Eigenständige Promotionen: Fachhochschulen auf dem Vormarsch

 Frauen mit Doktorhut

Promotionsrecht für Fachhochschulen: Ein Wandel in der deutschen Hochschullandschaft

Immer mehr Bundesländer ermöglichen es Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW), eigenständig Promotionen durchzuführen. Diese Entwicklung, die vor wenigen Jahren noch als Pilotprojekt galt, hat sich mittlerweile in zwölf von 16 Bundesländern etabliert.

Das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) sieht darin einen wichtigen Schritt hin zu einer vielfältigeren und bedarfsgerechteren Hochschullandschaft.

Fortschritt durch selektives Promotionsrecht

Erstmals erhielt 2016 die Hochschule Fulda ein eigenständiges Promotionsrecht für ausgewählte Bereiche. Seitdem haben weitere Bundesländer gesetzliche Regelungen geschaffen, die entweder einzelnen HAW oder landesweiten Promotionskollegs das Promotionsrecht gewähren.

CHE-Experte Ulrich Müller betont, dass diese Entwicklung breite Akzeptanz finde, da das Recht nur forschungsstarken Einheiten gewährt werde und strenge Qualitätskriterien wie Drittmitteleinwerbung und Publikationsnachweise erfülle.

Vier Modelle für den Doktortitel an HAW

In Deutschland gibt es aktuell vier Wege, wie Absolvent*innen von Fachhochschulen einen Doktortitel erlangen können. Drei davon binden HAW aktiv ein:

  • Promotionen an Universitäten: Seit den 1990er Jahren etabliert und durch die Bologna-Reform erleichtert.
  • Kooperative Promotionen: Zusammenarbeit zwischen Universitäten und HAW, oft über gemeinsame Graduiertenplattformen.
  • Landesweite Promotionskollegs: Eigenständige Promotionsrechte für HAW-Verbünde.
  • Selektives Promotionsrecht für einzelne HAW: Einige Bundesländer wie Hessen und Bayern haben dies bereits eingeführt.

Unterschiede zwischen den Bundesländern

Während Länder wie Nordrhein-Westfalen auf landesweite Promotionskollegs setzen, erlauben Hessen und Bayern einzelnen HAW das Promotionsrecht. Vier Bundesländer – Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Sachsen – haben jedoch noch keine entsprechenden Regelungen geschaffen. In Rheinland-Pfalz wird jedoch eine Gesetzesänderung vorbereitet.

Qualität als Schlüssel zum Erfolg

Das CHE betont, dass die strengen Kriterien für das Promotionsrecht ein hohes Niveau sicherstellen. Ulrich Müller hebt hervor, dass HAW-Promotionen keineswegs minderwertig seien. Vielmehr setzten die strukturellen Anforderungen oft Standards, die auch für Universitäten beispielhaft sein könnten.

Neue Perspektiven für Forschung und Karrierewege

Die Einführung des Promotionsrechts stärkt nicht nur den Hochschultyp HAW, sondern schafft auch neue Karrierewege. Besonders in praxisnahen Bereichen wie Sozialer Arbeit oder Gesundheitswissenschaften bieten HAW attraktive Alternativen zu universitären Promotionen. Zudem profitieren Absolvent*innen aus nicht-akademischen Familien von der Durchlässigkeit des Bildungssystems.

Empfehlung: Stärken der HAW konsequent nutzen

Das CHE empfiehlt den HAW, ihre spezifischen Merkmale wie Anwendungsbezug und regionale Einbindung in den Vordergrund zu stellen. Ulrich Müller rät dazu, auch berufsbegleitende Promotionen auszubauen und außerakademische Karrieren stärker zu berücksichtigen. Dies könne das Profil der HAW weiter schärfen und ihre Rolle im Wissenschaftssystem stärken.


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