Grüne: Lage für Spitzenwissenschaftler verbessern
Die Unterstützung von »Brain Circulation auf Augenhöhe und in beide Richtungen« gehört nach Ansicht der Fraktion Bündnis 90/die Grünen stärker in den Mittelpunkt multilateraler, weltweiter Wissenschaftskooperationen. Bei der Spitzenforschung dürfe es nicht um einen nationalen Wettlauf oder egoistische Nützlichkeitsüberlegungen gehen, die die Abwanderung dringend benötigter Experten aus strukturschwächeren Regionen verstärkt.
Aufgabe der Politik müsse es sein, die bestmöglichen Rahmenbedingungen für den freien Austausch der Gedanken zu schaffen und möglichst viele Talente aus allen Teilen der Gesellschaft daran teilhaben zu lassen.
Viele Wissenschaftler hätten jedoch auch andere Prioritäten und Zielländer für ihre Studien- und Forschungsaufenthalte. Denn oftmals seien die Arbeitsbedingungen in anderen Ländern noch attraktiver und die administrativen sowie ausländerrechtlichen Hürden wesentlich niedriger. Dabei seien auch die mangelnde aufenthaltsrechtliche Flexibilität im Wechsel zwischen verschiedenen Bildungs- und Arbeitswegen, sowie die fehlende Berücksichtigung zirkulärer Migration unattraktiv. So stünden viele Wissenschaftler schon vor ihrer Ankunft in Deutschland vor enormen Hindernissen: Selbst wenn Forschungsstipendium oder Studienplatz bereits zugesichert seien, dauere es mitunter viele Monate, um überhaupt einen Visumsantrag stellen zu können. Diesen Zustand gelte es zu beenden, um internationale Wissenschaftler nicht abzuschrecken und hinzuhalten, sondern als weltoffene kreative Wissenschaftsnation einzuladen, fordern die Grünen.
An den Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen bestünden vielfältige Willkommensinfrastrukturen, die es weiterzuentwickeln gelte. Für Beratungsangebote internationaler Forscher und Studenten bedürfe es ausreichender Ressourcen, damit auch Hilfe jenseits des unmittelbaren Wissenschaftszusammenhangs geleistet werden könne, wie etwa bei aufenthaltsrechtlichen oder alltagspraktischen Fragen. Neben einem größeren Angebot von Deutschkursen müsse Englisch als globale Wissenschaftssprache in den Lehrangeboten und der Verwaltung der Wissenschaftseinrichtungen weiter gefördert werden.
Um kluge Köpfe zu halten, bedürfe es ferner attraktiverer, besser planbarer Karrierewege. Damit entstünden auch Anreize für deutsche Wissenschaftler, nach einem Auslandsaufenthalt wieder ins deutsche Wissenschaftssystem zurückzukehren. Dafür müssen die Beschäftigungsbedingungen noch attraktiver gemacht und verlässliche Karrierewege auch neben der Professur angeboten werden. Dabei sei insbesondere darauf zu achten, Frauen und Personen aus unterrepräsentierten Gruppen in der Wissenschaft stärker zu fördern. Damit Forschungseinrichtungen die Spielräume, die mit dem Wissenschaftsfreiheitsgesetz geschaffen wurden, besser nutzen können, sei deren ausreichende finanzielle Ausstattung weiterhin zu sichern.
Die Grünen fordern angesichts der weltweiten Konkurrenz unter anderem, bei wissenschaftlichem Personal auf Austausch und Kooperation statt auf Abwerbung oder Abschottung zu setzen und gezielt Auslandsaufenthalte zu fördern. Ferner sollen die Stärken des deutschen Wissenschaftssystems mehr im Ausland bekannt gemacht und Rückkehrprogramme für deutsche Wissenschaftler im Ausland ausgebaut werden. Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz soll dahingehend reformiert werden, dass verlässliche Karriereperspektiven und bessere Arbeitsbedingungen für Wissenschaftler geschaffen werden, indem mehr Dauerstellen für Daueraufgaben, mehr unbefristete Beschäftigungsverhältnisse, zusätzliche »Tenure Track-Stellen« frühzeitig nach der Promotion und unbefristete Karrierewege neben der Professur geschaffen werden.