PISA 2022: Abwärtstrend der Bildungsergebnisse nur teilweise Konsequenz der Coronapandemie

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PISA 2022, die achte Erhebungsrunde der internationalen Schulleistungsstudie der OECD, war ursprünglich für 2021 geplant und wurde aufgrund der Coronapandemie verschoben. Es handelt sich um die erste groß angelegte Studie zur Frage, wie sich die Pandemie auf die Leistung und das Wohlergehen der Schülerinnen ausgewirkt hat.

An der Erhebung nahmen fast 700.000 Schüler*innen aus 81 Mitgliedsländern und Partnervolkswirtschaften der OECD teil. Die 15-Jährigen absolvierten Tests in Mathematik als Schwerpunktbereich sowie in den Bereichen Lesekompetenz und Naturwissenschaften. PISA 2022 ist auch die erste Studie, in die Daten aus der Zeit vor und nach der Pandemie eingeflossen sind. Dabei handelte es sich neben den Leistungen der Schüler*innen auch um Daten zu ihrem Befinden sowie zur Bildungsgerechtigkeit.

Bei der PISA-Erhebung 2022 wurde im OECD-Durchschnitt ein beispielloser Rückgang der Schülerleistungen festgestellt. Verglichen mit 2018 sank der Leistungsdurchschnitt in Lesekompetenz um 10 Punkte und in Mathematik um fast 15 Punkte.

In Mathematik war der Leistungsrückgang zwischen 2018 und 2022 dreimal so stark wie je zuvor eine Leistungsveränderung zwischen zwei aufeinanderfolgenden PISA-Runden. In einzelnen Ländern, z.B. in Deutschland, Island, den Niederlanden*, Norwegen und Polen, ergab sich ein besonders deutlicher Einbruch von 25 Punkten und mehr.

Der Leistungsrückgang kann nur teilweise auf die Coronapandemie zurückgeführt werden; in Lesekompetenz, Naturwissenschaften und Mathematik wurden bereits vor 2018 sinkende Punktzahlen verzeichnet.

Positiv zu vermerken ist, dass viele Länder und Volkswirtschaften erhebliche Fortschritte im Hinblick auf die Erreichung des Ziels der universellen Sekundarschulbildung erzielt haben. Dazu zählen Costa Rica, Indonesien, Kambodscha, Kolumbien, Marokko, Paraguay und Rumänien.

Singapur und fünf weitere ostasiatische Bildungssysteme – Macau (China), Chinesisch Taipei, Hongkong (China)*, Japan und Korea – schnitten in Mathematik besser ab als alle anderen. Auch in Naturwissenschaften war Singapur am erfolgreichsten, gefolgt von denselben fünf Ländern sowie Estland und Kanada*. In Lesekompetenz erzielte Irland* ebenso gute Leistungen wie Japan, Korea, Chinesisch Taipei und Estland.

In zehn Ländern und Volkswirtschaften – in Dänemark, Finnland, Hongkong (China), Irland, Japan, Kanada, Korea, Lettland, Macao (China) und im Vereinigten Königreich – erreichte ein großer Teil der 15-Jährigen das Grundkompetenzniveau in den Bereichen Mathematik, Lesekompetenz und Naturwissenschaften, während zugleich ein hohes Maß an sozioökonomischer Fairness gewährleistet war. Obwohl der sozioökonomische Status auch in diesen Ländern und Volkswirtschaften ein bedeutender Leistungsprädiktor ist, können diese Bildungssysteme als gerechter betrachtet werden als andere.

Die Studie untersucht auch die Folgen der Coronapandemie und zeigt dabei, dass rund die Hälfte der Schüler*innen mehr als drei Monate lang von Schulschließungen betroffen war. Bei den Leistungstrends war allerdings kein klarer Unterschied zwischen Bildungssystemen festzustellen, in denen es nur in begrenztem Umfang zu Schulschließungen kam, wie z.B. in Island, Schweden und Chinesisch Taipei, und solchen, in denen die Schulen längere Zeit geschlossen waren, wie etwa in Brasilien, Irland* oder Jamaika*.

