Sprachliche Bildung in der Corona-Pandemie aus Sicht der Lehrkräfte

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MERCATOR INSTITUT

Schulschließungen, Wechselunterricht, digitaler Unterricht – während der Corona-Pandemie mussten sich Lehrkräfte, Lernende und Eltern immer wieder ad hoc auf neue Lehr-Lern-Settings einlassen.

Einerseits wurde diese Situation als Chance zur Beschleunigung der Digitalisierung in Schulen gesehen, andererseits gab es die Befürchtung, dass vor allem Schülerinnen und Schüler benachteiligt werden, die ohnehin besondere Herausforderungen im Schulalltag bewältigen müssen, wie z. B. den Erwerb von Deutsch als Zweitsprache.

Im Projekt Sprachliche Bildung in der Corona-Pandemie haben Wissenschaftlerinnen des Mercator-Instituts für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache daher eine leitfadengestützte Interviewstudie mit neun Kölner Lehrkräften durchgeführt. Ziel des qualitativen Zugangs war es, anhand einer inhaltsanalytischen Auswertung die Herausforderungen und Potenziale sprachlicher Bildung während der Ad-hoc-Umstellungen von Lehr-Lern-Settings in der Corona-Pandemie 2020/2021 aus der Perspektive von Lehrkräften detailliert herauszuarbeiten.

Die Interviews mit den Lehrkräften zeigen insgesamt, dass sprachliche Bildung – vor allem im Kontext von Mehrsprachigkeit und Zuwanderung – durch einen Unterricht am Bildschirm erschwert wird. Den Lehrkräften zufolge fehlen unter anderem sprachsensibles Unterrichtsmaterial, qualifizierte Fachkräfte und es mangelt an der Medienkompetenz der Lernenden. Ebenso geben die Befragten an, dass es schwerer sei, die heterogenen Sprachkompetenzen und die fachlichen Fähigkeiten im Distanz- und Digitalunterricht zu erfassen. Darüber hinaus verdeutlichen die Interviews, dass – sowohl die Interaktion im virtuellen Raum als auch das Tragen von Masken im Klassenzimmer – das Sprachenlernen mit Blick auf die Aussprache und Artikulation erschwere.

Mit Blick auf die Potenziale, die sich aus der neuen Situation für die sprachliche Bildung ergeben, nannten die Lehrkräfte unter anderem die Verkleinerung der Klassengröße durch den Wechselunterricht in Präsenz, die eine angenehmere Lehr-Lern-Atmosphäre ermöglicht und in denen Schülerinnen und Schüler teilweise effektiver lernen können. Als positiv bewerten die Interviewten auch, dass sich neue Formen der Zusammenarbeit und des internen Austauschs ergeben haben, mit der sich die sprachliche Bildung fachübergreifend besser realisieren lässt. Gelobt wurden ebenso bestehende Angebote wie Lernapps, die beispielsweise Bilderbücher auf unterschiedlichen Sprachen anbieten.

Die Wissenschaftlerinnen der Studie resümieren, dass Themen wie Sprachsensibilität, Mehrsprachigkeitsorientierung oder Deutsch als Zweitsprache wenig Beachtung in der Unterrichtsumstellung geschenkt wurde. Dadurch wurden Lernende mit sprachlichen Förderbedarfen benachteiligt und bestehende Ungleichheiten scheinen sich verstärkt zu haben. Zudem offenbaren die Ergebnisse einen Professionalisierungsbedarf im Bereich digitalisierungsbezogener Sprachbildungskompetenzen bei Lehrkräften in der Schulpraxis, der Bildungsadministration und Lehrkräftebildung an Hochschulen.

Hintergrund
Die Studie ist in der Zeitschrift Der pädagogische Blick unter dem Titel »Sprachliche Bildung in der Corona-Pandemie: Perspektiven von Lehrkräften auf neue Herausforderungen und Chancen« erschienen.

 


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