Hochschulen bewerten Brexit als Verlust

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HOCHSCHULBAROMETER 2

Die große Mehrheit der Hochschulleitungen in Deutschland bewertet den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union als großen Verlust für die Forschungslandschaft. Trotzdem erwarten sie mehr internationale Zusammenarbeit in Zukunft – nur nicht mit dem Vereinigten Königreich.

Das sind Ergebnisse aus dem aktuellen Hochschul-Barometer von Stifterverband und der Heinz Nixdorf Stiftung, das Ende November 2021 erscheinen wird.

Fast alle befragten Hochschulleitungen (96,9 Prozent) sehen im Austritt Großbritanniens einen Verlust für die europäische Forschungslandschaft. Zudem beklagen neun von zehn Hochschulen durch den Brexit den Verlust wichtiger Partner im Ausland (93 Prozent). Das zeigen die Ergebnisse der Befragung unter den Hochschulleitungen im Rahmen der Erhebung des jährlichen Hochschul-Barometers des Stifterverbandes und der Heinz Nixdorf Stiftung.

Darüber hinaus erwarten nur wenige der befragten Hochschulen Vorteile durch den Brexit. So glauben weniger als ein Drittel der Befragten, dass der Brexit den Hochschulstandort Deutschland stärkt (29,3 Prozent). Auch erwarten nur wenige Hochschulen Vorteile im Wettbewerb um internationale Studierende (28,9 Prozent) und Forscherinnen und Forscher (21,1 Prozent).

Stattdessen spüren die Hochschulen bereits erste Auswirkungen des Brexits. So geben 22 Prozent der befragten Hochschulen an, seit dem Brexit weniger Forschungskooperationen mit britischen Hochschulen durchzuführen. Zwei von fünf Hochschulen berichten von sinkenden Zahlen Studierender aus Großbritannien an ihrer Hochschule (41 Prozent), und an 23 Prozent der Hochschulen gibt es weniger Forscher aus Großbritannien. Besonders stark vom Rückgang betroffen sind die staatlichen Fachhochschulen. Für die Zukunft erwarten noch deutlich mehr Hochschulleitungen sinkende Zahlen an Studierenden, Forschenden und Kooperationen aus und mit dem Vereinigten Königreich.

Trotz des Brexits setzt sich der Trend zur Internationalisierung der Hochschulen fort. Für die Zukunft sehen die Hochschulen eine intensivere Zusammenarbeit mit Hochschulen aus den EU-Staaten und aus Drittländern. So erwartet fast die Hälfte aller Hochschulen in fünf Jahren mehr Forschungskooperationen mit Hochschulen aus anderen Staaten (48,3 Prozent) und eine höhere Anzahl internationaler Studierender (51,6 Prozent). Zudem erwartet 43,2 Prozent der Hochschulleitungen in fünf Jahren mehr internationale Forscher an ihrer Hochschule. Die Diskrepanz zwischen den Zahlen für Großbritannien und andere Staaten macht deutlich, wie stark der Brexit sich auf den wissenschaftlichen Austausch der beiden stärksten Wissenschaftsnationen Europas auswirkt.

»Die Ergebnisse zeigen: Der Brexit ist ein Einschnitt in die Europäische Forschungs- und Hochschullandschaft«, fasst Volker Meyer-Guckel, stellvertretender Generalsekretär des Stifterverbandes, die Ergebnisse der Studie zusammen. »Um eine Zusammenarbeit mit den Hochschulen in Großbritannien auch in Zukunft gewährleisten zu können, gilt es, bilaterale Partnerschaften mit britischen Hochschulen einzugehen und neue Möglichkeiten zur Zusammenarbeit beispielsweise im Rahmen des neu entwickelten Turing-Programms zu entwickeln.« Über das Turing-Programm erhalten Jugendliche aus Großbritannien auch nach dem Brexit und dem Ausstieg aus dem europäischen Erasmus-Programm die Möglichkeit, im Ausland zu studieren.

Hintergrund
Das Hochschul-Barometer ist ein Stimmungsbarometer deutscher Hochschulleitungen. In einer jährlichen, repräsentativen Umfrage wollen Stifterverband und Heinz Nixdorf Stiftung seit zehn Jahren von allen Rektoren und Präsidenten staatlicher und staatlich anerkannter Hochschulen in Deutschland wissen, wie sie ihre momentane Lage und ihre Perspektiven einschätzen. Ein Schwerpunkthema der aktuellen Ausgabe ist die europäische Hochschulpolitik. Die Ergebnisse des gesamten Hochschul-Barometers werden Ende November 2021 veröffentlicht.

 

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