Wandel der politischen Kultur gefährdet Wissenschaftsfreiheit

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Populismus, Nationalismus und neue Formen aggressiver Zuspitzung gewinnen seit einigen Jahren wachsenden Einfluss auf die politische Kultur im Westen. Wesentliche Werte der liberalen Demokratie wie Meinungsfreiheit und Toleranz werden offensiv in Frage gestellt. Welche Konsequenzen aus dieser Radikalisierung für die Wissenschaft in Deutschland und den USA folgen, stand im Mittelpunkt einer zweitägigen Veranstaltung im Thomas Mann House in Los Angeles.

Prof. Dr. Peter-André Alt, Präsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK): »Demokratische Gesellschaften basieren auf dem freien Austausch von Standpunkten, dem Wettbewerb nachprüfbarer Argumente und dem Ringen um rationale Lösungen. Diese Grundlagen sind auch für Forschung und Lehre an den Hochschulen essentiell. Hochschulen tragen daher eine besondere Verantwortung für die Auseinandersetzung mit dem derzeitigen Wandel der politischen Kultur. Sie müssen die aktuellen Prozesse wissenschaftlich analysieren. Und sie müssen sich in die gesellschaftlichen Debatten einbringen und ihre eigene Funktionstüchtigkeit als Orte des offenen Austauschs kritisch reflektieren und weiterentwickeln«.

DFG-Vizepräsidentin Prof. Dr. Julika Griem: »Auch Institutionen der Forschungsförderung müssen sich Angriffen auf die Freiheit der Wissenschaft stellen und ihre Wertorientierungen und Verfahren stärken, aber auch überprüfen. Dabei gilt es einerseits, die Autonomie von Forschenden und Forschungseinrichtungen zu verteidigen. Andererseits muss Wissenschaft in einem gesellschaftlichen Rahmen begründet werden. Sie sollte jedoch nicht der Versuchung erliegen, sich auf die Macht von Fakten zurückziehen zu können. In pluralistischen Gesellschaften kann nicht darauf verzichtet werden, um Erkenntnis zu streiten und Wissen von Gewissheit zu trennen. Wir müssen gemeinsam um die normativen Grundlagen unserer Bildungs- und Forschungseinrichtungen ringen. Es wird nicht ausreichen, diese Auseinandersetzung in quantifizierte und automatisierte Verfahren zu verschieben«.

»Radikal politisierte und polarisierte Positionen erschweren die konstruktive öffentliche Diskussion, auch über die drängendsten Themen, zunehmend. Die Universität spielt daher eine wesentliche Rolle als Heimat sachkundiger Debatten und Erkenntnisarbeit sowie durch ihren Vorbildcharakter für die breite Öffentlichkeit, was den Wert dieser gemeinsamen Suche nach Antworten auf komplexe Fragen angeht. Die entscheidende Herausforderung für Universitäten besteht heute im Widerstand gegen destruktive äußere Einflüsse und den inneren Spannungen, die diesen Auftrag bedrohen. Wie leicht sich auch die besten Bildungseinrichtungen verirren können, haben US-Universitäten während der McCarthy-Ära und deutsche Universitäten während des Aufstiegs des Nationalsozialismus gezeigt«, so Steven Lavine, Präsident Emeritus von CalArts und Vorsitzender des Advisory Board, Thomas Mann House.

Hintergrund
»An Appeal to Reason«: Academia’s Response to Current Shifts in Political Culture ist eine gemeinsame Veranstaltung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) in Kooperation mit dem Thomas Mann House. Die Veranstaltung findet im Rahmen des noch bis Jahresende laufenden »Deutschlandjahr USA – Year of German American Friendship« statt.

 

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