Mütter mit niedrigerem Schulabschluss profitieren von Kinderbetreuung

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Kleine Hilfe reicht für Erfolg bei Kita-Platz und Arbeitsmarkt

Um mehr bildungsferneren Familien einen Kita-Platz zu ermöglichen, reicht schon eine geringe Unterstützung bei den Bewerbungen aus. Eine neue Studie zeigt, dass Mütter anschließend länger arbeiten und sich der Einkommensunterschied zwischen Müttern und Vätern verringert. Dieser Effekt konnte erstmals kausal für Frauen mit vergleichsweise niedrigem Schulabschluss nachgewiesen werden, die am Arbeitsmarkt besonders benachteiligt sind.

In Deutschland trägt die Geburt eines Kindes nach wie vor stärker als in vergleichbaren Ländern dazu bei, dass Frauen langfristig weniger arbeiten und verdienen. Für Frauen mit niedrigem Schulabschluss ist der sogenannte Gender-Gap bei der Arbeitszeit besonders groß. Auffällig ist, dass weniger gebildete Eltern deutlich seltener Betreuungsangebote für Kinder bis drei Jahren wahrnehmen als besser gebildete Eltern.

»Ein wichtiger Grund für diese Ungleichheit ist die komplizierte, dezentralisierte und vielfach intransparente Vergabe der Kita-Plätze. Höher gebildete Eltern haben hier Vorteile, weil sie oft mehr Wissen und Ressourcen haben, um das Anmeldeverfahren erfolgreich zu durchlaufen«, so beschreibt Dr. Henning Hermes von der Universität Düsseldorf die Hypothese eines Teams aus mehreren Forschungseinrichtungen.

Die Wissenschaftler*innen haben deshalb untersucht, ob bildungsferneren Familien der Zugang zu Kita-Plätzen erleichtert werden kann und ob Frauen dadurch bei Arbeitszeit und Einkommen profitieren. Sie befragten zunächst mehr als 600 Familien mit Kindern unter einem Jahr. Anschließend sah ein Teil der Eltern ein vierminütiges Informationsvideo über den Anspruch auf Betreuung, die Gebührenbefreiung bei niedrigem Einkommen sowie die Vorteile, die frühzeitige und mehrfache Bewerbungen bringen. Außerdem bekamen sie das Angebot, bei der Kita-Bewerbung individuell von (dafür geschulten) Studierenden unterstützt zu werden. Diese recherchierten beispielsweise Informationen über Betreuungseinrichtungen und Bewerbungsverfahren, halfen beim Ausfüllen von Formularen und erinnerten an wichtige Termine. Ein halbes Jahr und anderthalb Jahre später wurden die Familien erneut befragt.

Deutliche Steigerung von Arbeitszeit und Einkommen der Mütter

Eine erste, bereits 2021 publizierte Analyse zeigte: Der Anteil der Familien mit einem Kita-Platz war unter den bildungsferneren Familien, denen bei der Bewerbung geholfen worden war, um rund zwei Drittel größer. Gleichzeitig kümmerten sich die Väter mehr um die Kinder, wodurch die Ungleichheit zwischen Müttern und Vätern beim Betreuungsaufwand um 30 Prozent geringer war.

Nun hat das Forschungsteam für die Mütter mit niedrigerem Schulabschluss gezeigt: Aufgrund der Entlastung durch die Kindertagesstätten konnten viele Frauen Vollzeit oder mit einer substanziellen Arbeitszeit in ihren Beruf zurückkehren. Mütter, denen bei der Kita-Bewerbung geholfen wurde, arbeiteten rund zweieinhalb Mal so häufig mindestens 30 Stunden pro Woche wie Mütter, die nicht unterstützt wurden. Im Vergleich arbeiteten sie wöchentlich fünf Stunden mehr. In den unterstützten Familien war zudem die Wahrscheinlichkeit einer Rollenverteilung, bei der der Vater Vollzeit und die Mutter Teilzeit arbeitet, 20 Prozent geringer.

Die Arbeitszeiten wirkten sich deutlich auf die finanziellen Verhältnisse der bildungsferneren Familien aus. In den unterstützten Familien war das Einkommen der arbeitenden Mütter 22 Prozent höher, Haushaltseinkommen dadurch 10 Prozent höher. Der Einkommensunterschied zwischen Männern und Frauen fiel innerhalb der Haushalte um rund ein Drittel kleiner aus.

Bei Familien mit höherem Bildungsabschluss hatte die Unterstützung bei der Kita-Bewerbung dagegen keine Effekte – weder auf die Kita-Betreuung noch auf Arbeitszeiten oder Einkommen der Mütter.

Nur anderthalb Stunden Unterstützung nötig

»Ein besserer Zugang zu Kita-Betreuung führt zu mehr Gerechtigkeit – sowohl zwischen höher und niedriger gebildeten Familien als auch innerhalb der Familien zwischen Vätern und Müttern. Das gilt für die Aufteilung der Betreuungszeiten genauso wie für die Arbeitszeiten und das Einkommen«, kommentiert Prof. Dr. Philipp Lergetporer von der Technischen Universität München (TUM).

Die Untersuchung ist die erste randomisiert kontrollierte Studie (bei der Teilnehmer*innen zufällig unterschiedlichen Gruppen zugeordnet werden), die nachweist, dass der Kita-Zugang tatsächlich einen Effekt auf die Arbeitsmarktbeteiligung von Müttern mit niedrigerem Schulabschluss hat. »Das ist auch deshalb von großer Bedeutung, weil Frauen ohne Abitur schon vor der Geburt eines Kindes weniger arbeiten als Frauen mit Abitur«, sagt Marina Krauß von der Universität Augsburg.

Um diese Ziele zu erreichen, ist nur wenig Aufwand nötig – die Studierenden halfen den Familien im Mittel lediglich anderthalb Stunden. »Unterstützung für Familien, die Schwierigkeiten haben, sich mit dem Kita-System zurechtzufinden, ist also ein einfaches Mittel mit großem Ertrag«, erläutertr Dr. Frauke Peter vom Deutsche Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW). »Noch sinnvoller wäre es allerdings«, betont Prof. Dr. Simon Wiederhold von der KU Eichstädt-Ingolstadt, »die Bewerbungsverfahren so stark zu vereinfachen und die Zahl der Kita-Plätze so zu erhöhen, dass gar keine Unterstützung von außen mehr nötig ist.«

Mehr Informationen: Am Forschungsprojekt waren das Deutsche Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW), die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt, die Technische Universität München (TUM), die Universität Augsburg und das ifo Institut beteiligt. Sie wurde gefördert von der Jacobs Foundation und dem Research Council of Norway.

Hinweis:
Die Publikation ist ein Working Paper, das den Peer-Review-Prozess noch nicht durchlaufen hat.


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