Hochschulbildung droht Qualitätsverlust
Die Nachfrage nach akademischer Bildung wächst weltweit. Dies führt zu einem schnellen Ausbau von Hochschuleinrichtungen, gerade der private Sektor boomt. Vor diesem Hintergrund wird es zunehmend schwieriger, die Qualität der Hochschulbildung auf der ganzen Welt zu sichern. Dies ist ein Befund des zweiten Hamburg Transnational University Leaders Council. Hier kamen 47 Hochschulpräsidentinnen und präsidenten aus Afrika, Asien, Australien, Europa sowie Nord- und Südamerika vom 7. bis 9. Juni in Hamburg zusammen. Auf Einladung der Hochschulrektorenkonferenz, der Körber-Stiftung und der Universität Hamburg diskutierten sie über die Folgen des Akademisierungstrends und die Zukunft der Hochschulbildung.
»Die Qualität für Bildungsangebote zu sichern, gehört zu den gemeinsamen Herausforderungen – ungeachtet der international sehr unterschiedlichen Situationen«, resümiert Prof. Dr. Horst Hippler, Präsident der Hochschulrektorenkonferenz. »Wir wollen eine gerechtere weltweite Verteilung von Lebenschancen. Demzufolge müssen wir es als globale Aufgabe verstehen, dass der schnelle Ausbau von Hochschuleinrichtungen – seien sie privat oder staatlich – nicht zu Lasten notwendiger Standards geht.«
Akademisierungstrend erfordert klare Aufgabenteilung der Hochschularten
Als Ergebnis ihres Austauschs verabschiedeten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Councils die Hamburger Erklärung »Hochschulbildung für das 21. Jahrhundert gestalten«. Die Deklaration betont, dass eine klare Aufgabenteilung der Hochschularten wichtige Grundlage für eine sinnvolle Differenzierung der Hochschullandschaft weltweit ist. Sie hebt dabei die besondere Verantwortung der Universitäten innerhalb der Hochschulsysteme als prägende gesellschaftliche Akteure hervor. Zugleich unterstreicht sie die Bedeutung aller postsekundaren Einrichtungen, unabhängig von Größe, Trägerschaft und Selbstverständnis.
»Auf den Austausch über die so unterschiedlichen postsekundaren Systeme muss im nächsten Schritt die Schaffung von Transparenz für die internationalen Nutzer des Systems, Studierende, Eltern oder auch Unternehmen und vor allem die Politik folgen, bevor danach Konvergenzbestrebungen im politischen Feld entstehen können«, sagt Prof. Dr. Dieter Lenzen, Präsident der Universität Hamburg.
Akademische Freiheit in vielen Ländern bedroht
Mit den Bedrohungen und Einschränkungen der Wissenschaftsfreiheit in vielen Staaten der Welt beschäftigten sich die Hochschulleitungen unter anderem am Beispiel der Central European University (CEU) in Budapest, die von der Schließung bedroht ist. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Councils waren sich einig, dass nicht nur die individuellen Entfaltungsmöglichkeiten der Lehrenden und Forschenden für die Wissenschaftsfreiheit wichtig sind, sondern auch die institutionelle Unabhängigkeit der Hochschulen von politischer Steuerung.
»Eine freie Gesellschaft kann es nur geben, wenn wir auch die Autonomie der Hochschulen respektieren«, sagt Dr. Lothar Dittmer, Vorsitzender des Vorstands der Körber-Stiftung. »Denn wo akademische Freiheit gefährdet wird, ist auch die Demokratie insgesamt bedroht.«
Hochschulrektorenkonferenz, Körber-Stiftung und Universität Hamburg appellieren im Namen des Councils in einem offenen Brief an den ungarischen Premierminister Viktor Orbán, die CEU in ihrem Bestand nicht zu gefährden. Am 23. Juni sollen Gespräche zwischen der Regierung Ungarns und dem Bundesstaat New York als Sitzland über die Weiterführung der CEU beginnen.
Hintergrund
Das Hamburg Transnational University Leaders Council bringt Präsidentinnen und Präsidenten führender Hochschulen aus der ganzen Welt in Hamburg zusammen. Das Council ist eine gemeinsame Initiative der Hochschulrektorenkonferenz, der Körber-Stiftung und der Universität Hamburg. Zentrales Anliegen ist es, den Prozess der weltweiten Hochschulentwicklung bewusst zu gestalten.