Kulturelle Bildung systematisch in den Blick nehmen

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DIPF 11

Wie steht es um die kulturelle Bildung in Deutschland, und können alle Menschen gleichermaßen an ihr teilhaben?

Für diese gesellschaftlich wie wissenschaftlich wichtigen Fragen gibt es bislang noch keine umfassenden Untersuchungen. Eine Machbarkeitsstudie präsentiert nun erste Hinweise, auf welche konzeptuellen und methodischen Grundlagen sich ein auf Dauer angelegtes Berichtssystem zur kulturellen Bildung stützen könnte. Zugleich legt die Untersuchung Befunde zum Stand der kulturellen Bildung in Deutschland vor.

Entstanden ist die Studie am DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation.

»Die jetzt vorliegende Machbarkeitsstudie sehen wir als eine Diskussionsgrundlage nicht nur für die Wissenschaft, sondern gerade auch für die Politik und die Kulturschaffenden selbst«, unterstreicht Dr. Stefan Kühne, Mitherausgeber der Studie. »Dabei ging es uns darum, die Angebote, die Nutzung und die Ergebnisse kultureller Bildung aus sehr unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten«, so Dr. Kühne weiter.

Er leitet am DIPF den Arbeitsbereich »Bildungsmonitoring und Bildungsberichterstattung«, der auch den zweijährlich erscheinenden nationalen Bildungsbericht koordiniert. Der Bericht trägt auf der Grundlage vorhandener Studien und Statistiken vielzählige Merkmale und Indikatoren zur Bildung in Deutschland zusammen. In seiner Methodik ist er auch Vorbild für die neue Machbarkeitsstudie.

Diese präsentiert nun ein Konzept, wie und mit welchen Indikatoren sich eine fundierte Bestandsaufnahme in den verschiedenen Feldern der kulturellen Bildung realisieren ließe. Beispiele für solche Indikatoren und die entsprechenden Kennzahlen sind etwa der Anteil von Kindern und Jugendlichen, die ein Musikinstrument erlernen, die im Lehrplan vorgesehene Anzahl von Unterrichtsstunden in künstlerisch-ästhetischen Fächern und die Anzahl der Beschäftigten in Berufen der kulturellen Bildung.

Inhaltlich wurden die Indikatoren drei grundlegenden Bereichen zugeordnet:

  1. der Verfügbarkeit von Angeboten und Personalressourcen in der kulturellen Bildung,
  2. den individuellen Zugängen zu und der Beteiligung an kultureller Bildung sowie
  3. dem Zusammenhang von kultureller Bildung mit der individuellen Entwicklung und Lebensführung, etwa mit Blick auf die kulturelle, politische und soziale Teilhabe.

Um das Konzept systematisch mit Leben zu füllen, hatten sich die Mitarbeiter*innen des verantwortlichen DIPF-Projekts »Indikatoren für kulturelle Bildung« (InKuBi) kontinuierlich mit Vertreter*innen der kulturellen Bildungspraxis, der Bildungs- und Kulturverwaltung sowie der Wissenschaft ausgetauscht. Dabei nutzten sie Einzelbefragungen, Fachdiskurse und breit angelegte Fachforen.

Die Machbarkeitsstudie umfasst auch erste Befunde zum Stand der kulturellen Bildung im Kindes- und Jugendalter. Deutlich wird unter anderem, dass Einrichtungen der kulturellen Bildung wie Museen, Bibliotheken und Theater in den Bundesländern sehr unterschiedlich verfügbar und regional erreichbar sind. Auch die an Schulen vorgesehene Unterrichtszeit für musisch-ästhetische Fächer variiert im Vergleich der Länder wie auch der Schularten deutlich.

Bei der Frage, wie kulturelle Bildungsangebote genutzt und die jeweiligen Interessen ausgeübt werden, zeigen sich wiederum geschlechts- und sozialspezifische Unterschiede – ein Umstand, der aus anderen Lernkontexten bekannt ist. So musizierten und sangen unter den 9- bis 33-Jährigen zwar 33 Prozent der Mädchen und Frauen in ihrer Freizeit mindestens einmal monatlich, aber nur 22 Prozent der Jungen und Männer. Noch höher fiel hier der Unterschied mit Blick auf den sozialen Hintergrund aus: 38 Prozent waren es bei Personen mit hohem gegenüber 21 Prozent mit niedrigem sozioökonomischem Status.

Bis zu einem denkbaren nationalen Bericht zur kulturellen Bildung ist es allerdings noch ein weiter Weg. Viele Daten liegen bislang nicht so vor, dass sie sich nach den verschiedenen Merkmalen aufschlüsseln lassen. Auch bleibt mit den vorliegenden Daten offen, wie hoch etwa die Qualität der Angebote und wie die Professionalität des Personals einzuschätzen ist.

»Für viele Indikatoren, die wir hier vorschlagen, gibt es bislang nur Einzelerhebungen, aber noch keine ganzheitlichen, auf Dauer angelegten Datenerhebungen«, betont Prof. Dr. Kai Maaz, Geschäftsführender Direktor des DIPF und Sprecher der Autor*innengruppe des nationalen Bildungsberichts. »Hier ist es die Aufgabe der Politik zu entscheiden, welche Erkenntnisse sie sich von einem solchen Bericht erhofft und wie dafür verlässliches Datenmaterial bereitgestellt werden kann, zum Beispiel über die statistischen Landesämter.«

Projekt InKuBi:
Dr. Stefan Kühne
Tel.: +49 (0)30. 29 33 60- 623
Mail: s.kuehne@dipf.de 


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