Ungerechtfertigte Lohnlücke: Weniger Lohn, weil »typisch Frau«?
Dass in »typischen Frauenberufen« weniger verdient wird, ist häufig nicht gerechtfertigt. Darauf deuten erste Ergebnisse eines Forschungsprojektes hin, das die »Blinden Flecken in der Ursachenanalyse des Gender Pay Gaps« untersucht. Angesiedelt ist es beim Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen (UDE) in Kooperation mit dem Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung.
»Viele Untersuchungen zu den Verdienstunterschieden zwischen den Geschlechtern suggerieren, dass allenfalls ein kleiner Teil auf Lohndiskriminierung zurückgeht. Der größere Teil ließe sich durch die unterschiedlichen Positionen von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt erklären. Unsere Analysen zeigen jedoch, dass sich auch hier ungerechtfertigte Benachteiligungen verbergen können. Das geplante Gesetzesvorhaben zur Lohngerechtigkeit für Frauen und Männer könnte helfen, diese aufzudecken und zu beseitigen«, so die IAQ-Direktorin Prof. Dr. Ute Klammer.
Blickt man zum Beispiel auf die Anforderungen und Belastungen, lassen sich viele weiblich dominierte Betreuungsberufe im Gesundheitswesen sehr wohl mit männlich bestimmten technischen Berufen vergleichen. Dennoch liegen die aktuellen Verdienstunterschiede zwischen diesen Berufsgruppen bei 36 Prozent. Ähnlich verhält es sich bei medizinischen Fachberufen und IT-Entwicklern: Trotz vergleichbarer Anforderungen und Belastungen verdienen die Frauen in den größtenteils von ihnen ausgeübten medizinischen Berufen 43 Prozent weniger.
Bei den Analysen zur Bereinigung des Gender Pay Gaps wird berechnet, wie groß die Lohnungleichheit zwischen den Geschlechtern ausfallen würde, wenn es zwischen Frauen und Männern am Arbeitsmarkt keine Unterschiede gäbe. Wenn also weibliche und männliche Beschäftigte vergleichbar wären hinsichtlich ihrer Qualifikationen, ihres ausgeübten Berufs, ihrer beruflichen Positionierung, ihrer Erwerbsverläufe und ihrer Arbeitszeiten. Grundsätzlich kommen diese Untersuchungen zu dem Ergebnis, dass der bereinigte Gender Pay Gap für Deutschland kleiner ausfällt als der unbereinigte Lohnunterschied.
Häufig wird nur der bereinigte Gender Pay Gap als gleichstellungspolitisch relevant betrachtet. »Problematisch sind solche Interpretationen, weil die zur Bereinigung des Gender Pay Gaps herangezogenen Faktoren selbst nicht frei von Diskriminierung sind«, stellt die IAQ-Forscherin Sarah Lillemeier fest. »Der bereinigte Gender Pay Gap kann Ungleichheiten aufgrund des Geschlechts verdecken und fälschlicherweise legitimieren. Dementsprechend ist er gleichstellungspolitisch eine unzureichende Größe«.
Wenn Frauen deshalb weniger verdienen, weil sie häufiger in den schlechter bezahlten Berufen beschäftigt sind, muss dies nicht zwangsläufig legitim sein. Denn dies geht auf die gesellschaftliche Abwertung typisch weiblicher Tätigkeiten zurück, ist also eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, kritisieren die IAQ-Forscherinnen. Bislang ist die Relevanz solcher Erklärungsansätze jedoch noch nicht statistisch geprüft worden. Diese Forschungslücke versucht das aktuelle Forschungsprojekt zumindest teilweise zu schließen.
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