Fachkräftemobilität durch länderübergreifende Vergleichbarkeit
Trotz Fachkräfteeinwanderungsgesetz gibt es für Fachkräfte aus Drittstaaten weiterhin Hürden zu bewältigen. Dazu gehört etwa die Anerkennung von Abschlüssen und Qualifikationen.
Wie mehr Transparenz von Abschlüssen erreicht werden kann, zeigt die Europäische Union. Hier erleichtert der 2008 eingeführte Europäische Qualifikationsrahmen (EQR) die Bewertung von Kompetenzen und damit auch die Mobilität von Fachkräften. Eine länderübergreifende Abstimmung von Qualifikationsrahmen über die EU hinaus auch mit Drittstaaten könnte die Fachkräfteeinwanderung weiter erleichtern.
Der Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, Detlev Scheele, hat kürzlich auf die weiter steigende Bedeutung von Fachkräftezuwanderung hingewiesen. Er schätzt, dass Deutschland 400.000 Fachkräfte aus dem Ausland pro Jahr benötigt, um den Wohlstand mittelfristig zu erhalten. Klar ist: Diese Zielmarke lässt sich allein über EU-Freizügigkeit dauerhaft nicht erreichen. Es braucht auch und gerade Menschen, die ihre Kompetenzen aus Drittstaaten mitbringen. Trotz Fachkräfteeinwanderungsgesetz gibt es aber gerade für diese Personengruppe weiterhin Hürden zu bewältigen. Dazu gehört etwa die Anerkennung von Abschlüssen und Qualifikationen. Für die Ausübung vieler Berufe ist eine behördlich festgestellte volle Gleichwertigkeit aber zwingend erforderlich. In der Praxis führt das zu teils langwierigen Prüfungen, mit entsprechender rechtlicher Unsicherheit für Fachkraft und Unternehmen.
Wie ein besseres Verständnis und mehr Transparenz von Abschlüssen erreicht werden kann, zeigt die Europäische Union. Hier erleichtert der 2008 eingeführte Europäische Qualifikationsrahmen (EQR) die Bewertung von Kompetenzen und damit auch die Mobilität von Fachkräften. Eine länderübergreifende Abstimmung von Qualifikationsrahmen über die EU hinaus auch mit Drittstaaten könnte die Fachkräfteeinwanderung weiter erleichtern. So werden derzeit im Zuge der Umsetzung des EQR Möglichkeiten für die Entwicklung und Anwendung von Kriterien und Verfahren geprüft, die den Vergleich nationaler und regionaler Qualifikationsrahmen von Drittländern außerhalb der EU mit dem EQR ermöglichen. Eine Annäherung über die Qualifikationsrahmen würde das Verständnis der Bildungsabschlüsse erhöhen und könnte so die Anerkennungspraxis positiv beeinflussen.
Qualifikationsrahmen sollen ihrem Zweck nach die in einem Land erwerbbaren Qualifikationen entlang einheitlicher Beschreibungskategorien bestimmten Niveaus zuordnen. Innerhalb des Bildungssystems eines Landes kann dies die Vergleichbarkeit zwischen verschiedenartigen Abschlüssen fördern. Durch die länderübergreifende Vergleichbarkeit von Qualifikationen wird aber auch das Verständnis von Bildungssystemen und Abschlussarten in anderen Ländern verbessert. Darum sind die Mitgliedstaaten der EU seit Einführung des EQR aufgerufen, eigene nationale Qualifikationsrahmen zu entwickeln und diese mit dem EQR in Beziehung zu setzen. Der Deutsche Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen (DQR), dessen Umsetzung das Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unterstützt, ist seit 2013 in Kraft. Deutschland gehört damit zu einem der 150 Länder weltweit, in denen Qualifikationsrahmen bereits im Einsatz sind.
Der EQR soll und kann eine Gleichwertigkeitsprüfung zur beruflichen Anerkennung nicht ersetzen. Die Angabe des EQR-Niveaus auf Abschluss-Zertifikaten bietet Fachkräften und Unternehmen aber eine Zusatzinformation, die zusammen mit andere Angaben – wie zum Beispiel zur Domäne, zu Lerninhalten, zur zertifizierenden Institution, dem Leistungsniveau von Absolvent*innen (z B. Noten, Wortbeurteilung) und ggf. Berechtigungen, die mit dem erworbenen Abschluss verbunden sind – Aufschluss über das jeweilige Qualifikationsniveau gibt. Dies geschieht mit dem Ziel, die Verwertbarkeit von Qualifikationen auf dem europäischen Arbeitsmarkt zu erhöhen. Die Adressat*innen erhalten Hinweise auf deren Wertigkeit innerhalb einer durch Kompetenzniveaus definierten Hierarchie der Qualifikationen. Dies kann Anrechnungsentscheidungen auf Behördenseite erleichtern und Arbeitgeber*innen helfen, in Europa erzielte Lernergebnisse einzuordnen.
Ein gutes Beispiel ist der Erzieher*innenberuf. In Deutschland findet die Ausbildung in der Regel an Fachschulen statt, die zum beruflichen Bildungsbereich gehören. Der Abschluss wird auf DQR-Niveau 6 eingeordnet. In den meisten anderen europäischen Ländern erfolgt die Ausbildung an Hochschulen. Der dabei erzielbare Bachelor-Abschluss liegt auf EQR-Niveau 6. Weil die Qualifikationen im DQR und im EQR gleichwertig zugeordnet sind, können Prüfungsbehörden und Unternehmen daraus ableiten, dass die Abschlüsse, obwohl sie sich im Bildungsweg unterscheiden, Fähigkeiten auf einem gleichwertigen Niveau vermitteln. Die Berücksichtigung von Qualifikationsrahmen in der Anerkennungspraxis kann den Arbeitsmarktakteuren viel Zeit ersparen, da aufwendige Einzelfallprüfungen ggf. reduziert werden könnten.
VERWEISE
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