Studie deckt soziale Ungleichheiten in beruflicher Weiterbildung auf
Um den Zugang zu Weiterbildungen in seiner Entwicklung quantitativ erfassen zu können, analysierte Yendell Datensätze des SOEP von 1989 bis 2008, in denen Fragen zu Weiterbildungen vorkommen. Yendells Forschungen ergaben, dass Ungleichheiten unter anderem im Zusammenhang mit dem Geschlecht auftreten, wobei Frauen etwas weniger an Weiterbildungen teilnehmen als Männer. Allerdings habe es über die Jahre hinweg eine Angleichung gegeben: Frauen näherten sich in der Weiterbildungshäufigkeit Männern im untersuchten Zeitraum an. Ungleichheiten seien von Faktoren beeinflusst worden, die mit der Lebens- und Berufssituation von Frauen in Zusammenhang stehen.
»Sobald Kinder ins Spiel kommen, sind Frauen benachteiligt, weil sie dann kaum Zeit dafür haben und Unternehmen seltener in Weiterbildungen von Frauen investieren. Männer mit Kindern haben dieses Problem eher nicht«, stellte der Wissenschaftler fest. Allerdings nehmen in Vollzeit arbeitende Frauen Yendell zufolge mittlerweile mehr an beruflichen Weiterbildungen Teil als in Vollzeit tätige Männer. Einen größeren Einfluss noch als das Geschlecht hat der Studie zufolge die Bildung. Seit 1989 liegt die Weiterbildungsquote bei Menschen mit Hauptschulabschluss bei nur 15 Prozent, bei Menschen mit Abitur bei 45 Prozent.
Weiterbildungen würden gar nicht so rational verteilt wie anzunehmen wäre. »Im Grunde genommen wissen wir gar nicht genügend über die Entscheidungsprozesse hinsichtlich Weiterbildung in Unternehmen. Vermutlich spielen hier Machtspiele zwischen Personen und Abteilungen in Betrieben eine entscheidende Rolle«, sagt Yendell. Auch der Status in der Firmenhierarchie beeinflusse die Verteilung von Weiterbildungskursen. So hat eine Führungskraft eine 4,2-mal so hohe Chance auf eine Weiterbildung als ein Erwerbstätiger mit einfacher Aufgabe, Fachkräfte eine 1,9-mal so hohe.
»An beruflicher Weiterbildung nehmen trotz des Postulats vom lebenslangen Lernen viele Menschen nicht teil. Über den gesamten Zeitraum zwischen 1989 und 2008 sind die Ungleichheiten sehr robust. Es gilt das Matthäus-Prinzip, wer da hat, dem wird gegeben. Wer beispielsweise Führungskraft ist, der bekommt auch Zugang zur beruflichen Weiterbildung und muss nur selten dafür bezahlen. Umgekehrt gilt: Wer in der Betriebshierarchie unten steht, der bekommt auch weniger Weiterbildung und muss sich häufiger selbst um Fortbildung kümmern, wenn er daran teilnehmen möchte«, resümiert Yendell.
Die zunehmende Automatisierung und der Einsatz von Robotern dürfte seiner Ansicht nach vor allem die Menschen mit einfachen Tätigkeiten ohne besondere berufliche Qualifikation hart treffen, auch weil sie nur selten an Weiterbildung teilnehmen und das aufgrund mangelnder eigener finanzieller Ressourcen meist nicht können. »Dadurch verschärft sich die ohnehin schon schwierige Situation auf dem Arbeitsmarkt immens«, betont er. Hier bestehe, so Yendell, dringender politischer Handlungsbedarf. Aus seiner Sicht wäre es in diesem Zusammenhang wichtig, wenn sich die Bildungspolitik künftig Strategien entwickle, um mehr Adressaten den Zugang zur beruflichen Weiterbildung zu ermöglichen.
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