Wissenschaftskommunikation im Fokus
Die Stärkung der Wissenschaftskommunikation ist Ende Mai das Thema eines Öffentlichen Fachgesprächs des Bundestagsausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung gewesen. Die Sachverständigen waren sich überwiegend darin einig, dass Wissenschaftskommunikation immer wichtiger werde, sie institutionell auch in der Forschung stärker verankert werden müsse und Wissenschaftsjournalismus stärker finanziert werden solle.
Wissenschaftskommunikation sei lange Zeit institutionelle Kommunikation gewesen, vorrangig mit dem Ziel, die eigenen Leistungen darzustellen, zu zeigen, was man im Wettbewerb geschafft habe, machte Peter-André Alt, Präsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), deutlich: »Das hat sich in den letzten Jahren durchaus geändert«, wissenschaftliche Erkenntnis müssten nun auch nachvollziehbar vermittelt werden. Zudem unterstrich Alt, dass Wissenschaftskommunikation nur erfolgreich sein könne, wenn sie auf den entsprechenden Erkenntnissen der Forschung zur Wissenschaftskommunikation aufbaue. Dazu gehöre, dass sie auf unzulässige Vereinfachung komplexer Sachverhalte verzichten muss. »Wissenschaft ist kein Glaubensartikel, kein Mythos, kein Ritual sondern eine rationale Angelegenheit«, sagte Alt.
Auch Stefan Brandt, Direktor des Futurium (»Haus der Zukünfte«), betonte diesen Punk und machte deutlich, dass es darum gehe, Wissenschaft als Haltung zu vermitteln. Guter Wissenschaft gehe es eben nicht nur um »richtig« oder »falsch«, sondern »um Wahrhaftigkeit in einer durch Neugier angetriebenen Suche«. Brandt unterstrich, dass sich die Wissenschaft derzeit in einem Vertrauenshoch befinde. Ob es sich dabei tatsächlich um eine dauerhaft gestärkte Vertrauensbasis handele, müsse sich aber erst noch erweisen.
Beatrice Lugger (Nationales Institut für Wissenschaftskommunikation) sagte: »Dass wir so gut kommunizierende Forschende haben, war in Deutschland nicht vorherzusehen, sondern ist ein großes Glück«. Derzeit erlebe die Gesellschaft, wie Wissenschaft funktioniere und auch, dass es innerhalb der Wissenschaften eine Meinungsvielfalt gebe. Dennoch sei Wissenschaftskommunikation bislang nicht als eigenständiges Thema in der wissenschaftlichen Ausbildung vorgesehen und müsse gefördert werden. Lugger sagte: »Wichtig für die Förderung der Kommunikation von Forschenden mit Öffentlichkeit und Medien ist dabei nicht primär die Quantität an Kommunikation, sondern deren Qualität«. Es ginge nicht darum, dass alle Wissenschaftler massenhaft die Medien bespielen, aber sie sollten wissen, wie Kommunikation funktioniert.
Antje Boetius, Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts, unterstrich, dass der Dialog zwischen Forschung und Öffentlichkeit auch als fundamentale Leistung der Wissenschaft gefördert werden muss. Für eine grundsätzliche Absicherung der Akteure in der Wissenschaftskommunikation seien Konzepte für die langfristige Förderung unerlässlich. Jan-Martin Wiarda, Journalist für Bildung und Wissenschaft, erinnerte daran, dass schon 2015 im Ausschuss für Bildung und Forschung über Wissenschaftskommunikation debattiert worden sei. »Seitdem ist aber wenig passiert«. Wiarda trat dafür ein, Wissenschaftskommunikation zum verpflichtenden Bestandteil in jedem größeren Forschungsprojekt zu machen.
Gerald Haug, Präsident der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, forderte einen »interdisziplinären und institutionenübergreifenden Referenzraum« zu drängenden gesellschaftlichen und politischen Themen, die wissenschaftlich erforscht werden. Er müsse sich auf Unabhängigkeit, wissenschaftlicher Exzellenz, Transparenz und Freiheit von Partikularinteressen gründen, herausragende Wissenschaftler müssten beteiligt sein, die in den internationalen wissenschaftlichen und wissenschaftspolitischen Beratungsprozess eingebunden sind.
Steffi Ober vom Naturschutzbund Deutschland betonte, dass Wissenschaftskommunikation sich nicht länger darauf beschränken dürfte, entweder wissenschaftliche Publikationen für das Fachpublikum oder Hochglanzbroschüren für die Allgemeinheit zu präsentieren. Wissenschaftskommunikation sollte vor allem die Menschen in ihrem Prozess des Fragens und Forschens mitnehmen. Dazu müssten ausreichend Ressourcen bereitgestellt werden.
In welchem Dilemma der Wissenschaftsjournalismus aus ihrer Sicht steckt, machte Nicola Kuhrt, Mitglied im Vorstand Wissenschaftspressekonferenz (WPK) und Medizinjournalistin, deutlich. Während dem Wissenschaftsjournalismus auf der einen Seite aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik Systemrelevanz attestiert werde und die Menschen wie nie zuvor auf wissenschaftsjournalistische Beiträge zugreifen würden, würden auf der anderen Seite Verlage Budgets kürzen. Gerade freie Journalisten würden teilweise vor prekären Situationen stehen. »Beim nächsten Großereignis, bei der wir der systemrelevanten Arbeit der Wissenschaftsjournalisten bedürfen, werden erheblich weniger Kollegen und Kolleginnen da sein, die diese Arbeit noch leisten können«, mahnte Kurth und trat für eine Stiftung zur Förderung des Wissenschaftsjournalismus ein.
Auch Volker Stollorz, Redaktionsleiter und Geschäftsführer des »Science Media Center Germany«, setzte sich für einen guten und starken Wissenschaftsjournalismus ein: »Erst durch eine unabhängige wissenschaftsjournalistische Beobachtung kann die Gesellschaft realistische Erwartungen gegenüber den Wissenschaften ausbilden. Guter Wissenschaftsjournalismus zertifiziert verlässliches Wissen unabhängig von der selbst vermittelten Wissenschaftskommunikation«. Stollorz betonte, guter Wissenschaftsjournalismus fungiere als »Kläranlage« für richtige und wichtige Argumente und immunisiere Menschen gegen Desinformation und stärke die Demokratie.
Dem Fachgespräch lagen ein Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD und ein Antrag der Fraktion der FDP zugrunde.
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