Die Studie kommt außerdem zu dem Ergebnis, dass die Erreichbarkeit der Lehrkräfte, wenn Schüler*innen Hilfe benötigten, in den OECD-Ländern besonders stark mit den durchschnittlichen Mathematikleistungen korrelierte. Dort, wo die Lehrkräfte laut Aussage der Schüler*innen in solchen Fällen gut erreichbar waren, lagen die Mathematikleistungen im Durchschnitt um 15 Punkte höher. Die betreffenden Schüler*innen zeigten sich zudem zuversichtlicher, unabhängig von zu Hause aus lernen zu können. Allerdings gab 2022 insgesamt nur ein Fünftel der Schüler*innen an, dass ihre Lehrkräfte sie zumindest in einigen Stunden zusätzlich unterstützten. Rund 8 Prozent der Schüler*innen erhielten nie oder fast nie zusätzliche Unterstützung.

Die Studie offenbart auch den Einfluss von Technologien auf die Schulleistungen. In diesem Bereich vollzieht sich aktuell ein besonders rascher Wandel. Die PISA-Studie zeigt, dass sich eine moderate Nutzung digitaler Geräte positiv auf die Schülerleistungen auswirken kann, allerdings gilt es dafür, die Technologie lernunterstützend einzusetzen und Ablenkungen zu vermeiden.

Im OECD-Durchschnitt und nach Berücksichtigung des sozioökomischen Profils der Schüler*innen und der Schulen erzielten Schüler*innen, die ihre digitalen Geräte täglich nicht mehr als eine Stunde zum Zeitvertreib nutzen, in Mathematik 49 Punkte mehr als solche, die das fünf bis sieben Stunden pro Tag tun.

Im OECD-Durchschnitt gaben 45 Prozent der Schüler*innen an, dass sie sich nervös oder unruhig fühlen, wenn sie ihre digitalen Geräte nicht griffbereit haben, und 65 Prozent berichteten von Ablenkungen durch digitale Geräte zumindest in manchen Mathematikstunden. In Argentinien, Brasilien, Chile, Finnland, Kanada*, Lettland*, der Mongolei, Neuseeland* und Uruguay lag dieser Anteil sogar jenseits der 80 Prozent.

Schüler*innen, die die Verwendung digitaler Geräte durch Mitschüler*innen eigenen Angaben zufolge zumindest in manchen Mathematikstunden ablenkt, erzielten im PISA-Mathematiktest 15 Punkte weniger als solche, denen dies kaum passiert. Dieser Leistungsunterschied entspricht dem Lernfortschritt eines Dreivierteljahres; das sozioökomische Profil der Schüler*innen und der Schulen wurde dabei bereits berücksichtigt.

Redaktioneller Hinweis
Bei Ländern und Volkswirtschaften, deren Name mit einem Sternchen (*) versehen wurde, wurden ein oder mehrere PISA-Stichprobenstandards nicht eingehalten.

Hintergrund

PISA ist die weltweit größte Schulleistungsstudie und untersucht die Kompetenzen von 15-jährigen Schülerinnen und Schülern in den Bereichen Mathematik, Naturwissenschaften und Lesen. Schwerpunkt der aktuellen Studie ist die Mathematik. PISA 2022 testete auch die Finanzkompetenz und kreatives Denken – die Ergebnisse dieser Erhebung werden 2024 veröffentlicht.

Die Erhebungen finden üblicherweise alle drei Jahre statt, die für 2021 geplante Erhebung wurde aber wegen der Coronapandemie um ein Jahr verschoben.

PISA fragt nicht Faktenwissen ab, sondern untersucht, ob Schülerinnen und Schüler ihr Wissen anwenden und Informationen sinnvoll verknüpfen können.


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