Berufsbildende Schulen brauchen bis 2025 knapp 22.000 zusätzliche Lehrkräfte mehr als erwartet
GEW stellt Schülerzahl- und Lehrkräftebedarfs-Prognose vor – Mehr Schüler als von der KMK berechnet – Länder müssen handeln
»Knapp 22.000 zusätzliche Lehrkräfte brauchen die berufsbildenden Schulen bis 2025. Der Grund: Bis zu diesem Zeitpunkt werden fast 340.000 Schülerinnen und Schüler mehr an berufsbildenden Schulen lernen als bisher von der Kultusministerkonferenz (KMK) berechnet«, sagte Ansgar Klinger, für Berufliche Bildung verantwortliches Vorstandsmitglied der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), am Freitag während einer Pressekonferenz seiner Organisation in Berlin. Er stellte die Ergebnisse der Studie »Prognose der Schüler*innenzahl und des Lehrkräftebedarfs an berufsbildenden Schulen bis 2030« vor, die der Bildungsforscher Dieter Dohmen im Auftrag der Bildungsgewerkschaft erstellt hat. »Schon jetzt herrscht an diesen Schulen Lehrkräftemangel. Die Länder müssen endlich wirksam handeln«, betonte Klinger.
»Die höhere Schülerzahl bedeutet, dass auch die Bildungsausgaben kräftig steigen müssen: Allein im Jahr 2025 muss die öffentliche Hand mindestens 1,6 Milliarden Euro mehr ausgeben. Davon entfallen gut 1,3 Milliarden Euro auf die Länder und knapp 300 Millionen Euro auf die Landkreise sowie kreisfreien Städte als Schulträger. Und mit diesem Geld können nur die Standards gehalten werden, notwendige Verbesserungen sind nicht mit eingerechnet«, unterstrich Klinger. Um zusätzliche Lehrkräfte zu gewinnen, müssten die Länder den Lehrerberuf an berufsbildenden Schulen wieder attraktiver gestalten. Bessere Rahmenbedingungen brauchten auch die Lehrerinnen und Lehrer, die an berufsbildenden Schulen arbeiten. »Klar ist, dass die Leistungsverdichtung der vergangenen Jahrzehnte der Attraktivität des Berufs deutlich geschadet haben«, sagte der GEW-Experte.
»Doch das allein wird nicht reichen. Die Länder müssen für mehrere Jahre Quer- und Seiteneinsteiger einstellen und die Lehramtsausbildung ausbauen, um den Bedarf an Lehrkräften zu decken«, stellte Klinger fest. »Die Quer- und Seiteneinsteiger müssen sofort berufsbegleitend nachqualifiziert und durch Mentoringprogramme unterstützt werden. Dafür brauchen wir bundesweit Mindeststandards. Lehrkräfte, die Quer- und Seiteneinsteiger ausbilden und betreuen, müssen entlastet werden, die ausbildenden Schulen Unterstützung erhalten. Nur so kann die Qualität des Unterrichts gesichert werden.« Quer- und Seiteneinsteiger haben keine abgeschlossene Ausbildung als Lehrkräfte, sie müssen insbesondere pädagogische und didaktische Qualifikationen erwerben.
Zudem müssten die Länder ihre Investitionen in die grundständige Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer für berufliche Schulen an den Hochschulen und in den Vorbereitungsdienst deutlich erhöhen sowie die Ausbildungskapazitäten hochfahren. Die »Qualitätsoffensive Lehrerbildung« von Bund und Ländern solle hierbei unterstützen. Dazu gehöre u.a. die (Wieder-)Einrichtung von Lehrstühlen in der Berufs- und Wirtschaftspädagogik sowie der Didaktik der beruflichen Fächer. »Eine länderübergreifende Zusammenarbeit in der Ausbildung von Lehrkräften der beruflichen Schulen ist notwendiger denn je«, hob Klinger hervor.
Hintergrund
Die vorgelegten Daten beziehen sich auf die Gesamtheit der 16 Bundesländer. Zwischen den Stadtstaaten und den Flächenländern, aber auch zwischen den Regionen in den Flächenländern gibt es deutliche Abweichungen gegenüber dem aufgezeigten deutschlandweiten Trend.
Bislang ging die KMK in ihren Veröffentlichungen von einem Rückgang der Zahl der Schülerinnen und Schüler an beruflichen Schulen auf gut 2,1 Millionen bis zum Jahr 2025 aus. Neuere Studien Dohmens zeigen jedoch, dass die Zahl der Schülerinnen und Schüler an beruflichen Schulen mittelfristig steigt. Selbst bis zum Jahr 2030 wird sie auf dem vergleichsweise hohen Niveau von gut 2,5 Millionen Schülerinnen und Schüler bleiben.