorientiert weiterzuentwickeln. Bis 2019 sollen unter anderem Lehrplan-Konzepte, digitale Lehr-/Lernmaterialien und Prüfungsaufgaben für Aus- und Weiterbildungen entwickelt, erprobt und evaluiert werden. Auch das ausbildende Personal wird für die anspruchsvollen Aufgaben mit speziellen Fortbildungen fit gemacht, die mit einer Zertifizierung bei den Industrie- und Handelskammern abgeschlossen werden.
Sechs Projekte befassen sich mit der Gestaltung nachhaltiger Lernorte, womit vor allem Ausbildungsbetriebe, aber auch überbetriebliche Ausbildungsstätten (ÜBS) und Berufsschulen gemeint sind. Durch Organisations- und Personalentwicklung soll Nachhaltigkeit in der Ausbildung und Arbeitspraxis vor Ort für die Auszubildenden konkret erlebbar und gestaltbar sein. Projektübergreifend wird ein Indikatoren-System für nachhaltige Lernorte entwickelt. Dies soll beschreiben, was einen nachhaltigen Lernort ausmacht, was ihn von einem nicht nachhaltigen Lernort unterscheidet oder wie mit möglichen Widerständen umgegangen werden kann.
Als Ergebnis des Förderschwerpunkts werden vielfältige Materialien zur Unterstützung der Bildungspraxis vorliegen: Neben Empfehlungen für die Gestaltung der Ausbildung und didaktischen Umsetzungshilfen sollen berufsspezifische Handreichungen, Lehr/-Lernmaterialien unter Einbindung verschiedener Medien oder auch Checklisten zur Verfügung stehen.
Bei allen zwölf Modellversuchen findet eine enge Zusammenarbeit von betrieblicher Praxis, wissenschaftlicher Begleitung und den zuständigen Stellen statt, so dass sowohl die alltäglichen Bedingungen im Betrieb als auch neueste wissenschaftliche Erkenntnisse und die Vorgaben der Lehrpläne in die Konzepte einfließen.
Hintergrund
Insgesamt 27 Verbundpartner setzen die zwölf Projekte um. Bereits vor Projektbeginn konnten über 50 Praxispartner – Betriebe, Unternehmen, Bildungsträger, Ausbildungsverbünde oder ÜBS – sowie 35 strategische Partner – wie Kammern, Fachverbände, Gewerkschaften und Landesinstitute – für eine Zusammenarbeit gewonnen werden. Die Einbindung weiterer Akteure ist geplant. Durch diese von Beginn an enge Vernetzung in den Projektverbünden soll ein weitreichender struktureller Transfer gesichert werden. Mit der Teilnahme an unterschiedlichsten Veranstaltungen für Praxis, Politik und Wissenschaft – wie jetzt bei der bevorstehenden »Woche der Umwelt« – wird das Thema zudem in die Breite getragen.