Dialogische Lehre: Es gibt mehr als das gesprochene Wort

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Uni Würzburg

Auch in digitalen Lehrveranstaltungen kommt es nicht nur auf das gesprochene Wort an. Aspekte wie etwa der Tonfall, der Blickkontakt und die erlebte Wertschätzung sind ebenfalls wichtig, wie eine Studie der Uni Würzburg zeigt.

Mit der Coronapandemie kam ihr großer Aufschwung: digitale Lehrveranstaltungen. Je nach Inzidenz und jeweiliger Vorschrift trafen sich dabei Dozierende und Studierende rein digital in speziell dafür eingerichteten Zoom-Meetings. Alternativ saß ein Teil der Studierenden mit Sicherheitsabstand im Hörsaal, während der Rest das Geschehen im heimischen Arbeitszimmer am PC verfolgte.

Wie sich diese unterschiedlichen Settings auf das Lehren und Lernen auswirken, hat ein Team vom Institut für Pädagogik der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) am Beispiel zweier Seminare im Sommersemester 2023 untersucht.

Verantwortlich dafür waren Regina Egetenmeyer-Neher, Professorin für Erwachsenenbildung/Weiterbildung der JMU, und Ramon Flecha, Soziologe, emeritierter Professor der Universität Barcelona und zu diesem Zeitpunkt Gastprofessor am Institut für Pädagogik. Die Ergebnisse ihrer Untersuchungen haben die Forschenden jetzt in der Fachzeitschrift Multidisciplinary Journal of Educational Research veröffentlicht.

Dialogische Lehre wirkt auch in synchron-hybriden Lehrsettings

»Die Studie zeigt, dass es hoch relevant ist, den Dialog in Lehr-Lernsituationen auch jenseits gesprochener Worte mitzudenken. Es ist deshalb die Aufgabe von Lehrenden, Lernende zu beobachten und wertschätzende Dialoge in Lehr-Lernsettings auch jenseits gesprochener Worte zu gestalten«, fasst Regina Egetenmeyer das zentrale Ergebnis ihrer Untersuchung zusammen. Dass dies auch in Veranstaltungen möglich ist, bei denen ein Teil der Studierenden vor Ort präsent und ein Teil per Computer zugeschaltet ist, haben die beiden Seminar im Sommersemester 2023 gezeigt.

Tatsächlich zeigt die Studie, dass auch in synchron-hybriden Lehrsettings dialogische Lehre positiv auf die Studierenden wirkt – wobei es nicht nur auf die gesprochenen Worte ankomme, sondern auch auf den Tonfall, den Blickkontakt und die erlebte Wertschätzung. »Die Auswertung zeigt, dass Studierende den Dialog als sehr positiv für ihren Lernprozess einschätzen. In einigen Fällen sehen sie sogar ein transformatives Potential des Dialogs mit Blick auf ihre Persönlichkeitsentwicklung«, sagt Regina Egetenmeyer.

Der Blick auf Sprechakte allein reicht nicht aus

»In der jüngsten Vergangenheit hat sich die Wissenschaft intensiv mit Fragen rund um den dialogischen Unterricht sowohl in Face-to-Face- als auch in Online- und Hybrid-Sitzungen beschäftigt«, erklärt Professor Ramon Flecha den Hintergrund der Studie. Allerdings werden seiner Ansicht nach die meisten Analysen des dialogischen Unterrichts auf eine Identifizierung des Dialogs mit Worten, mit sogenannten Sprechakten, reduziert. Dabei sei längst klar, dass der Blick auf Sprechakte allein nicht ausreicht, um einen Dialog zu erfassen, da Sprechakte zentrale Dimensionen menschlicher Beziehungen nicht berücksichtigen.

»Deshalb treten mittlerweile neue theoretische Entwicklungen an die Stelle der traditionellen. Eine davon ist der Schritt von Sprechakten zu kommunikativen Akten«, sagt Professorin Marta Soler von der Universität Barcelona, die Mitautorin des Beitrags ist. Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass Kommunikation nicht nur durch Worte erfolgt, sondern auch durch andere Zeichen wie Blicke, Stimmlage und Körpersprache. Dementsprechend sei es möglich, einen dialogischen Unterricht jenseits von Worten zu entwickeln. Bislang habe es dazu jedoch keine empirischen Untersuchungen gegeben, die sich auf diesen theoretischen Ansatz stützen. Die jetzt von dem spanisch-deutschen Team veröffentlichte Studie ist somit die erste in diesem Bereich.

Positive Urteile von den Studierenden

Zwei Seminare eines universitären Masterstudiengangs an der JMU standen im Fokus der Untersuchungen. Die Teilnahme daran war sowohl in Präsenz als auch digital möglich. In den synchron-hybriden Seminaren bekamen die Studierenden begleitende Materialien zur Verfügung gestellt; dort konnten sie auch ein anonymes Feedback zu den einzelnen Veranstaltungen geben. Parallel dazu beobachtete das Forschungsteam genauestens sämtliche Formen der Kommunikation im Zusammenhang mit den Seminaren und erstellte eine dokumentarische Analyse aller Rückmeldungen, die am Ende jeder Sitzung von den Studierenden geschrieben wurden.

»Unsere Auswertungen zeigen, dass die Studierenden diese Form des dialogischen Unterrichts, der auf kommunikativen Handlungen jenseits von Sprechakten basiert, durchwegs positiv bewerten«, sagt Ane López de Aguileta von der Universität Barcelona, die im Sommersemester ebenfalls Gastwissenschaftlerin an der Universität Würzburg war. So waren die Seminarteilnehmenden zum einen mit dem eigenen Lernerfolg überaus zufrieden. Zum anderen waren sie der Ansicht, dass sie mit dieser Methode in ihrem späteren Berufsleben beispielsweise in Bildungsprojekten gut Veränderungen werden in Gang setzen können.

Basierend auf dieser Studie wollen Regina Egetenmeyer-Neher und Ramon Flecha nun weitere Lehr-Lernsettings an der Universität Würzburg hinsichtlich ihrer Bedeutung von »Dialogic Teaching beyond Words« untersuchen, um das Wissen um das innovative Lehrpotential zu erweitern.

Wissenschaftliche Ansprechpartnerin
Prof. Dr. Regina Egetenmeyer-Neher, Professur für Erwachsenenbildung / Weiterbildung, T: +49 931 31-83898, regina.egetenmeyer@uni-wuerzburg.de 


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