Der Begriff »Webinar«: Ein geschützter Begriff?

(Geschätzte Lesezeit: 2 - 3 Minuten)

Bernhard Kuntz Ein Beitrag aus unserer »Standpunkte«-Reihe von Bernhard Kuntz, Darmstadt.  

Gestern abend erhielten wir die erste panische Mail eines Kunden: Bitte den Begriff »Webinar« überall auf unserer Webseite durch »Online-Seminar« ersetzen und ihn nie mehr in unseren Pressetexten verwenden.

Der Hintergrund: Seit einigen Wochen geistert durch das Internet die Nachricht, der Begriff »Webinar« sei eine eingetragene Marke und seine Verwendung könne zu Abmahnungen führen. So publizierte zum Beispiel die Landschaftskammer Rheinland-Pfalz am 26. Juni 2020 – anscheinend völlig ungeprüft – auf ihrer Webseite folgende Nachricht:

Nachricht: Begriff »Webinar« ist geschützt

»Der Begriff ‚Webinar‘ ist seit 2003 geschützt und beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragen. Wer Kurse, Seminare oder andere Bildungsangebote per Internet durchführt, sollte also in jedem Fall den geschützten Begriff vermeiden. Darauf weist unter anderem der Zentralverband des Deutschen Handwerks hin. Ungeachtet der jeweiligen juristischen Auffassung ist es ratsam, künftig Bezeichnungen wie ‚Online-Seminar‘, ‚Online-Kurs‘ und ähnliche zu verwenden. Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie hat das Angebot solcher Veranstaltungen stark zugenommen. Eine verstärkte Aktivität der beauftragten Anwälte hinsichtlich Abmahnungen ist daher zu erwarten«.

Solche Meldungen lösten bei unserem Kunden die panische Reaktion aus.

Aus meiner Warte ist die obige Warnung »heiße Luft«, die von einer Person oder Organisation erzeugt wird, die gerne hätte, dass es so wäre, damit sie durch Abmahnungen ohne Arbeit mühelos ein paar Euro verdienen kann oder gar zum Einkommensmillionär wird – schließlich steht der Begriff Webinar laut Google allein 153.000.000 Mal im Netz.


Rechtsanwaltsmeinung zum Thema Begriff »Webinar«

Ähnlich sehen dies anscheinend die Rechtsgelehrten bzw. -experten, wie unter anderem ein Beitrag des Fachanwalts für IT-Recht sowie Urheber- und Medienrecht Dr. Maximilian Greger im Law-Blog zeigt.

Er schreibt: Das »Zeichen ‚Webinar‘« sei zwar im Jahr 2003 für die Klassen 35, 38 und 41 als deutsche Wortmarke angemeldet (Markennummer: 30316043 - https://register.dpma.de/DPMAregister/marke/register/303160438/DE) worden, doch die Wahrscheinlichkeit dürfte »äußerst gering sein, dass der Markeninhaber seine Rechte tatsächlich durchsetzt« – u.a. weil dem Inhaber im Falle eines Rechtsstreits eine Löschung der Marke »wegen Verfalls« drohe.

Genaue Begründung – siehe Beitrag im Law-Blog (https://www.law-blog.de/1969/eingetragene-marke-webinar-droht-abmahnung-bei-verwendung/) .


Mein Laien-Tipp: Den Begriff Webinar wie gewohnt nutzen

Deshalb meine Empfehlung als Nicht-Rechtsanwalt an alle Berater, Trainer, Coaches sowie Personalverantwortlichen in Unternehmen: Lassen Sie sich von dem Meldungen im Netz (oder sonst wo) nicht »kirre« machen, nutzen Sie den Begriff »Webinar« wie gehabt ruhig weiter. Im Netz steht so viel »Bullshit«, dass man Meldungen erst mal prüfen sollte, bevor man…

Der angebliche Inhaber an dem Begriff »Webinar« ist laut dem DPM-Register übrigens ein Mark Keller in Kuala Lumpur, also in ‎Malaysia. Herzliche Grüße an ihn. Vielleicht möchte er mir wegen Nutzung des Begriffs Webinar ja auch eine Abmahnung senden.
     


 

Bernhard Kuntz

 
Bernhard Kuntz ist Inhaber der (Online-)Marketing-Agentur Die PRofilBerater GmbH, Darmstadt.
 

In unserer Reihe »Standpunkte« bieten wir von Zeit zu Zeit engagierten Akteuren aus den Bereichen Weiterbildung, Personalentwicklung und Wissensmanagement die Möglichkeit, sich mit einem aktuellen Thema an unsere Leser zu wenden. Unabhängig vom jeweiligen Inhalt weisen wir darauf hin, dass diese Artikel ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wiedergeben und nicht zwangsläufig mit der Auffassung der Redaktion in Einklang zu bringen sind.

 

 

 

 

BAG: Schulungsanspruch der Personalvertretung - Webinar statt Präsenzschulung?
Nach dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) haben Betriebsräte Anspruch auf für die Betriebsratsarbeit erforderliche Schulungen, deren Kosten der Arbeitgeber zu tragen hat. Davon können Übernachtungs- und Verpflegungskosten für ein auswärtiges...
Studie beleuchtet Auswirkungen der Corona-Pandemie auf digitale Events weltweit
Webinare und Videokonferenzen nehmen stark zu, aber die Verweildauer der einzelnen Benutzer sinkt   Videokonferenz, Online-Meeting oder Webinar: Corona-bedingt hat sich vieles ins Digitale verlagert. Was das konkret bedeutet, hat jetzt...
Die Bezeichnung »Webinar« ist markenrechtlich geschützt – drohen nun Abmahnungen?
Seit kurzem wird die Branche der Bildungsanbieter durch die Nachricht aufgeschreckt, die Verwendung des Begriffs »Webinar« sei geschützt und könne ggfs. zu Abmahnungen führen. So verwiesen etwa die Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz und zuvor...

 

 

.