Akademische Redefreiheit an deutschen Hochschulen

(Geschätzte Lesezeit: 2 - 3 Minuten)
DZHW4

Studie: Keine strukturelle Kultur des Cancelns in der Wissenschaft

Eine aktuelle Studie des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) untersucht die akademische Meinungsfreiheit an deutschen Hochschulen und kommt zu überwiegend positiven Ergebnissen.

Die repräsentative Befragung zeigt, dass die Mehrheit der Befragten keine Einschränkungen ihrer Redefreiheit wahrnimmt. Gleichzeitig werden aber auch Unterschiede zwischen Statusgruppen, Fachbereichen und Geschlechtern deutlich.

Wissenschaft und Meinungsfreiheit: Ein Blick auf die Situation an deutschen Hochschulen

Im Oktober 2024 wurde die deutschlandweit erste repräsentative empirische Studie zur akademischen Redefreiheit veröffentlicht. Das DZHW hat die Studie in Kooperation mit der ZEIT STIFTUNG BUCERIUS durchgeführt.

Die Studie reagiert auf die zunehmenden Debatten über vermeintliche Einschränkungen der Meinungsfreiheit an Hochschulen, die häufig durch den Vorwurf einer »Cancel Culture« angeheizt werden. Sie untersucht, inwieweit Professorinnen, Doktorandinnen und andere Wissenschaftler*innen in Deutschland in ihrer Forschung und Lehre wirklich frei sind.

Die Untersuchung basiert auf den anonymen Rückmeldungen von mehr als 9.000 Wissenschaftler*innen unterschiedlicher Statusgruppen und Fachbereiche. Besonderes Augenmerk wurde auf sensible Themen wie geschlechtergerechte Sprache und politische Konflikte gelegt. Die Befragung sollte klären, ob es systematische Einschränkungen gibt oder ob die Wissenschaft ein Ort der freien Diskussion bleibt.

Ergebnisse der Studie: Redefreiheit weitgehend gewährleistet

Die Ergebnisse der Studie sind insgesamt positiv. Vier von fünf Befragten gaben an, sich in ihrer Meinungsfreiheit nicht eingeschränkt zu fühlen. Sie bestätigten, dass sie weder persönlich noch in ihrem akademischen Umfeld nennenswerte Behinderungen ihrer Meinungs- und Forschungsfreiheit erlebt haben. Die viel diskutierte »Cancel Culture« konnte somit als strukturelles Problem an deutschen Hochschulen nicht bestätigt werden.

Gleichzeitig zeigen die Ergebnisse geschlechts- und fachspezifische Unterschiede. Insbesondere Frauen, nicht-binäre Personen sowie Angehörige der Geistes- und Sozialwissenschaften berichteten häufiger von persönlichen Einschränkungserfahrungen. Diese betreffen häufig den Umgang mit kontroversen Themen oder die Verwendung einer geschlechtergerechten Sprache.

Hochschulen als Orte des offenen Diskurses

Dr. Anna Hofmann von der ZEIT STIFTUNG BUCERIUS betonte in ihrem Statement, dass Hochschulen Orte des offenen und kontroversen Diskurses bleiben müssten. Die Ergebnisse der Studie zeigten ein grundsätzlich positives Bild der Wissenschaftsfreiheit in Deutschland, wiesen aber auch auf bestehende Herausforderungen hin. Vor allem die Wahrnehmung von Einschränkungen durch bestimmte Gruppen müsse ernst genommen werden, um die Freiräume des Denkens und Forschens auch in Zukunft zu sichern.

Methodik und Beteiligte
Die Studie wurde vom DZHW in Kooperation mit Wissenschaftlerinnen der Universitäten Berlin, München, Frankfurt, Bremen und Mannheim durchgeführt. Journalistinnen der Wochenzeitung DIE ZEIT unterstützten das Projekt. Die Studie will dazu beitragen, die emotional geführte Debatte um die Wissenschaftsfreiheit zu versachlichen und wissenschaftlich fundierte Antworten auf die drängenden Fragen in diesem Bereich zu geben.


  VERWEISE  


Gleichstellung für gemeinnützige Forschungsinstitute
Vertreter gemeinnütziger Forschungseinrichtungen verlangen mehr Freiheit bei der Anwerbung von Spitzenkräften und qualifiziertem Verwaltungspersonal. Bei einer öffentlichen Anhörung des Bundestagsausschusses für Bildung, Forschung und...
Zivilklauseln in der Wissenschaft
Sogenannte »Zivilklauseln« in der Wissenschaft sind Thema der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU im Deutschen Bundestag. Darin schrieb die Fraktion, dass nach ihrer Auffassung internationale Kooperationen deutscher...
Neues Portal der Allianz der Wissenschaftsorganisationen bündelt Informationen
Die Allianz der Wissenschaftsorganisationen ist ab sofort mit einer eigenen Website im Netz präsent. Der nun gelaunchte Internetauftritt bündelt alle Informationen zur Allianz und ihren Mitgliedern. Insbesondere werden die wissenschaftspolitischen...

 

 

Die fünf meistgelesenen Artikel der letzten 30 Tage in dieser Kategorie.

 

  • Future Skills: Kollaboration als essenzielle Fähigkeit in der Hochschulbildung

    Problemlösung und kritisches Denken als zentrale Future Skills In einer neuen Studie des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) wurde untersucht, welche Kompetenzen Hochschullehrende für die Zukunft als besonders wichtig erachten. Die Ergebnisse...

  • Gesellschaftlicher Zusammenhalt in Zeiten globaler Krisen: Neue Ansätze des FGZ

    Das BMBF hat die Weiterförderung des Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ) beschlossen. Dies betrifft die elf Standorte des FGZ, darunter den Hamburger Standort am Leibniz-Institut für Medienforschung | Hans-Bredow-Institut....

  • Praxis und Forschung gemeinsam für bessere Startchancen

    Der Forschungsverbund zur wissenschaftlichen Begleitung des Startchancen-Programms hat seine Arbeit aufgenommen. Ziel ist es, dass die an dem Programm beteiligten Schulen sowie ihr Steuerungs- und Unterstützungssystem umfassend von...

  • Akademische Redefreiheit an deutschen Hochschulen

    Studie: Keine strukturelle Kultur des Cancelns in der Wissenschaft Eine aktuelle Studie des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) untersucht die akademische Meinungsfreiheit an deutschen Hochschulen und kommt zu...

  • Kosten eines Bachelorstudiums im Jahr 2022

    Durchschnittlich 36.500 Euro haben Hochschulträger den Hochschulen im Jahr 2022 an laufenden Ausgaben für ein Bachelorstudium zur Verfügung gestellt. Dabei handelt es sich um sogenannte Grundmittel für ein Bachelorstudium (ohne Lehramtsbachelor) in...

.