Sozialpolitikforschung in Deutschland

IAQ Report

Was Forschende und Praxisakteure von der Wissenschaft erwarten

Die Sozialpolitik in Deutschland steht vor komplexen Herausforderungen. Das Deutsche Institut für Interdisziplinäre Sozialpolitikforschung (DIFIS), getragen vom Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen und dem SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik der Universität Bremen, setzt sich für die Weiterentwicklung der sozialpolitischen Forschung und Praxis ein.

Ein aktueller IAQ-Report beleuchtet die Erwartungen von Wissenschaft, Politik und Gesellschaft an die Sozialpolitikforschung.

Sozialpolitikforschung zwischen Theorie und Praxis

Seit seiner Gründung im Jahr 2021 verfolgt das vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales geförderte DIFIS das Ziel, wissenschaftliche Erkenntnisse für die Gestaltung des Sozialstaats nutzbar zu machen. Ein Team um Tom Heilmann hat dazu innerhalb von 1,5 Jahren etwa 50 Expert*innen aus Wissenschaft, Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft befragt.

Die Ergebnisse zeigen: Der Bedarf an praxisnaher Forschung ist groß, insbesondere mit Blick auf gesellschaftliche Entwicklungen wie Klimawandel, demografischen Wandel, technologische Innovationen und geopolitische Konflikte.

Unterschiedliche Perspektiven zum Wissenstransfer

Der IAQ-Report identifiziert vier idealtypische Transfermodelle, die unterschiedliche Erwartungen an das Verhältnis von Wissenschaft und Praxis widerspiegeln.

Viele Forschende stehen vor einem Dilemma: Wissenschaftliche Anerkennung hängt von theoretisch und methodisch anspruchsvollen Studien ab, Praxisakteure fordern jedoch anwendungsorientiertes Wissen für die unmittelbare Politikgestaltung. Gleichzeitig zeigt sich, dass Wissenstransfer häufig als einseitiger Prozess verstanden wird, bei dem Forschungsergebnisse lediglich in die Praxis transferiert werden. Formate für einen wechselseitigen Austausch werden dagegen seltener genutzt.

Wissenstransfer als vielschichtiger Prozess

Tom Heilmann betont, dass Wissenstransfer immer kontextabhängig ist: Statt pauschal mehr Wissenstransfer zu fordern, solle geklärt werden, welche Ziele konkret verfolgt werden. Für einen erfolgreichen Transfer brauche es zudem ein gegenseitiges Verständnis für die Arbeitsweisen und Rahmenbedingungen der jeweiligen Akteure. Eine weitere offene Frage betrifft die Finanzierung: Wer stellt die notwendigen Ressourcen zur Verfügung?

Perspektiven für die Zukunft

Das DIFIS sieht sich in der Verantwortung, durch konzeptionelle Arbeit und gezielte Vernetzungsinitiativen die Verbindung zwischen Wissenschaft und Praxis zu stärken. Ein stärker strukturierter und wechselseitiger Austausch könnte dazu beitragen, die Sozialpolitikforschung besser auf gesellschaftliche Bedarfe abzustimmen und damit einen Beitrag zur Weiterentwicklung des Sozialstaats zu leisten.

Bibliographie
Tom Heilmann, 2025: Wissenschaft-Praxis-Transfer in der deutschen Sozialpolitik: Erwartungen von Forschenden und Praxisakteuren. Duisburg: Inst. Arbeit und Qualifikation. IAQ-Report 2025-02.


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