Teilzeit verliert, Zeitsouveränität gewinnt: Beschäftigte wollen flexible Arbeitszeiten

(Geschätzte Lesezeit: 2 - 3 Minuten)
Eltern mit Baby

Flexibilität und Familienfreundlichkeit: Was Frauen und Männer im Beruf wirklich wollen

Reine Teilzeitstellen mit festen Arbeitszeiten werden von Frauen und Männern kaum nachgefragt. Der Wunsch nach mehr Flexibilität sowohl in der Arbeitszeitgestaltung als auch im Arbeitsumfang ist deutlich spürbar. Insbesondere für Frauen spielt zudem die Vereinbarkeit von Familie und Beruf eine zentrale Rolle.

Hohe Erwerbstätigenquote, aber viele Teilzeitbeschäftigte

Trotz einer Erwerbstätigenquote von knapp 78 Prozent arbeiten in Deutschland viele Frauen in Teilzeit. Fast die Hälfte aller Frauen ist davon betroffen. Doch starre Teilzeitmodelle stoßen auf wenig Gegenliebe.

Wie eine Umfrage der Bertelsmann Stiftung zeigt, wünschen sich rund 50 Prozent der befragten Frauen flexible Arbeitszeiten und -umfänge, unabhängig davon, ob sie Kinder haben oder nicht. Auch bei Männern ist der Wunsch nach flexiblen Arbeitszeiten hoch. Weniger als 30 Prozent bevorzugen Jobs mit festen Arbeitszeiten.

Flexible Arbeitszeiten als Schlüssel

Die Befragung anhand von Muster-Stellenanzeigen verdeutlicht, dass knapp die Hälfte der Frauen und Männer Stellen bevorzugen, die sowohl in Teilzeit als auch in Vollzeit ausgeübt werden können. Reine Vollzeitstellen sind dagegen weniger beliebt.

Insbesondere bei Eltern jüngerer Kinder zeigt sich eine deutliche Präferenz für Teilzeit- oder flexible Arbeitszeitmodelle. Nur 21,3 Prozent der Frauen mit kleinen Kindern entscheiden sich für Vollzeit, und auch bei Männern mit Kindern ist die Präferenz für Vollzeit mit 38,1 Prozent eher gering.

Dies deutet laut Michaela Hermann von der Bertelsmann Stiftung darauf hin, dass Paare Erwerbs- und Sorgearbeit heute anders aufteilen wollen.

Teilzeitfalle und Zeitsouveränität

Obwohl viele Frauen in Teilzeit arbeiten, ist dies oft keine freiwillige Entscheidung.

Wie Luisa Kunze von der Bertelsmann Stiftung betont, stecken viele Mütter in der so genannten Teilzeitfalle. Aufgrund der traditionellen Rollenverteilung können sie nach der Elternzeit oft nur eingeschränkt arbeiten und haben kaum Möglichkeiten, ihre Stundenzahl aufzustocken. Dies führt nicht nur zu einem Karriereknick, sondern lässt auch viel Potenzial ungenutzt.

Wunsch nach Flexibilität

Flexible Arbeitszeiten ohne feste Kernzeiten werden von fast der Hälfte der Befragten befürwortet. Nur knapp ein Viertel der Frauen und weniger als ein Drittel der Männer sind mit starren Arbeitszeiten zufrieden.

Michaela Hermann betont, dass flexible Modelle die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben fördern und damit auch für Arbeitgeber von Vorteil sind.

Familienfreundlichkeit als Standortvorteil

In Zeiten des Fachkräftemangels wird Familienfreundlichkeit zu einem wichtigen Faktor. Vor allem für Frauen mit kleinen Kindern ist sie entscheidend. Fast die Hälfte dieser Gruppe hält familienfreundliche Angebote für wichtig, ebenso wie finanzielle Unterstützung bei der Kinderbetreuung oder Betreuungsmöglichkeiten in der Nähe des Arbeitsplatzes.

Schichtarbeit: Verlässlichkeit ist gefragt

Für Beschäftigte in Schichtarbeit stellt die Vereinbarkeit von Beruf und Familie eine besondere Herausforderung dar. Fast die Hälfte der Schichtarbeitenden legt großen Wert auf Kinderbetreuungsmöglichkeiten in der Nähe des Arbeitsplatzes. Geregelte Arbeitszeiten sind ihnen deutlich wichtiger als flexible Modelle.

Hintergrund
Die Studie ist der erste Teil einer Veröffentlichungsreihe des Projekts »Spannungsfeld Vereinbarkeit: Onlinebefragung zur Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit im Paarkontext«, das das Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen im Auftrag der Bertelsmann Stiftung durchgeführt hat. Die Datengrundlage bildet eine Onlinebefragung von 2.523 Frauen und Männern im erwerbsfähigen Alter (18-65 Jahre). Die Befragung wurde zwischen dem 19.12.2023 und dem 19.1.2024 vom Umfragezentrum Bonn und einem Online-Access-Panel mit Incentivierung von bilendi durchgeführt. Sie wurde im Rahmen der ESOMAR-Richtlinie durchgeführt, das für die Erhebung genutzte Panel ist nach ISO 20252:2019 zertifiziert.

Ansprechpartnerinnen:

Michaela Hermann, Telefon: 05241. 81 81- 295 
E-Mail: michaela.hermann@bertelsmann-stiftung.de  

Luisa Kunze, Telefon: 030. 27 57 88- 175 
E-Mail: luisa.kunze@bertelsmann-stiftung.de  


  VERWEISE  


Vollzeit erwerbstätig und trotzdem mehr Sorgearbeit: Frauen im Nachteil
Erwerbstätige Frauen in Deutschland übernehmen nach wie vor den Großteil der Sorgearbeit, auch wenn sie Vollzeit arbeiten. Eine aktuelle Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung zeigt, dass...
Arbeitsvolumen übersteigt erstmals Niveau von 2019
Deutschland: Erstmals mehr Arbeitsstunden als vor Corona. Teilzeitbeschäftigung und geringe Überstunden prägen die Entwicklung. Im zweiten Quartal 2024 hat das Arbeitsvolumen in Deutschland erstmals den Höchststand von 2019 übertroffen. Insgesamt...
Fernarbeit und Innovation: Warum persönliche Interaktion entscheidend bleibt
Schränkt die Arbeit im Homeoffice Innovationen ein? Ein Artikel auf der europäischen CORDIS-Website beschäftigt sich mit einer Untersuchung, die sich mit der Frage befasst, wie sich Fern- und Hybridarbeit auf die Innovationsfähigkeit von...

.