AGG: BAG-Urteil zu Diskriminierung wegen Schwerbehinderung

(Geschätzte Lesezeit: 1 - 2 Minuten)
BAGDie beklagte Stadt schrieb Mitte 2013 die Stelle eines »Techn. Angestellte/n für die Leitung des Sachgebiets Betriebstechnik« des von ihr unterhaltenen Komplexes »Palmengarten« aus. In der Stellenausschreibung heißt es u.a.: »Wir erwarten: Dipl.-Ing. (FH) oder staatl. gepr. Techniker/in oder Meister/in im Gewerk Heizungs-/Sanitär-/Elektrotechnik oder vergleichbare Qualifikation; ..«. Der mit einem Grad der Behinderung von 50 schwerbehinderte Kläger, der ausgebildeter Zentralheizungs- und Lüftungsbauer sowie staatlich geprüfter Umweltschutztechniker im Fachbereich »Alternative Energien« ist, bewarb sich auf die ausgeschriebene Stelle. Er fügte seinem Bewerbungsschreiben einen ausführlichen Lebenslauf bei. Die beklagte Stadt lud den Kläger nicht zu einem Vorstellungsgespräch ein und entschied sich für einen anderen Bewerber.
 
Der Kläger hat von der beklagten Stadt die Zahlung einer Entschädigung verlangt. Zur Begründung hat er ausgeführt, die beklagte Stadt habe ihn wegen seiner Schwerbehinderung diskriminiert. Sie sei ihrer Verpflichtung nach § 82 SGB IX, ihn zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, nicht nachgekommen. Bereits dieser Umstand begründe die Vermutung, dass er wegen seiner Schwerbehinderung diskriminiert worden sei. Die beklagte Stadt hat sich darauf berufen, sie habe den Kläger nicht zu einem Vorstellungsgespräch einladen müssen, da dieser für die zu besetzende Stelle offensichtlich fachlich ungeeignet sei. Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und die beklagte Stadt verurteilt, an den Kläger eine Entschädigung iHv. drei Bruttomonatsverdiensten zu zahlen. Das Landesarbeitsgericht hat das arbeitsgerichtliche Urteil auf die Berufung der beklagten Stadt teilweise abgeändert und die Entschädigungssumme auf einen Bruttomonatsverdienst reduziert. Hiergegen wendet sich die beklagte Stadt mit ihrer Revision.
 
Die Revision hatte vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die beklagte Stadt hatte dadurch, dass sie den Kläger nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen hatte, die Vermutung begründet, dass der Kläger wegen seiner Schwerbehinderung aus dem Auswahlverfahren vorzeitig ausgeschieden und dadurch benachteiligt wurde. Sie war von ihrer Verpflichtung, den Kläger zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, auch nicht nach § 82 Satz 3 SGB IX befreit. Auf der Grundlage der Angaben des Klägers in seiner Bewerbung durfte sie nicht davon ausgehen, dass diesem die erforderliche fachliche Eignung offensichtlich fehlte.

Bundesarbeitsgericht   Urteil vom 11. August 2016 - 8 AZR 375/15 -
Vorinstanz: Hessisches Landesarbeitsgericht   Urteil vom 2. Juni 2015 - 8 Sa 1374/14 -

 

  VERWEISE  
  •  ...

 

Chancengerechtigkeit durch Weiterbildung: Förderung von Beschäftigten mit Behinderung
Barrierefreie Weiterbildung: Schlüssel zur beruflichen Teilhabe Künstliche Intelligenz (KI) kann die Eingliederung in die Arbeitswelt erheblich fördern, indem sie Barrieren für Menschen mit Behinderungen abbaut und ihre Berufschancen verbessert....
Teilzeit und Lohnverlust: Wie Schwerbehinderung Arbeitswege verändert
Schwerbehinderung beeinflusst Erwerbsverlauf erheblich Eine aktuelle Studie des IAB zeigt, dass Betroffene fünf Jahre nach Eintritt einer Schwerbehinderung eine um 16 Prozentpunkte geringere Wahrscheinlichkeit haben, erwerbstätig zu sein, als...
Diskriminierung im Alltag: Bericht zeigt anhaltende Benachteiligungen in Bildung und Arbeitswelt
Diskriminierung in Deutschland - Erkenntnisse und Empfehlungen Der »Fünfte Gemeinsame Bericht der Antidiskriminierungsstelle des Bundes« ist ein umfassendes Dokument, welches alle vier Jahre erstellt wird und das das aktuelle Ausmaß von...

.